Masern in Deutschland

Regionale Ausbrüche durch importierte Erreger

Auch wenn die Häufigkeit der Masern in Deutschland durch die Impfung deutlich zurückgegangen ist, kommt es immer wieder zu zeitlich begrenzten regionalen Ausbrüchen. Oft sind von Migranten importierte Erreger die Auslöser. Dabei zeigt sich ein stetiger Anstieg der Erkrankungsrate bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, deren Anteil bei über 50 Prozent liegt, häufig mit einem schweren Krankheitsverlauf.

Masern sind weltweit verbreitet. Am häufigsten treten sie in den Entwicklungsländern Asiens und Afrikas auf. Verursacht werden sie durch ein humanpathogenes RNA-Virus. Das Masernvirus ist sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen wie erhöhten Temperaturen, Licht, UV-Strahlen, fettlösenden Substanzen und Desinfektionsmitteln. Die Genotypisierung ist nur relevant für epidemiologische Analysen, das heißt für die Erkennung von Transmissionswegen und Infektionsquellen.

Trotz einer Impfung, die seit über 40 Jahren zur Verfügung steht, kommt es auch in Deutschland immer wieder zu regionalen Ausbrüchen, die in Einzelfällen sogar zum Tod führen können. Oft sind von Migranten importierte Erreger der Auslöser. Bei über 50 Prozent der Betroffenen handelt es sich um Jugendliche und junge Erwachsene, bei denen der Krankheitsverlauf meist schwerer ist, so dass eine stationäre Behandlung erforderlich ist.

Extrem hohe Ansteckungsgefahr

Die einzige Infektionsquelle ist der infizierte, akut erkrankte Mensch. Masern gehören zu den ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Die Infektion erfolgt über Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen übertragen werden. Vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums vergehen acht bis zehn Tage, bis zum Ausbruch des Exanthems 14 Tage. Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits drei bis fünf Tage vor Auftreten des Exanthems und hält bis vier Tage nach Auftreten des Exanthems an. Eine Masernerkrankung hinterlässt immer eine lebenslange Immunität.

Die Erkrankung verläuft zweiphasisch. Sie beginnt mit einem katarrhalischen Stadium mit Fieber, Konjunktivitis, Schnupfen, Husten und einem Enanthem an der Mundschleimhaut. Diese kalkspritzerartigen weißen bis blau-weißen Flecken, auch Koplik-Flecken genannt, sind pathognomonisch für Masern. Am dritten bis siebten Tag entsteht dann das charakteristische makulopapulöse Exanthem in Form von bräunlich-rosafarbenen konfluierenden Hautflecken. Es beginnt im Gesicht, typischerweise hinter den Ohren und bleibt vier bis sieben Tage bestehen. Beim Abklingen erscheint eine Kleie-artige Schuppung. Nach einer Woche beginnt dann die Entfieberung.

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Seltene, aber massive Komplikationen

Die Masernerkrankung führt in der Regel zu einer vorübergehenden, etwa sechs Wochen anhaltenden Immunschwäche, die eine erhöhte Empfänglichkeit für bakterielle Superinfektionen bedingt. So kann es zu einer Masern-assoziierten Otitis media, einer Bronchitis, einer Pneumonie und einer Gastroenteritis kommen. Am gefürchtetsten ist die akute postinfektiöse Enzephalitis, die bei 0,1 Prozent der Fälle auftritt. Typischerweise klagt der Patient vier bis sieben Tage nach Auftreten des Exanthems erneut über starke Kopfschmerzen mit Fieber. Dann treten Bewusstseinsstörungen bis hin zu einem Koma auf. Bei der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) handelt es sich um eine sehr seltene Spätkomplikation, die sich erst sechs bis acht Jahre nach der Infektion manifestiert. In der Literatur werden vier bis elf SSPE- Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen angegeben.

Bei Kindern unter fünf Jahren ist das Risiko mit 20 bis 60 SSPE-Fällen pro 100.000 Masernerkrankungen häufiger. Die Erkrankung beginnt mit psychischen und intellektuellen Veränderungen. Der Verlauf ist progredient und führt allmählich zu einem Verlust aller zerebralen Funktionen. Die Prognose ist infaust.

In Einzelfällen gibt es auch abgeschwächte Krankheitsverläufe, man spricht von mitigierten Masern, zum Beispiel, wenn die Impfimmunität noch nicht vollständig ausgebildet ist oder ein Neugeborenes über mütterliche Antikörper verfügt. Umgekehrt verlaufen die Masern schwerer mit Organkomplikationen, wenn eine Immunsuppression oder ein zellulärer Immundefekt vorliegt. Insgesamt liegt die Letalität der Masern zwischen 0,05 Prozent und 0,1 Prozent.

###more### ###title### Sichere Diagnose durch Nachweis von Antikörpern ###title### ###more###

Sichere Diagnose durch Nachweis von Antikörpern

Masern können mit anderen Erkrankungen nämlich Röteln, Ringelröteln oder Scharlach verwechselt werden. Auch Arzneimittelexantheme können ähnlich aussehen. Deshalb sollte die Diagnose mithilfe der Bestimmung der Antikörper bestätigt werden. Der Nachweis der virusspezifischen IgM-Antikörper im Serum als Marker einer akuten Erkrankung ist der schnellste und sicherste Weg, um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder auch auszuschließen.

Der Nachweis dieser Antikörper gelingt in 70 Prozent der Fälle bereits zum Zeitpunkt des Auftretens des Exanthems. Die IgM- Antikörper sind meist bis zu sechs Wochen nachweisbar. Der Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern beweist dagegen eine länger zurückliegende, also früher durchgemachte Maserninfektion und somit das Vorliegen einer Immunität. Der direkte Nachweis des Virus gelingt mit der PCR, was aber in der Regel nicht erforderlich ist.

Lebenslange Immunität durch Schutzimpfung

Die wirksamste präventive Maßnahme ist die Schutzimpfung. Dabei handelt es sich um einen Lebendimpfstoff aus abgeschwächten Masernviren, die in Hühnerembryozellen gezüchtet werden. Die Impfung erzeugt eine humorale und zellulär vermittelte Immunität, die nach einer zweimaligen Impfung bei 92 Prozent bis 99 Prozent der Geimpften lebenslang anhält.

In der Regel wird die Masernimpfung zusammen mit der Mumps-, Röteln- und Varizellenimpfung, also mit Kombinationsimpfstoffen durchgeführt. Nach den Empfehlungen der STIKO sollte die Erstimpfung im Alter zwischen elf und 14 Monaten erfolgen. Die empfohlene Zweitimpfung, die keine Auffrischimpfung darstellt, sollte im Alter von 15 bis 23 Monaten erfolgen.

Eine einmalige MMR-Standardimpfung für Erwachsene wird für alle nach 1970 Geborenen, ungeimpften oder in der Kindheit nur einmal geimpften Personen oder solchen mit unklarem Impfstatus propagiert. Diese Personengruppen sollten auch immer innerhalb von drei Tagen nach Kontakt mit einem Erkrankten geimpft werden. Bei etwa zehn Prozent der Geimpften kommt es meist in der zweiten Woche nach der ersten Impfung zu den sogenannten Impfmasern mit Fieber, flüchtigem Exanthem und respiratorischen Symptomen. Die Symptome sind selbstlimitierend und es besteht keine Ansteckungsgefahr.

Dr. med. Peter StiefelhagenChefarzt der Internistischen AbteilungDRK-Krankenhaus57627 Hachenburgpdrstiefel@aol.com

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