Sprachprüfungen für ausländische Zahnärzte

„Ich verstehe Sie nicht, Herr Doktor“

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Zahnärzte, die in Deutschland arbeiten wollen, müssen sich einem Fachsprachentest und einer Gleichwertigkeitsprüfung unterziehen. Erst wer beides besteht, darf behandeln. Doch deutsche Sprache, schwere Sprache – die Sprachtests machen vielen Kandidaten zu schaffen. Wir haben Stichproben im Land genommen.

Beginnen wir oben an der Küste: „Die Fachsprachenprüfungen sind ein bedeutender, mindestens gleichwertiger Teil zu dem fachlichen Teil (Gleichwertigkeits- beziehungsweise Defizitprüfungen) und entscheidend für den Patientenschutz! Ohne deutsche Sprachkenntnisse nach dem C1-Level, der aus guten Gründen deutlich über den B2-Level hinausgeht, kann eine ärztliche/zahnärztliche Tätigkeit der ausländischen Kollegen in Deutschland nicht verantwortet werden“, konstatiert Andreas Wegener, Vizepräsident der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern. Genutzt wird das Prüfungs- und Bewertungskonzept der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, das unter der Regie und in Zusammenarbeit mit dem Fremdspracheninstitut Rostock entwickelt wurde und Wegener zufolge hohe wissenschaftliche Anforderungen erfüllt.

Zentral ist die Übersetzung ins Patientendeutsch

Im Unterschied zur Ärztekammer, die 2015 im August bereits über 200 Sprachprüfungen abgewickelt hatte – mit einer Durchfallquote von 50 Prozent –, führte die Zahnärztekammer bisher drei Prüfungen durch.

Ergebnis: Ein Kandidat ist durchgefallen, eine Kandidatin auch, darf aber unter Aufsicht arbeiten ... und eine Kandidatin hat bestanden. Wegener: „Inhalt dieser Sprachtests ist nicht das Fachvokabular, sondern eben die ’Übersetzung’ in patientenverständliches Deutsch. Die Prüfung gliedert sich in drei Teile (Kasten). Der Simulationspatient im Rahmen der zu erhebenden Anamnese wird durch die Zahnärztekammer gestellt.

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Dubiose Hilfe gegen Geld

„Die größten Schwierigkeiten gibt es in der Abfassung des Arztbriefes, obwohl wir dazu allen Kandidaten weit im Voraus diese Informationen zukommen lassen!“, bemerkt der Vizepräsident. „Die Fachsprachentests gelten auch für EU-Ausländer, deren Approbation ’automatisch’ anerkannt wird“, ergänzt Wegener. Die Entscheidung über die Notwendigkeit eines Fachsprachentests treffe das jeweilige Landesprüfungsamt.

Nicht jedes unterstützende Angebot ist seriös: „Meiner Meinung nach gibt es in Deutschland Firmen, die ihren ’Kunden’ merkwürdige Versprechen machen.“ Er verweist auf die Seite www.worldofdoc.ru. Die dahinter stehende Gesellschaft gibt an, Mediziner zu vertreten, die in Deutschland arbeiten wollen. Wegener weiß von einem Fall, wo einem Kandidaten von den Betreibern der Seite zugesichert wurde, dass er innerhalb von drei Monaten zu einer Praxisübernahme in Deutschland geführt wird.

Der Blick schweift weiter nach Westen: In Westfalen-Lippe besteht derzeit eine Durchfallquote von weit über 50 Prozent. Die Kandidaten, überwiegend aus Syrien und Libyen, aber auch vermehrt aus Rumänien und Serbien, haben besondere Probleme mit dem schriftlichen Teil der Prüfung. „Aber auch bei der Arzt-Patienten-Kommunikation kommt es sehr oft zu Verständnisschwierigkeiten, sei es sprachlich oder kulturell“, sagt Ingrid Hartmann, Ansprechpartnerin für Fachsprachenprüfungen bei der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe.

Besser sieht es in Südwestdeutschland aus: Bei den bisher durchgeführten 23 Sprachprüfungen in Baden-Württemberg haben nur zwei Kandidaten nicht bestanden. „Momentan kommen die meisten Bewerber aus Rumänien, aus Syrien und aus Griechenland; aber auch aus Serbien, Kroatien, der Ukraine und anderen Ländern“, heißt es von dort. Schwierig stufen die Prüfer im „Ländle“ die schriftliche Dokumentation wie auch die fachliche Terminologie ein.

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Dem Praxisalltag angepasst

Fährt man auf der Landkarte mit dem Finger wieder gen Norden, gibt es in Nordrhein eine Besonderheit: Hier kann die Fachsprachprüfung (derzeit noch) ohne Beschränkung wiederholt werden. „Im Kammerbereich Nordrhein fanden im Jahr 2015 insgesamt 68 Einzelprüfungen statt. Pro Prüfungstag werden in der Regel sieben Kandidaten geladen. Die Durchfallquote lag bei ungefähr 30 Prozent“, berichtet die Juristin Katharina Beckmann von der Ressortleitung Berufsausübung. Hier kommen die Kandidaten vorwiegend aus dem arabischen Raum sowie aus osteuropäischen Ländern.

Beckmann schildert uns den Inhalt des Zahnarzt-Patienten-Gesprächs, dem ersten Teil der Prüfung: „Die Prüfsituation ist dem Praxisalltag angepasst. Alle erforderlichen Unterlagen liegen ebenfalls bereit. Dem Kandidaten werden ein Röntgenbild und ein seitens des ’Patienten’ (Statist) vorausgefüllter Patientenbogen übergeben. Die Anamneseerhebung geschieht genauso, wie dies im zahnärztlichen Praxisalltag allgemein üblich ist.

Eine körperliche Untersuchung findet selbstverständlich nicht statt. Nachdem sich der Prüfling ein Bild von dem ’Patienten’ gemacht hat, erläutert er seine Verdachtsdiagnose und unterbreitet ihm Vorschläge zur weiteren Behandlung und zum Therapieverlauf. Dem Patienten sollen alle als zahnmedizinisch sinnvoll erachteten Maßnahmen erklärt werden. Auf Rückfragen muss der Kandidaten entsprechend reagieren.

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Der Patient soll den Arzt verstehen

Dabei ist es insgesamt wichtig, dass der Patient mit seinem laienhaften zahnmedizinischen Fachverständnis den Kandidaten inhaltlich sicher und gut verstehen kann“, schildert Beckmann. Entscheidend für den Erfolg sei aus ihrer Sicht das jeweilige Fachsprachenniveau des einzelnen Kandidaten. Und: „Die Gewichtung der einzelnen Prüfungsabschnitte wurde bewusst gewählt, um feststellen zu können, ob der jeweilige Kandidat in der Lage ist, den Beruf des Zahnarztes in Deutschland ohne das Auftreten von fachsprachlichen Mängeln und dadurch bedingten Missverständnissen ausüben zu können.“

In Bayern ist grundsätzlich die Approbationsbehörde für die Durchführung der Sprachführung zuständig: „Bis dato gibt es keine eigene Sprachprüfung. Ein Sprachtest über die Kenntnisse der Fachsprache auf der Grundlage des betreffenden Eckpunktepapiers der Gesundheitsministerkonferenz befindet sich in Planung“, erzählt RA Susanne Ottmann-Kolbe, Leiterin Fachbereich „Weiterbildung, GOZ, Gutachterwesen“ bei der Bayerischen Landeszahnärztekammer.

In der Bundeshauptstadt Berlin ist Elke Kempin Ansprechpartnerin für die Sprachtests der zahnärztlichen Kandidaten. Auf die Frage, ob die Tests möglicherweise modifiziert werden, antwortete sie: „Nein, ausschließlich aus Patientenschutzgründen wurde diese Sprachprüfung entwickelt und eingeführt.“

Viele Kandidaten arbeiten bereits in deutschen Zahnarztpraxen. Sie übernehmen an sie delegierte Tätigkeiten, bis sie eines Tages die schwere Doppelhürde aus Sprach- und Fachprüfung gemeistert haben.

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