Qualitätsmanagement

Super! Eine Beschwerde!

Sind Sie kritikfähig? Beschwerden können unangenehm sein. Gleichzeitig sind sie immer auch eine kostenfreie Beratung durch den Patienten, wie man die Praxis noch besser machen kann. Was Praxisberater zum richtigen Umgang mit Beschwerden und zur Etablierung eines professionellen Beschwerdemanagements empfehlen.

Abgesehen davon, dass die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement ein Beschwerdemanagement für Zahnarztpraxen verbindlich vorsehen – Beschwerden liefern wertvolle Hinweise auf Schwachstellen im Praxisablauf. „Patientenbeschwerden sind wichtige Impulse für die kontinuierliche Verbesserung von Praxisprozessen“, bestätigt Ute C. Amting, Trainerin und (Zahn-)Ärzteberaterin in Berlin.

Versteckter Unmut führt zum Praxiswechsel

Möglichkeiten für eine Beschwerde gibt es im komplexen Arbeitsablauf von Zahnarztpraxen viele. Die Bandbreite geht hierbei vom mangelnden Papier auf den Toiletten über fehlende Parkplätze und den „Klassiker“ Wartezeiten bis hin zu fachlichen Reklamationen wegen Schwierigkeiten, die nach einer zahnärztlichen Behandlung auftauchen. Doch um sich zu beschweren, müssen viele Patienten zunächst einmal über ihren Schatten springen. Machen Sie sich als Praxisinhaber bewusst, dass viele Patienten, die mit Praxisabläufen oder Behandlungsergebnissen unzufrieden sind, sich nicht trauen, ihren Unmut vor Ort und Stelle zu äußern.

Stattdessen wählen sie ein Vorgehen, das nicht im Interesse der Praxis sein kann: Sie machen ihrem Ärger in Arztbewertungsportalen im Internet Luft, wodurch das Image und der Ruf der Praxis geschädigt werden können. Manche stimmen auch mit den Füßen ab – und wechseln kurzerhand die Praxis, die Versorgungssituation – vor allem in Ballungsgebieten – erlaubt es ja.

Andere Patienten wiederum, „trauen sich nur, ihre Beschwerde lautstark gegenüber den – oft jungen – Mitarbeiterinnen zu äußern“, weiß die Praxisberaterin Christa Maurer aus Lindau am Bodensee. Wenn der Zahnarzt und Praxisinhaber dann selbst beim Patienten nachhakt, würden diese oft beschwichtigend abwinken nach dem Motto „Alles halb so schlimm“.

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Patienten, die sich beschweren, sind treu

Untersuchungen zu Reklamationen bei Wirtschaftsunternehmen zeigen indes immer wieder, dass durch ein Bearbeiten der Beschwerden, also wenn diesen nachgegangen wurde und man sich gekümmert hat, das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen werden kann. Dies lässt sich selbstverständlich auf Zahnarztpraxen übertragen: Indem man Beschwerden nachgeht, können nicht nur die Loyalität und das Vertrauen von Patienten zurückgewonnen werden, sondern es kann sich langfristig sogar noch intensivieren.

„Patienten die sich beschweren, möchten mit der Praxis in Kontakt bleiben“, sagt Maurer. „Sie geben ihr eine zweite Chance.“ Diese sollte man unbedingt nutzen, denn bei Patienten, die sich nicht äußern und einfach nicht mehr kommen, weiß man noch nicht einmal, was falsch gelaufen ist.

Geht man aber einer Beschwerde nach und räumt sie aus dem Weg, ist dies daher nicht nur ein Gewinn für den verbesserten Workflow innerhalb der Praxis, sondern auch ein erstklassiges Patientenbindungsinstrument. „Der angemessene Umgang mit einer Beschwerde ist die wohl größte Chance, um aus einem Patienten einen begeisterten Praxiskunden zu machen“, sagt Daniel Izquierdo Hänni, Unternehmensberater und Marketingexperte.

Indem man als Mitglied des Praxisteams auf Unmutsäußerungen von Patienten nicht sachgerecht, patientenorientiert und professionell reagiert, verbaut man sich die Chance, die Praxis von Schwachstellen zu befreien. „Oft bleiben dann Patienten der Praxis fern, weil sie eine Beschwerde vorzutragen hätten, sich aber nicht trauen, weil man sie mit ihrer Beschwerde nicht ernst nimmt oder – schlimmer noch – zum Gegenangriff startet“, so Praxisberaterin Maurer. Daher bedarf es in den Arztpraxen vor allem einer positiven Grundhaltung Beschwerden gegenüber, eine „Beschwerdekultur“, um zu sehen, welches gewinnbringende Potenzial in Beanstandungen verborgen sei.

Ein Instrument, um Patientenmeinungen zu eruieren, sind regelmäßige Umfragen – darauf verweist etwa die Praxistrainerin und Diplom-Betriebswirtin Christine Rieder aus Starnberg. Derartige Befragungen können frühzeitig gezielte Ansatzpunkte zur Verhinderung aufkommender Unzufriedenheiten von Patienten liefern, die sich bis zu einer Beschwerde steigern können. Mit detaillierten Fragen kann man so den Patientenblick auf die Praxisabläufe ermitteln. Abgefragt werden können beispielsweise Aspekte zum Praxisteam (Organisation, Freundlichkeit), zur Behandlung (Anamnese, Aufklärung, Durchführung), zur Praxisgestaltung (Wohlfühlfaktor, Farben, Ambiente) oder zum Stichwort Service (Anfahrt, Parkplätze). Aber Achtung: Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist es notwendig, sich vom Patienten bestätigen zu lassen, dass er diesbezüglich angeschrieben werden darf und möchte.

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Richtiger Umgang mit Beschwerden – so geht’s

Wie der professionelle Umgang mit Beschwerden in der einzelnen Praxis eingeübt und angewendet werden kann, ist zwar individuell zu entscheiden. Experten jedenfalls empfehlen übereinstimmend ein systematisches Vorgehen, das sich in vier Phasen aufteilen lässt: Beschwerdestimulation, Beschwerdeannahme, Beschwerdebearbeitung und Beschwerdeauswertung.

  • Die Beschwerdestimulation

In der ersten Phase sollen die Patienten überhaupt erst einmal motiviert werden, Beschwerden zu äußern. Beraterin Amting: „Werden Patienten über einen Hinweis in der Praxis aktiv zur Bekundung von Missständen aufgefordert, fühlen sie sich ernst genommen und liefern wichtige Informationen zu Verbesserungen, von denen auch andere Patienten und der gesamte Praxisbetrieb profitieren.“

Für die Diplom-Kauffrau können folgende Kommunikationswege genutzt werden: „Fragen Sie den Patienten nach der Behandlung, ob alles zu seiner Zufriedenheit verlaufen ist. Legen Sie Feedback-Kärtchen an der Rezeption aus oder fügen Sie diese der Rechnung bei. Richten Sie einen Feedback-Kasten in der Praxis ein. Verweisen Sie auf Ihrer Webseite darauf, dass Feedback erwünscht ist oder richten Sie auf der Webseite eine Kontaktadresse ein.“ Weitere Möglichkeiten bieten Aushänge, Flyer oder das Wartezimmer-TV als Hinweis für die Patienten. Tipp: Wer einen „Beschwerdekasten“ oder „Kummerkasten“ anbieten möchte, sollte ihn umtaufen und stattdessen die Patienten fragen „Was können wir verbessern?“

  • Die Beschwerdeannahme

Hierzu muss vom Praxisinhaber vorab geklärt werden, wer in der Praxis für Beschwerden zuständig ist und was die Praxisleitung von der Praxismitarbeiterin in der konkreten Situation erwartet. Amting: „Delegieren Sie die direkte Annahme von Beschwerden an Mitarbeiter mit besonders hoher sozialer Kompetenz. Trainieren Sie mit Ihren Mitarbeitern schwierige Gesprächssituationen in regelmäßigen Schulungen. Definieren Sie einen klaren Ablauf für die Beschwerdebehandlung und stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter diesen kennen.“

Um in der Praxis die Beschwerdeannahme professionell zu gestalten, empfehlen Fachleute außerdem, diese unbedingt schriftlich aufzunehmen und zu dokumentieren. Sichergestellt sein muss, dass alle maßgeblichen Informationen beispielsweise durch ein Formular, einen Beschwerdebogen oder eine Checkliste, die abgefragt wird, niedergelegt sind. Vorteil: Das Dokument kann für die weitere Bearbeitung benutzt werden.

  • Beschwerdebearbeitung

Hier ist festzulegen, wer wann bei welcher Art von Beschwerde Ansprechpartner in der Praxis ist. Regeln Sie die Entscheidungskompetenzen und den Zeitrahmen für Beschwerden, ermitteln Sie die Ursachen der Beschwerden und suchen Sie Lösungen im Sinne des Patienten.

Für die weitere Beschwerdebearbeitung können Sie als Praxisinhaber etwa festlegen, dass der Mitarbeiter, dem die Beschwerde zuerst vorgetragen wird, für die weitere Bearbeitung zuständig ist. Kann dieser die Beschwerde nicht direkt weiterverfolgen, muss er diese an den/die Verantwortliche/n weiterleiten. Das können einzelne Teammitglieder sein, in dessen Aufgabenbereich die Beschwerde fällt, oder Sie als Praxisinhaber.

  • Beschwerdeauswertung

Im letzten Schritt sind die geäußerten Beschwerden im Team zu besprechen, sagt Amting. „Schenken Sie dem Patienten bei seinem nächsten Besuch besondere Aufmerksamkeit. Fragen Sie ihn nach seiner Zufriedenheit. Geben Sie dem Patienten einen Zwischenstand zur Lösungsfindung, falls eine Lösung nicht unmittelbar angeboten werden konnte. Lassen Sie ihn wissen, wie wichtig Ihnen sein Feedback ist und wie sehr Sie sich über seine Offenheit freuen.“ Ziel der Auswertung von Beschwerden sollte sein, das dahinter liegende Problem nachhaltig zu lösen, betonen die Experten. Nur so lassen sich Schwachstellen im Workflow der Praxis beseitigen.

###more### ###title### Erst die Systematik macht die Professionalität ###title### ###more###

Erst die Systematik macht die Professionalität

Doch erst wenn Beschwerden systematisch erfasst, bearbeitet und ausgewertet werden, spricht man von „Management“. Daher ist es von großer Bedeutung, dass sowohl die Beschwerden wie die auch Lösungen schriftlich fixiert und dokumentiert werden. Christa Maurer empfiehlt, eine fortlaufende Statistik zu führen, die die Gründe und die Häufigkeit von Reklamationen erfasst.

Wichtig sei zudem, die Reklamationsfälle regelmäßig im Team auszuwerten, um konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Praxisservices daraus abzuleiten. Dies könne etwa die Optimierung der Wartezeiten betreffen: Durch die konsequente Einhaltung von Bestellzeiten und geplanten Behandlungsmaßnahmen könne man dem Patienten ersparen, länger auf seine Behandlung warten zu müssen.

Übrigens: Ein Beschwerdemanagement einzurichten, hängt nicht von der Größe einer Praxis ab. „Das Einrichten und Erhalten eines Beschwerdemanagements hängt nur mit der Einstellung der Praxisführung zusammen“, sagt Stephanie Weitz, Praxismanagerin in Bürstadt (Hessen). Für ihren Mann installierte sie in dessen Zahnarztpraxis ein derartiges Managementsystem – zum Wohle von Patienten, Behandler- und Mitarbeiterteam, ist sie sich sicher.

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