Lachgassedierung

Die Therapie angenehmer machen

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Mohammad Alkilzy
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Julian Schmoeckel
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Christian Splieth
Bei Angstpatienten ist der Zahnarzt mitunter gefordert, besondere sedierende Techniken anzuwenden, um die Situation für beide Seiten angenehmer zu gestalten und den Menschen auf seinem Stuhl behandlungsfähig zu machen. Dieser Beitrag zeigt auf, bei welchen Indikationen Lachgas ein ergänzender Baustein im Rahmen der Behandlung sein kann, wie Sie die Patienten führen müssen und wie die Sedierung abläuft.

Die zahnärztliche Behandlung von nicht kooperativen Kindern und ängstlichen Patienten ist anspruchsvoll. Nicht weniger als zehn bis 30 Prozent der Kinder und Erwachsenen haben eine Form von Angst vor Zahnbehandlungen [CED, 2012]. Psychologische Verhaltensformungstechniken, wie etwa verbale und non-verbale Kommunikation, positive Verstärkung, Ablenkung oder Hypnose, sind während der zahnärztlichen Behandlung allein nicht immer ausreichend [Baygin et al., 2010]. Mithilfe der Sedierung gelingt es häufig, die Angst bei den Patienten zu reduzieren und so günstigere Behandlungsbedingungen zu schaffen.

Dies kann auch helfen, eine langfristige positive Einstellung zu notwendigen zahnärztlichen Behandlungen zu entwickeln. Die Behandlung in Sedierung ist ausgesprochen attraktiv, da diese unter Umständen eine Alternative zur Narkose darstellt. 91 Prozent der Patienten berichten über Zufriedenheit mit der Lachgassedierung und wünschen die nachfolgenden Behandlungen in gleicher Weise [Hennequin et al., 2012]. Obwohl die Kosten und die Risiken für die N2O-Sedierung im Vergleich zur Vollnarkose niedriger sind, wird die Lachgassedierung aufgrund ihrer besonderen Indikationen und Grenzen nicht für alle Patientenfälle als Alternative empfohlen [Daher et al., 2012].

Patientenauswahl

Die Lachgassedierung ist eine sichere Technik und kann bei ASA-I- oder -II-Patienten ab etwa vier Jahren verwendet werden. Bei kleinen Kindern unter vier Jahren wird die Behandlung mit Lachgas nicht empfohlen, da aufgrund des Alters die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit eingeschränkt ist und die Anweisungen an das Kind nur schwierig zu übermitteln sind. Die Lachgassedierung kann bei Kindern und Jugendlichen neben den üblichen Zahnbehandlungen auch gut für kleine chirurgische Eingriffe, beispielsweise Lippenbändcheninzisionen oder die Freilegung beziehungsweise auch die Entfernung von impaktierten Zähnen, eingesetzt werden (Abbildung 1).

Auch bei erwachsenen Patienten bietet sich die Lachgassedierung für eine angenehme zahnärztliche Behandlung an. Hier profitieren ängstliche Patienten, Patienten mit Zahnarztphobie, Patienten mit starkem Würgereiz oder ungeduldige Patienten vor allem bei chirurgischen Behandlungen am Zahnarztstuhl wie etwa bei Weisheitszahnextraktionen oder bei zeitaufwendigen Behandlungen wie Wurzelkanalbehandlungen oder Kronenpräparationen.

Lachgas beeinflusst die Stoffwechselwege kaum und wird fast vollständig unverändert über die Lungen ausgeschieden. Daher ist es auch bei Patienten anwendbar, die Nieren- oder Lebererkrankungen haben, denn nur weniger als 0,004 Prozent des Gases werden tatsächlich im Körper metabolisiert [Alai et al., 2012].

Vorsicht ist jedoch bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, schwerem Asthma, psychischen Störungen oder Schwangerschaft geboten. Aufgrund der potenziellen Ansammlung des Lachgases in luftgefüllten Hohlräumen und der folgenden schmerzhaften Ausdehnung sollte Lachgas bei Patienten mit Mittelohrentzündung, Atemwegsinfekten oder Darmverschluss nicht verwendet werden (Tabelle zu Indikationen und Kontraindikationen).

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Komplikationen und Risiken

Bislang wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse bei der Lachgassedierung in der Zahnheilkunde registriert. Eine klinisch signifikante respiratorische Wirkung von N2O auf die Atemfunktionen ist die Dosis-abhängige Depression der Atemreaktion auf Hypoxie [Joseph et al., 2013], die jedoch durch die sofortige Gabe von reinem Sauerstoff behoben werden kann. Bei chronischer Exposition kann Vitamin B12 inaktiviert werden, was langfristig zu Anämien führen oder neurotoxisch sein kann. Über diesen Effekt kann es in der Schwangerschaft teratogene und fetal-toxische Effekte verursachen [Sethi et al., 2006].

Überdosierung kann zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Unruhe, Schwindel, Übelkeit, Schweißbildung, Kopfschmerzen oder Erbrechen führen. Übelkeit kann durch die Vermeidung übermäßiger Mahlzeiten direkt vor der Sedierung vermieden werden.

Eine berufsbedingte Exposition durch Lachgas kann gut gesteuert und minimiert werden. Maßnahmen dafür sind zum Beispiel wirksame Lüftungs- und Absaugungssysteme, gute Arbeitspraktiken wie eine geeignete Auswahl der Maskengröße und die individuelle Anpassung der Maske auf die Nase sowie minimales Reden und Atmen durch den Mund während der Sedierung [Rademark et al., 2009].

###more### ###title### Patientenführung ###title### ###more###

Patientenführung

Nach einer ausführlichen medizinischen, zahnärztlichen und sozialen Anamnese ist sicherzustellen, dass der Patient in die ASA-I- oder in die ASA-II-Kategorie fällt und keine für die Sedierung relevanten Grunderkrankungen vorliegen. Weiterhin sind eine ausreichende Mitarbeit für ein Platzieren des Patienten auf dem Behandlungsstuhl, das Atmen durch die Nasenmaske und eine emotionale Reife für die Verhaltensführung sicherzustellen. Patienten-/Elternaufklärung und Einwilligung sind zwingend durchzuführen. Diese Aufklärung sollte ausreichende schriftliche Informationen über Lachgas und seine Wirkung, Indikationen, Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Risiken und gegebenenfalls die Kosten enthalten. Neben der medizinischen Anamnese ist eine zusätzliche tagesaktuelle spezielle Lachgas-Anamnese mittels spezifischer Fragen notwendig (siehe Kasten).

Eine Dokumentation von Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, der Länge des Eingriffs, maximaler Dosierung und der Dauer der Behandlung in der Patientenakte ist empfehlenswert [AAPD, 2013]. Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass bei den meisten Patienten eine 30- bis 40-prozentige Lachgaskonzentration zur Erreichung der optimalen Sedierungstiefe ausreicht [Malamed, 2003].

Ratsam ist, vor der Sedierung die Kinder und die Erwachsenen über die üblichen zu erwartenden Erlebnisse – auf positive Weise – aufzuklären, da manche Patienten aufgrund negativer Erlebnisse, etwa Kontrollverlust beim Zahnarzt, Angst entwickeln oder sich unsicher fühlen. Zudem sollte eine Überwachung der Sauerstoffsättigung im Blut (zum Beispiel Pulsoxymeter) erfolgen. Nüchternheit ist hier im Gegensatz zur Behandlung unter Vollnarkose nicht erforderlich.

Die Auswahl einer gut passenden Nasenmaske ist sehr wichtig für den Erfolg der Sedierung. Die Applikation von Kofferdam, wenn indiziert und möglich, verringert die Mundatmung, die Raumbelastung durch Lachgas kann somit minimiert werden (Abbildung 2).

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Klinische Prozedur

Zu Beginn der Sedierung soll zunächst reiner Sauerstoff (100 Prozent) über die Nasenmaske eingeatmet werden. Dann kann die Lachgaskonzentration schrittweise bis auf 30 bis 50 Prozent hochtitriert werden, um die erwünschte Sedierungstiefe zu erreichen. Der sedierte Patient fühlt sich ruhig, euphorisch mit seelischer und körperlicher Entspannung, Husten- oder vor allem Würgereiz verschwinden meist fast völlig. Die verbale und die nonverbale Kommunikation sollen erhalten bleiben, dies wird anhand der Fähigkeit der Patienten beurteilt, auf Anweisungen zu reagieren.

Am Ende der Behandlung und vor dem Entfernen der Nasenmaske sollte noch für drei bis fünf Minuten reiner Sauerstoff verabreicht werden [Abdullah et al., 2011]. Bei ersten Anzeichen einer Überdosierung, etwa Stirnfalten, zunehmende Unruhe, kalter Schweiß oder wenn der Patient auf Anweisungen nicht reagiert, sollte das N2O sofort durch Sauerstoff substituiert werden [AAPD, 2013].

Fazit

Bilanzierend bleibt zu sagen, dass die Sedierung mit Lachgas kein Allheilmittel ist. Sie ersetzt nicht die Techniken der Verhaltensformung und auch nicht die Narkose. Die Lachgassedierung ist jedoch in Kombination mit verhaltensformenden Techniken und hypnotischer Kommunikation besonders Erfolg versprechend.

OA Dr. Mohammad Alkilzy

Dr. Fadi Alhaddad Alhamoui

Dr. Moutaz Takriti

Dr. Julian Schmoeckel

Prof. Dr. Christian Splieth

Abteilung für Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde, Universität Greifswald

Walther-Rathenau-Str. 42

17475 Greifswald

alkilzym@uni-greifswald.de

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