Digitalisierung in der Medizin

Geistig fit mit Tapps

Die Gesundheitsversorgung der Zukunft wird telemedizinisch unterstützt sein. Davon kann man ausgehen – welche Trends sich durchsetzen werden, ist aber noch offen. Vier Projekte, die auf der 11. Telematik-Konferenz am 24. Februar in Potsdam vorgestellt wurden, zeigen, wohin die Reise gehen könnte.

Das Beispiel „ReMove-IT“

Mit etwa 390.000 Eingriffen jährlich ist der Einsatz von künstlichen Hüft- und Kniegelenken eine der häufigsten Operationen in Deutschland. Um die Versorgung nach solchen Operationen zu verbessern, wurde die telemedizinisch assistierte Bewegungstherapie „ReMove-IT“ entwickelt, auf der Tagung vorgestellt von Prof. Dr. med. Heinz Völler von der Universität Potsdam. Denn gerade nach Hüft- und Knieoperationen sei körperliches Training von großer Bedeutung, um die Bewegungsfähigkeit wieder zu steigern.

Hier setzt „ReMove-IT“ an: Ziel ist die Unterstützung bei der Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit mittels Tele-Physiotherapie. Im Einzelnen geht es um 43 evidenzbasierte Übungen für Patienten nach Hüft- oder Knieoperationen. Auf einem Monitor wird das Training mit den Übungen gezeigt – die der Patient anschließend nachmachen soll. Die Soll-Bewegung wird dabei auf dem Bildschirm von einem Modell (vorbildlich) ausgeführt, der Patient wird beim Training per Videokamera aufgezeichnet. So erfolgt ein Abgleich zwischen der vorbildhaften Ausführung der Übung und dem Nachmachen durch den Patienten. Bei Abweichungen wird der Patient auf Fehler aufmerksam gemacht.

Für das Projekt arbeiten die Lehrstühle für Rehabilitationswissenschaften beziehungsweise für Sportmedizin und Sportorthopädie und das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme in Potsdam sowie die drei Rehabilitationskliniken Median Klinik Hoppegarten, Brandenburg Klinik Bernau und Reha-Zentrum Lübben in einem interdisziplinären Forschungsverbund zusammen. Sie werden unterstützt von der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg. Die Erkenntnisse sollen später auf andere Anwendungsfelder der Orthopädie, etwa den Rumpf und die oberen Extremitäten, übertragen werden.

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Das Beispiel elektronische Visite „elVi“

Seit Sommer 2015 ist das Bündner Land (bei Düsseldorf) in Nordrhein-Westfalen Modellregion für die Verbesserung der medizinischen Versorgung in Pflegeheimen. Erprobt wird die elektronische Arztvisite in Pflegeheimen. Umgesetzt wird das Projekt vom ortsansässigen Ärztenetzwerk MuM – „Medizin und mehr“, in dem mehr als 50 niedergelassene Haus- und Fachärzte zusammengeschlossen sind. Insgesamt 72.000 Menschen in der Region werden von den Medizinern und ihren insgesamt 300 Mitarbeitern betreut, so MuM-Geschäftsführer Jens Gabriel auf der Tagung.

Konkret geht es darum, dass Heimbewohner zusammen mit dem Pflegepersonal und ihrem niedergelassenen Mediziner per Online-Videokonferenz eine Tele-Sprechstunde abhalten. Diese elektronische Arztvisite („elVi“) sei etwa in Fällen sinnvoll, wenn es sich um die Kontrolle von Wundstellen und kleineren Verletzungen, um die Kontrolle des Blutdrucks oder um Fragen zu Medikamenten handelt. Bis zur nächsten persönlichen Visite wird dabei zwischen Pflegepersonal und Arzt das weitere Vorgehen festgelegt. Gabriel betonte, dass diese virtuelle Visite vorrangig „ein die Pflegekraft entlastendes respektive die Ärzte unterstützendes System“ sei, das auf keinen Fall den Arztbesuch ersetzen könne. Eine Befundung sei nicht intendiert – dagegen spreche allein schon das Fernbehandlungsverbot in Deutschland.

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Dennoch sei manchmal eine kurze Absprache zwischen Patient, Pflegepersonal und Arzt sinnvoll, um Schlimmeres zu verhindern. Gerade an Wochenenden oder an Feiertagen könnten so missliebige Notfallsituationen verhindert und möglicherweise unnötige Einweisungen ins Krankenhaus vermieden werden. Bei der Evaluation des Projekts soll untersucht werden, ob sich das System gut in die organisatorischen Abläufe von Pflegeheimen einbinden lässt, die oftmals knapp bemessenen Zeitressourcen von Pflegekräften schont und vor dem Hintergrund eines steigenden Ärzte- und Pflegekräftemangels in ländlichen Regionen einen Mehrwert für die Patientenversorgung darstellt. Initiiert wurde das Modell von den gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

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Das Beispiel „Pflege-Tab“

Wie die neuen Technologien genutzt werden, um weitere innovative Angebote für Menschen mit Demenz anbieten zu können, um so die Versorgung dieser Patientengruppe zu verbessern, präsentierte die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Soziologie der Charité Berlin, Dipl.-Psych. Julie O’Sullivan. Sie ist verantwortlich für eine Pilotstudie, in der es um ein Motivationsprogramm für Demenzkranke in Pflegeheimen geht. Per Tablet sollen die Patienten mit einer App zur Erinnerungsarbeit und geistigen Aktivierung angeregt werden. Spielerisch werde darauf hingearbeitet, bei den demenzkranken Patienten Dinge des täglichen Lebens in Erinnerung zu rufen und die Kommunikation darüber anzuregen. Konkret werde dies etwa durch Quizfragen via Tablet erreicht, etwa „Welche Farbe hat die Petersilie?“. Weiteres Beispiel: eine interaktive Katze – wird sie von den Patienten gestreichelt, schnurrt sie.

Daneben widmet sich das Projekt der grundsätzlichen Fragestellung, wie man Arbeitsprozesse im Alltag von professionell Pflegenden durch den Einsatz von Tablets unterstützen kann. Kommunikationsfunktionen ermöglichen auch die Vernetzung zwischen Pflegenden und Angehörigen. „Die Tablets können genutzt werden, um die psychosoziale Gesundheit von Demenzkranken zu unterstützen und damit ihr Wohlbefinden zu verbessern“, so O’Sullivan. Zudem würden Therapeuten und Pflegepersonal in ihrem Arbeitsalltag durch dieses interaktive Angebot für die Patienten unterstützt. Vielleicht könnten so auch die knappen zeitlichen Ressourcen ein wenig ausgedehnt werden, so O’Sullivan. Im Projekt arbeiten Fachkräfte aus Seniorenheimen und Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin sowie der Charité Berlin zusammen.

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Das Beispiel „Bio-Tracking“

Die Überwachung von Gesundheitsparametern bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Diabetes oder Krebs mit telemedizinischer Unterstützung – auf diese medizinische Versorgungsmöglichkeit verwies auf der Veranstaltung der Vorsitzende der Telemed-Initiative Brandenburg e.V., Jürgen Heese. Beispiele gebe es bereits zuhauf, etwa das digitale Glukose-Messsystem bei zuckerkranken Kindern und Jugendlichen, das auf einem High-Tech-Sensor basiert. Die Funktionsweise des Messsystems: Minderjährige Patienten, die Insulin spritzen, bekommen einen Spezial-Sensor, der am Oberarm angebracht wird. Durch den Sensor entfällt das Fingerstechen zum Messen des Blutzuckers. Stattdessen kann man durch einen Scan des Sensors am Oberarm den Zuckerwert ermitteln. Der Sensor misst fortlaufend die Zuckerkonzentration in der Zwischenzellflüssigkeit der Haut. Als erste Krankenkasse hat die DAK angekündigt, die Kosten für ein derartiges System übernehmen zu wollen. Bereits im vergangenen Jahr hat die Kasse für dieses Messsystem ein Versorgungsprojekt für erwachsene Patienten aufgelegt.

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