Die wichtigsten 10 Fragen

Masterplan für Existenzgründer

Der richtige Weg, egal zu welchem Ziel, ist im Zweifelsfall der eigene, sagt Coach Christian Henrici: Für den persönlichen Masterplan kommt es darauf an, sich die Fragen zu stellen, die der Praxis von Anfang Profil geben.

1. Einzel- oder Gemeinschaftspraxis?

Welche Option ein Existenzgründer bevorzugt, hängt nicht nur von seiner Persönlichkeit ab. Bei hohen Investitionssummen kann eine Partnerschaft entlasten und Sicherheit geben. Ruht die Verantwortung auf mehreren Schultern, ergeben sich Synergieeffekte. Die Partner nutzen Ressourcen gemeinsam, teilen Kosten und können sich gegenseitig vertreten. Eines ist hierbei jedoch unabdingbar: Die vertragliche Gestaltung dieser Kooperationsformen sollte sorgfältig und idealerweise von einer auf Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei vorgenommen werden. Was überdies oft unbeachtet bleibt: Wenn die Arbeitsphilosophien der Partner nicht im Voraus abgeklärt werden, sind Konflikte programmiert. Zum Beispiel wenn ein Zahnarzt weniger arbeitet weil er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen möchte und deshalb ein Ungleichgewicht im Arbeitspensum entsteht.

2. Übernehmen oder neu gründen?

Ob ein Existenzgründer Praxisräume völlig neu einrichten, oder eine bereits bestehende Praxis übernehmen möchte, ist in erster Linie eine Frage der Investitionssumme. In jedem Fall aber sollte der Zahnarzt seine Entscheidung mithilfe von Daten und Fakten treffen. Bei einer Übernahme findet er diese im Praxis-Exposé des Verkäufers. Wichtig sind beispielsweise Informationen zum Umsatz, zur Personalsituation oder zur Zusammensetzung des Patientenstamms. Es kann außerdem hilfreich sein, einen professionellen Berater bei der Beurteilung des Exposés mit einzubeziehen, der – wenn ein Angebot infrage kommt – auch die Lage der Praxis prüft, und konkretere Informationen einholt. Hierzu zählen unter anderem die Behandlungszimmer, der Abgabegrund und der Preis. Ebenfalls empfehlenswert ist eine Standortanalyse, die sicherstellt, dass die Lage der Praxis zum geplanten Konzept passt.

3. Generalist oder Spezialist?

Eine im ländlichen Raum übliche allgemeinzahnmedizinische Versorgung spricht für die Einzelpraxis, während die Konkurrenzsituation in großen Ballungszentren eher Spezialisierung erfordert. Modelle der partnerschaftlichen Praxisorganisation mit mehreren Fachzahnärzten sind eine ideale Grundlage in Städten. Die aktuelle Wettbewerbssituation am gewünschten Standort ist dabei ebenso wichtig wie die Frage nach der qualitativen Aufstellung. Für künftige Praxisgründer ist dies relevant, weil sie sich vom Leistungsspektrum der Kollegen im Umkreis abheben müssen. Kann der Zahnarzt zum Beispiel im Gegensatz zu seinen Konkurrenten digitale Röntgendiagnostik anbieten, wäre dies ein Wettbewerbsvorteil.

4. Schadensbegrenzer oder Dienstleister?

Viele Zahnärzte halten immer noch an einem defektorientierten Behandlungskonzept fest. Wer seine Praxis aber von Anfang an zukunftsorientiert aufstellen möchte, sollte das wirtschaftliche Potenzial des sogenannten Zweiten Gesundheitsmarktes nutzen. Der Schlüssel zum Erfolg kann zum Beispiel in einer proaktiven Beratung über Zusatzleistungen, die sich an den Bedürfnissen verschiedener Patientengruppen orientiert, liegen. Dazu zählen etwa Behandlungen, die den Beauty-Sektor betreffen, wie Bleaching, Veneers oder Brackets. Für alle Zielgruppen sinnvoll ist eine Prophylaxeoptimierung. Auch eine besondere Service-Kultur zahlt sich aus: Patienten, die beruflich sehr gefordert sind, legen Wert auf flexible Öffnungszeiten, während Patienten mit Zahnarztangst speziell geschultes Personal zu schätzen wissen.

5. Einzelkämpfer oder Teamführer?

Die meisten Praxisbetreiber unterschätzen die Rolle des Personals für eine erfolgreiche Praxisgründung. Sie betrachten Loyalität und außergewöhnliche Leistungsbereitschaft als selbstverständlich. Angesichts der Tatsache, dass im zahnärztlichen Bereich gut ausgebildete Fachkräfte fehlen, ergibt es Sinn, engagierte Mitarbeiter enger an die Praxis zu binden – schon deshalb, weil der Zahnarzt auf ein Team angewiesen ist, das ihn bei den zahlreichen Pflichten unterstützt und ihm den Rücken freihält. Wertschätzung und Anerkennung sind der Weg zu erfolgreicher Mitarbeiterbindung, die auf unterschiedlichste Weise zum Ausdruck kommen können. Ein Lob an der richtigen Stelle, die Übertragung von mehr Verantwortung oder Maßnahmen wie leistungsgerechte Entlohnung sind nur wenige Beispiele.

6. Zufallsgenerator oder Steuermann?

Für Existenzgründer ist es wichtig, an der richtigen Stelle zu investieren und Veränderungen gezielt in die Wege zu leiten. „Controlling“ ist ein wirksames Instrument: Hierbei definiert der Praxischef Ziele, leitet Maßnahmen zu deren Umsetzung ein, legt Milestones fest und überprüft regelmäßig, ob er im Plan liegt – denn auch kleine Fehler führen langfristig zur Abweichung vom Ziel. Zu den potenziell fehleranfälligen Aufgaben zählen beispielsweise die Abrechnung, die Terminvergabe, oder die Vor- und Nachbereitung von Behandlungen. Bei einem konstruktiven Fehlerkostenmanagement geht es jedoch nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, Fehler durch ein detailliertes Fehlerprotokoll zu versachlichen, zu kategorisieren und im Einzelfall differenziert zu betrachten. So kann zum Beispiel festgestellt werden, warum ein geplanter Tagesumsatz nicht erreicht wurde. Software-gestützte Controlling-Tools eröffnen Zahnärzten die Möglichkeit, den Erfolg ihrer Praxis aktiv und mit wenig Aufwand zu gestalten.

7. Bewährtes oder neue Trends?

Tatsächlich verfügen nicht wenige Praxen nach einer Übernahme bereits über einen soliden Patientenstamm und können sich auf regelmäßige Empfehlungen verlassen. Veränderungen sind dennoch spürbar: Räumliche Nähe steht beispielsweise bei der Suche nach einem passenden Zahnarzt immer seltener im Blickpunkt. Das liegt nicht nur daran, dass Entfernung in der mobilen Gesellschaft keine große Rolle mehr spielt. Patienten sind heute anspruchsvoll, aufgeklärt und sehen sich als Kunden, die ausgezeichneten Service erwarten. Aufmerksames Personal und eine umfassende Patienten- beratung sind Teil einer zukunftsorientierten Praxisphilosophie.

8. Warten oder Werben?

Gerade für Existenzgründer ist es ausschlaggebend für den Erfolg, ob bei der Außendarstellung ein hoher Qualitätsstandard gewährleistet ist. Ein gelungener Außenauftritt nimmt die Patienten an die Hand und baut Vertrauen auf. Professionalität zeigt sich unter anderem in einer durchgehenden Gestaltungslinie. Das heißt zum Beispiel, dass digitale- und Printelemente perfekt aufeinander abgestimmt sind – auch durch ein einheitliches Farbkonzept, das selbstverständlich die Praxisbekleidung mit einschließt. In diesem Zusammenhang ist durchaus nicht alles „Geschmackssache“. Es gibt Grundsätze zu Bündigkeiten und Farbwahl, die ein Zahnarzt bei der Planung nicht ignorieren sollte. Denn der Patient zieht aufgrund der Bildsprache letztlich auch Rückschlüsse auf die fachliche Kompetenz des Behandlers. Ebenfalls ein Muss: ein seriöser Internetauftritt und idealerweise eine Präsenz der Praxis in einem sozialen Netzwerk, wie Facebook.

9. Fortbilden oder auslagern?

Die Regelung der zahnärztlichen Abrechnung ist elementar wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung einer Praxis. Kompetentes Personal auf diesem Gebiet ist selten und sehr gefragt. Sollte ein Existenzgründer also bei einer Praxisübernahme bereits über eine solche Fachkraft verfügen, gilt es, diese weiter zu fördern und zu binden. Alternativ gibt es freiberuflich tätige Abrechungskräfte, die mehrere Praxen betreuen und auch die Möglichkeit, diese Aufgabe durch spezialisierte Firmen extern erledigen zu lassen. Wer langfristig planen möchte, kann auch eine interessierte Mitarbeiterin in seinem Team in zahnärztlicher Abrechnung fortbilden. Die Investition lohnt sich.

10. Gleichgewicht oder Dauer-Power?

Zahnmediziner sind einer Reihe von körperlichen, seelischen und kognitiven Risikofaktoren ausgesetzt. Gerade während der Existenzgründung kann der schlechte Umgang mit den eigenen, körperlichen Ressourcen zu einer Überlastung führen. Die Folgen: Erschöpfungsdepressionen, Existenzängste, Stress aufgrund von Zeitdruck und Konflikten, zum Beispiel mit KZVen, PKVen, Behörden, Praxispartnern oder Konkurrenten. Auch familiäre Spannungen, Probleme mit „schwierigen Patienten“ oder dem Personal sind belastend. Rechtzeitig gegenzusteuern, wenn erste Anzeichen einer möglichen Überforderung auftreten, ist der Königsweg, um den Beruf lange mit Freude ausüben zu können. Für eine gesunde „Work-Life-Balance“, also ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeit und Regeneration, sollten sich verschiedene Lebensbereiche ergänzen und nicht parallel nebeneinander existieren. Wichtig ist hierbei, dass der Zahnarzt sich der Rolle, die er in jedem Lebensbereich spielt, ebenso bewusst ist, wie der verschiedenen Aufgaben, die er in der Praxis erfüllen muss und sich seine Ressourcen bewusst einteilt.

Autor Dipl.-Kaufmann Christian Henrici leitet seit 2015 das Key-Account-Management bei der Dampsoft GmbH. Er schreibt regelmäßig Fachbeiträge zu den Themen BWL, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis.

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