Editorial

Warum Abrissbirne?

Uwe Axel Richter

Ich ahne schon, was so manche Leser angesichts des Titelbildes sagen werden: Jetzt geht es zu weit. So ein Bild ist viel zu nah am Boulevard à la BILD. Und dann diese provozierende Überschrift, obwohl die zm doch eine, wenn nicht gar die zahnärztliche Fachzeitschrift ist. Und die hat seriös zu sein (was immer das im Einzelnen bedeutet). Dann lassen Sie es mich so sagen: Es ist an der Zeit zu erkennen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Heilberufler massiv ändern. Und zwar so sehr, dass jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt sich über das erhebliche Veränderungspotenzial für die eigene Praxis im Klaren sein muss. Es ist eben nicht so, dass es mit dem GKV-SVSG jetzt auch mal die da oben in KZV und KZBV trifft. Die heimliche Schadenfreude, dass die tatsächlichen und vermeintlichen Verursacher vertragszahnärztlichen „Ärgers und Leids“ nun auch mal „ihr Fett“ abbekommen, wird sich schneller in ihr Gegenteil verkehren als einem lieb sein kann. Um im Bilde zum bleiben: Nur weil die Wand von innen betrachtet noch heil aussieht, heißt das nicht, dass es keine bereits schwingende Abrissbirne gibt. Und ich fürchte, es gibt mehr als nur eine! Als da sind die EU, das BMG, Kranken-(Zusatz-) Versicherer und auch das diesbezügliche Handeln als Berufsstand.

Lassen wir die EU an dieser Stelle einmal außen vor und wenden uns dem BMG und seiner neuesten Kreation zu. Allein die Wortschöpfung „Selbstverwaltungsstärkungs-Gesetz“ ist Propaganda pur. Es geht mitnichten um die Stärkung, sondern um die gezielte Schwächung eines sich selbst erfolgreich verwaltenden Systems zur Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung als Teil einer in Verantwortung gelebten Freiberuflichkeit. Ein System, welches auch in der Vergangenheit sehr wohl in der Lage war, Patientenversorgung mit Fachwissen und Erfahrung sicherzustellen und wohlgemerkt zu gestalten. Und das will nun eine die Fachaufsicht sich anmaßende Politik besser leisten können? Es waren die gleichen Akteure im Ministerium, die ihren rechtsaufsichtlichen Notwendigkeiten in der Causa Dr. Köhler (Ex-Vorstandsvorsitzender der KBV) über Jahre hinweg nicht nachgekommen sind, aber nun anhand des errechneten Durchschnittsverbrauch des Vorstandsdienstwagens Mittelverschwendung konstatieren. Geht´s noch?

Doch genau so funktioniert das Spiel, welches darauf angelegt ist, dass sich in der Konsequenz immer weniger für die verantwortliche Arbeit in der Selbstverwaltung finden werden. Heute verantwortlich entschieden, morgen der Depp, weil die Politik anders will. Auch so kann einem funktionierenden System der Garaus gemacht werden. Ich halte daher folgende Schlussfolgerung für wichtig: Wer die Ausübung der Zahnmedizin als freien Beruf versteht und in Verantwortung für und mit seinen Patienten tätig sein will, der darf sich in dieser Situation nicht wegducken. Jetzt ist Geschlossenheit des Berufsstandes gefragt. Ich sprach eingangs von Abrissbirnen, Plural! Eine solche ist für mich auch das öffentliche Versteigern von HKPs . Auf dem Niveau von MyHammer.de werden statt Regenrinnenreinigung ZE-Leistungen angeboten und im Preis gedrückt, ohne dass je der betreffende Patient vor Abgabe eines Angebots gesehen wurde. Von Heilkundigen, von Zahnärzten – ist das wirklich die richtige Positionierung für einen Heilberuf? Es ist verständlich, wenn Patienten versuchen, die ZE-Leistung für so wenig Geld wie möglich zu bekommen. Es ist verständlich, wenn Versicherer à la Ergo Direkt die Kosten für Ersatzleistungen so kostengünstig wie möglich einkaufen wollen. Aber es ist 100-prozentig der falsche Ansatz für einen akademischen, fortbildungsaktiven und erfolgreichen Berufsstand, der für seine Leistung eine gerechte Honorierung erwartet. Es ist eines jeden Zahnarztes freie Entscheidung, bei diesem Geschäftsmodell mitzumachen, aber richtiger wird sie dadurch nicht. Dem Image des Berufsstandes ist sie definitiv nicht zuträglich. Den Verhandlungspositionen der Selbstverwaltung auch nicht, aber damit wären wir ja auch wieder am Anfang.

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