Repetitorium Lebererkrankungen:

Eine Fettleber ist kein Kavaliersdelikt

Am Krankheitswert der Fettleber besteht inzwischen kein Zweifel mehr. Denn aus der Steatosis hepatis kann sich eine nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) entwickeln und über die Leberfibrose auch eine Leberzirrhose und ein Leberzellkarzinom. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich bei der alkoholischen Leberkrankung. Daran ist bei Patienten im Zahnarztstuhl zu denken, wenn sich der Verdacht auf ein Alkoholproblem einstellt.

Die am weitesten verbreitete Leberkrankheit ist in unseren Breitengraden die nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD). Die Prävalenz der Fettleber nimmt ab dem sechsten Lebensjahrzehnt mit steigender Tendenz zu. Das ist nicht zuletzt durch die Zunahme von Risikofaktoren wie dem Typ-2-Diabetes sowie der Adipositas bedingt, die die Entwicklung einer Fettleber triggern können. Zunehmend sind allerdings auch Kinder und Jugendliche betroffen, bei denen die Fettleber sich meist direkt im Kontext einer Adipositas und eines Typ-2-Diabetes entwickelt.

Steatosis hepatis – die Fettleber

Charakterisiert ist die Fettleber durch die Einlagerung von Fett in die Hepatozyten. Hierzu kann es unter dem Einfluss von Alkohol kommen, im Zusammenhang mit einem metabolischen Syndrom oder auch – wie in den Leitlinien dargestellt – in Form der sekundären Steatosis als Begleitphänomen bei anderen Erkrankungen. Außerdem kann die Störung durch Medikamente und insbesondere durch eine Chemotherapie ausgelöst werden, durch eine Hepatitis-C-Virusinfektion, durch Fettstoffwechselstörungen sowie durch eine Mangelernährung. Das ist unbedingt zu berücksichtigen, weil sich entsprechend der jeweiligen Ursachen unterschiedliche Behandlungskonzepte ergeben.

Wichtig ist dabei auch die Abgrenzung der alkoholischen von der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung (AFLD und NAFLD), bei der augenscheinlich kein relevanter Alkoholkonsum vorliegt. Als Schwellendosis für den Alkoholkonsum nennen die Leitlinien einen Grenzwert von 10 g bei der Frau und 20 g beim Mann, über dieser Grenze kann eine alkoholische Fettleber nicht ausgeschlossen werden.

Aus Sicht der Zahnmedizin

Zusammenhang zwischen Parodontopathien und Pathologien der Leber

Die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), die bei schätzungsweise 30 Prozent der westlichen Bevölkerung auftritt, ist mit Übergewicht, einem metabolischen Syndrom und Diabetes mellitus Typ 2 assoziiert. Bei Männern konnte allerdings auch unabhängig vom Alkoholkonsum der Probanden ein Zusammenhang zwischen tiefen parodontalen Taschen und elevierten Leberenzymen sowie einem metabolischen Syndrom nachgewiesen werden. Bei einer Parodontitis liegt definitionsgemäß eine lokale Inflammation vor, die mit systemischen Entzündungsreaktionen verknüpft ist. Dementsprechend sind die systemischen Inflammationsmarker bei Patienten mit Parodontitis höher als bei gesunden Probanden. Es scheint möglich, dass die Parodontitis mit Erkrankungen der Leber und dem metabolischen Syndrom über einen gemeinsamen pathophysiologischen Weg verknüpft ist.

Nach der „Zwei-Hit-Hypothese“ der NASH-Pathogenese besteht der erste „Hit“ in einer Akkumulation von Fett in der Leber. Der zweite „Hit“ beinhaltet oxidativen Stress, der durch Faktoren verursacht wird, die reaktive Sauerstoffspezies entstehen lassen. Letztendlich kommt es zu einer Entzündung und Fibrosierung des verfetteten Gewebes.

Porphyromonas gingivalis, ein gramnegatives anaerobes Stäbchenbakterium gilt als ein wichtiger Faktor für die Entstehung einer chronischen Parodontitis. Das Bakterium ist dafür bekannt, dass es in den Blutkreislauf eintritt und systemisch im Körper verteilt wird. Vermutet wird, dass es somit einen Risikofaktor für systemische Erkrankungen von Herz und Kreislauf, Diabetes mellitus, eine Frühgeburt und rheumatoide Arthritis darstellt. Inzwischen werden Porphyromonas gingivalis und seine Abbauprodukte auch als ein kritischer Risikofaktor für die pathologische Progression einer NASH angesehen, da es bei der Steatosis hepatis die Inflammationsreaktion und die fibrogene Antwort darauf induziert. Bei Mäusen, die mit Porphyromonas gingivalis infiziert wurden, kam es zu einer höheren NASH-Rate als in der unbehandelten Kontrollgruppe. Bei Patienten mit NASH wurde in mehr als der Hälfte der Fälle Porphyromonas gingivalis in Leberbiopsien nachgewiesen und Patienten mit einer solchen Infektion zeigten eine höhere Ausprägung der Fibrose als ohne diese Keime.

In einem Fallbericht wurde analog hierzu der Todesfall einer 54-jähigen Frau mit einer schweren chronischen Parodontitis, einer NASH-induzierten Leberzirrhose und einer darauf folgenden Sepsis beschrieben, wobei Porphyromonas gingivalis aus den Hepatozyten isoliert werden konnte.

Zusammenfassung
Das Vorliegen einer Parodontitis wurde bereits positiv mit Artherosklerose, kardiovaskulären Erkrankungen und Schlaganfällen assoziiert. Weiterhin könnte die Induktion und/oder Verstärkung der systemischen Entzündungsreaktion sowie die systemische Aussaat der oralen Pathogene auch mit Erkrankungen der Leber zusammenhängen. Zur Vermeidung der Progression einer Steatosis hepatis und einer NASH scheint daher die Parodontalbehandlung eine wichtige Rolle zu spielen.

Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer

Leitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Augustusplatz 2, 55131 Mainz
daublaen@uni-mainz.de

PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität Rostock
Schillingallee 35, 18057 Rostock

Quellen und weitere Informationen

Von einer milden Steatosis ist auszugehen, wenn weniger als ein Drittel der Parenchymfläche in der Leber betroffen ist, eine schwere Steatosis liegt vor, wenn mehr als zwei Drittel verfettet sind. Die Veränderungen verursachen zunächst keine Beschwerden. Denn die Leber kann Funktionsdefizite in aller Regel gut kompensieren. Sie weist außerdem eine hohe Regenerationsfähigkeit auf. So ist die Fettleber zumindest theoretisch reversibel, sofern es nicht bereits zu Entzündungsprozessen und einem fibrotischen Umbau des Gewebes gekommen ist.

Auf der anderen Seite droht den Betroffenen die Progression zu irreversiblen Krankheitsbildern wie der nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH), der Leberfibrose und der Leberzirrhose, auf deren Boden sich nicht selten ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) entwickelt.

Epidemiologie von NAFLD und NASH

Die Prävalenz der NAFLD in der Allgemeinbevölkerung wird derzeit auf etwa 20 bis 30 Prozent geschätzt. Sie ist in den vergangenen Jahren vor allem bei Männern gestiegen, wobei nach Expertenangaben eine positive Korrelation zu metabolischen Parametern wie etwa dem Bauchumfang, dem Body-Mass-Index sowie der Höhe der Triglyceride besteht. Dagegen senken körperliche Aktivitäten wie auch ein regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko der Entwicklung einer NAFLD.

Eine histologisch gesicherte NASH ist entsprechend der Leitlinienangaben bei zwei bis 15 Prozent der potenziellen Lebendspender vor Lebertransplantationen festzustellen. In Risikopopulationen wird die Prävalenz der NASH auf bis zu 50 Prozent geschätzt. Das Krankheitsbild ist erst in den vergangenen Jahrzehnten in den Fokus der Hepatologen gerückt, nachdem erkannt wurde, dass es zu einer NASH-Zirrhose fortschreiten kann. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist und wie häufig sich aus einer NASH-Zirrhose ein hepatozelluläres Karzinom entwickelt, ist nicht genau bekannt. Laut Leitlinie ist jedoch eine deutliche Zunahme der Indikationen zur Lebertransplantation aufgrund einer NASH-Zirrhose zu verzeichnen.

Screening und Diagnostik

Ein generelles Screening auf eine NAFLD wird derzeit nicht empfohlen. Bei Risikopersonen sind jedoch entsprechende Untersuchungen, etwa eine Ultraschalluntersuchung, als bildgebendes Standardverfahren gerechtfertigt. Das gilt sowohl für Angehörige von Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung wie auch für Menschen mit einem Typ-2-Diabetes und/oder einer Adipositas. Hinweisend auf ein Leberproblem kann außerdem eine Erhöhung der Leberwerte sein wie etwa der Gamma-GT (Gamma-Glutamyltransferase), der AP (alkalische Phosphatase), der GOT (Glutamyl-Oxalacetat-Transaminase) und der GPT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase). In besonderen Fällen ist auch eine feingewebliche Untersuchung nach Leberbiopsie angezeigt.

Wird die Steatosis als Zufallsbefund entdeckt, so ist zu unterscheiden, ob die Betreffenden Beschwerden haben und/oder ob es weitere Zeichen einer Lebererkrankung gibt oder nicht. Ist das nicht der Fall und sind die Leberwerte unauffällig, sollte nach kardiovaskulären Erkrankungen und einem Diabetes gefahndet und an Medikamente oder einen hohen Alkoholkonsum als Ursache gedacht werden. Liegen zusätzliche Befunde vor, sind weiterführende Untersuchungen zum Beispiel mittels Computertomografie zu erwägen oder auch die Durchführung einer Elastografie zum Ausschluss einer fortgeschrittenen Leberfibrose oder einer Leberzirrhose.

Hat sich eine NASH-Zirrhose manifestiert, ist laut Leitlinie den Patienten eine HCC-Früherkennungsuntersuchung anzubieten. Außerdem sollte alle sechs Monate eine Sonografie der Leber vorgenommen werden.

Limitierte Therapiemöglichkeiten

Die einfache Steatosis ist nicht mit einem gesteigerten Mortalitätsrisiko behaftet, allerdings weisen Patienten mit NASH im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine höhere Gesamtmortalität auf. Dies ist in erster Linie durch eine deutlich erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit bedingt. „Die spezifisch leberbezogene Morbidität und Mortalität ist nur bei nachgewiesener NASH höher“, heißt es hierzu in den Leitlinien.

Da bekannt ist, dass Lebensstiländerungen – etwa Einstellen des Rauchens, eine Gewichtsreduktion und eine Steigerung der körperlichen Aktivität – sowie eine medikamentöse Therapie kardiometabolischer Risikofaktoren das Sterblichkeitsrisiko mindern, liegt es nahe, diese Maßnahmen auch bei der NAFLD und bei der NASH zu propagieren. Große randomisierte Studien fehlen jedoch zu dieser Therapieempfehlung bislang. Kein Zweifel besteht aber daran, dass sich durch Lebensstiländerungen der Entwicklung einer NAFLD vorbeugen lässt. Empfehlenswert sind hierzu die Reduktion von Übergewicht, eine ausgewogene, vorwiegend mediterrane Ernährung sowie regelmäßige körperliche Aktivität.

Liegt bereits eine NAFLD vor, so besteht das Therapieziel vor allem darin, der Progression zu NASH, einer Fibrose, einer Zirrhose und einem HCC entgegenzuwirken. Indiziert sind eine gewichtsreduzierende Ernährungsumstellung sowie eine Bewegungstherapie am besten als Ausdauer- und Kraftsport. Patienten mit kompensierter NASH-Zirrhose sollten am besten zu einem Sportprogramm unter Anleitung motiviert werden. Bei Patienten mit dekompensierter NASH-Zirrhose sollte durch physiotherapeutische Maßnahmen einem Muskelabbau entgegengewirkt werden, so heißt es in den Leitlinien.

Eine gezielte medikamentöse Therapie der NAFLD gibt es bislang nicht. Zwar wurden verschiedenste Wirkstoffe in Studien erprobt, eindeutige Therapieerfolge waren bislang jedoch nicht zu verzeichnen. Wichtig aber ist eine strikte Behandlung der Komorbiditäten, etwa einer Hypertonie, einer Hyperlipidämie, einer Adipositas und vor allem eines Typ-2-Diabetes. Außerdem sollte die Motivation zur Alkoholkarenz selbstverständlich sein. Dagegen kann laut Leitlinie der Konsum von Kaffee aufgrund hepato- und kardioprotektiver Effekte empfohlen werden.

Leberfibrose und -zirrhose

Mit Progression der NAFLD und der NASH kann es zu Umbauvorgängen in der Leber kommen, bei denen zunehmend Lebergewebe durch Bindegewebe und damit quasi durch Narbengewebe ersetzt wird. Die Schwere der Störung ist anhand des Fibrosegrads abzuschätzen, wobei die Umbauprozesse in aller Regel nicht reversibel sind.

Auch die Leberfibrose verursacht zunächst keine spezifischen Symptome, kann sich jedoch mit unspezifischen Beschwerden bemerkbar machen. Hierzu gehören eine unerklärliche Müdigkeit, Appetitlosigkeit, ein ungewollter Gewichtsverlust, Völle- und Druckgefühle im Bauchraum nach dem Essen, eine Unverträglichkeit von Fett und Alkohol, Blähungen, Durchfall, häufiges Zahnfleisch- sowie Nasenbluten und eine verstärkte Neigung zum Schwitzen wie zum Frieren.

Da eine gezielte Therapie der Leberfibrose nicht möglich ist, bleibt die wichtigste therapeutische Intervention die konsequente Behandlung der Grunderkrankung, also die strikte Alkoholkarenz, die Behandlung einer Virushepatitis, einer cholestatischen Lebererkrankung oder einer Autoimmunhepatitis. Die Leberfibrose verursacht typischerweise keine Beschwerden und gilt als Übergangsstadium in eine Leberzirrhose.

Mit dem Fortschreiten der Fibrosierungen und dem Übergang zur Leberzirrhose kann es zum Auftreten spezifischer Symptome kommen.

Spezifische Symptome der Leberzirrhose:

  • Ikterus mit Gelbfärbung der Haut und der Bindehaut der Augen,

  • bräunlicher Urin,

  • heller bis weißer Stuhl,

  • Juckreiz am ganzen Körper,

  • Leberhautzeichen, also sternförmige Neubildungen von Blutgefäßen besonders am Oberkörper und im Gesicht (Spider naevi, Gefäßspinnen),

  • Ausfall der Regelblutung,

  • Potenzstörungen und eine verminderte sexuelle Lust,

  • Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit,

  • Reizbarkeit,

  • ein Verlust der Behaarung und vermehrte Gefäßzeichnung im Bauchbereich (Bauchglatze),

  • Weißnägel und/oder Uhrglasnägel,

  • eine Verdickung der Sehnen im Bereich der Handinnenflächen (Duputyrensche Kontrakturen),

  • eine Rötung der Handballen,

  • eine Rückbildung der Haut („Geldscheinhaut") mit Erweiterung der Hautgefäße,

  • „Lacklippen, Lackzunge“,

  • eine Rückbildung der Muskulatur und die Neigung zur Osteoporose.

Ursache hierfür sind die zunehmenden Umbauprozesse und damit verbunden Funktionsverluste der Leber. Diese verhärtet sich und die Oberfläche wirkt knotig und narbig. Mit zunehmender Progression treten zudem Symptome als Folge von Komplikationen der Leberzirrhose auf.

Komplikationen der Leberzirrhose:

  • Entwicklung eines Aszites sowie eine Ödembildung in den Beinen,

  • Kurzatmigkeit,

  • ein Pfortaderhochdruck,

  • Ösophagusvarizen mit entsprechend hohem Blutungsrisiko,

  • eine Malnutrition,

  • eine hepatische Enzephalopathie, die sich unter anderem durch verlängerte Reaktionszeiten, durch psychische Veränderungen, eine zunehmende Schläfrigkeit und schließlich einen Bewusstseinsverlust bemerkbar machen kann.

Als weitere Komplikation droht den Betroffenen die Entwicklung eines HCC. Die Veränderungen bei der Leberzirrhose sind irreversibel und therapeutisch schwer anzugehen. Als kurativer Ansatz kommt lediglich eine Lebertransplantation in Betracht.

Christine Vetter
Merkenicher Str. 224, 50735 Köln

Christine Vetter

Medizinjournalistin
Merkenicher Straße 224,
50975 Köln

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