Betriebsprüfung professionell vorbereiten

Gelassen durch die Inspektion

Gabriela Scholz
Das Finanzamt, die Betriebsprüfung – zwei Wörter, die oft Unbehagen auslösen. Wieso eigentlich? Begreifen Sie die Prüfung als Gelegenheit, ihre Professionalität belegen zu können.

Zunächst einmal sollten Sie sich vor Augen halten, dass der Prüfer nichts gegen Sie als Zahnarzt hat, er macht lediglich seine Arbeit. Diese fußt auf der gesetzlichen Grundlage des Steuerrechts und hier besonders der Abgabenordnung. Demnach gilt bei der Betriebsprüfung – nomen est omen –, dass der Prüfer den Betrieb zu steuerlich relevanten Sachverhalten zu prüfen hat. Zulässig sind sogenannte Außenprüfungen bei allen Selbstständigen und Gewerbebetrieben im Umfang ihrer beruflichen Tätigkeit. So sieht das Prozedere aus:

Die Prüfungsanordnung

Betriebsprüfungen werden dem Zahnarzt in der Regel durch die Post zugestellt, es ist eher selten, dass ein Prüfer anruft und den Termin abstimmt. Der Termin ist zu kurzfristig anberaumt? Dann können Sie Einwände erheben: Versuchen Sie es zunächst telefonisch, wird keine Einigung erzielt, müssen Sie schriftlich Einspruch erheben und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen.

Werden in der Anordnung unter derselben Steuernummer sowohl die Praxis als auch die private Einkommensteuererklärung veranlagt, dann kann der Prüfer gleichzeitig die übrigen Einkommenstatbestände prüfen, zum Beispiel die Einkünfte aus Vermietung, die geltend gemachten Versicherungen oder Spenden. Keinesfalls darf sich die Prüfung aber auf die Einkünfte des mitveranlagten Ehepartners beziehen. Dazu müsste eine weitere Prüfungsanordnung für gewerbliche, selbstständige oder „private Einkünfte von besonderer Bedeutung“ (damit sind etwa Einkünfte aus Vermietung über 500.000 Euro gemeint) erlassen werden.

Die Prüfungsanordnung bestimmt die zu prüfenden Jahre, den Beginn der Prüfung und den Namen des Prüfers. Reguläre Außenprüfungen erstrecken sich meist – aber nicht zwingend – über die letzten drei abgegebenen Steuererklärungen. Daneben sind – ebenfalls angekündigte – Prüfungen der Lohnsteuer und der Sozialversicherung üblich. Ohne Ankündigung ist neuerdings eine Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau möglich. Dies kann auch Ihr Steuerberater erledigen, da dieser die Unterlagen ohnehin aufbewahrt.

Wer wird geprüft?

Zahnarztpraxen zählen für die Finanzverwaltung in der Regel zu Klein- oder Mittelbetrieben, die im Vergleich zu Großbetrieben nicht so oft geprüft werden. Die Auswahl erfolgt nach Zufallsgesichtspunkten. Aber auch Praxen, die noch nie geprüft wurden oder bei denen sich Veränderungen ergeben haben (Übertragung der Praxis oder eingegangene Kooperationen), können von einer Prüfung betroffen sein. Ebenso wie Praxen mit „Auffälligkeiten“: Da die Finanzverwaltung gewisse Richtsätze für eine Branche ansetzt, werden jene Betriebe auffällig, die sich außerhalb der Margen befinden.

In der Regel benennen Sie zu Beginn der Prüfung bereits die Auskunftspersonen. Der Prüfer wird sich normalerweise daran halten. Erst wenn er die notwendigen Angaben so nicht erlangt, darf er sonstige Personen oder Organisationen befragen – etwa Bankeinkünfte einholen.

Wo die Prüfung stattfinden soll, ist in der Regel verhandelbar. Zwar sind nach dem Gesetz die Geschäfts- oder Privaträume der zu prüfenden Person vorgesehen. Falls dies aber nicht möglich ist, kann auch im Finanzamt oder – eigentlich nicht mehr vorgesehen – beim Steuerberater geprüft werden. Nicht zumutbar ist in der Regel eine Prüfung in den Privaträumen. Auch die Praxisräume kommen meist nicht infrage, da sie der zahnärztlichen Behandlung dienen. Allerdings wird der Prüfer in aller Regel einen Besichtigungstermin in der Praxis mit Ihnen vereinbaren wollen, dies geschieht am besten im Beisein Ihres Steuerberaters.

Generell geht es bei den Prüfungen längst nicht mehr nur um die Richtigkeit von Bewirtungskosten, sondern um Zuzahlungen von gesetzlich und privat Versicherten oder auch um umsatzsteuerpflichtige Leistungen in der Zahnarztpraxis. So bieten Praxen mit Prophylaxeshop, Eigenlabor oder einem CEREC-Gerät genügend Anlässe für die Prüfer. Diese kontrollieren, ob die hierfür notwendige Umsatzsteuer auch geleistet worden ist.

Die vorzulegenden Unterlagen

Der Prüfer verschickt in der Regel mit der Prüfungsanordnung bereits eine Liste der notwendigen Unterlagen. Das sind in jedem Fall alle Belege und Kontoauszüge der betreffenden Jahre. Meist fordert er gleichzeitig noch Rechnungsausgangslisten, Laborlisten und wichtige Verträge an.

Eine Prüfung der Buchhaltung in digitaler Form ist inzwischen die Regel. Zwar wären bei Einnahmen-Überschuss-Rechnern auch die Vorlage von Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben möglich. Wird aber eine Buchführung auf einem Datenverarbeitungssystem erstellt, ist der Prüfer auch berechtigt, Datenexporte in elektronisch auswertbarer Form zu verlangen.

Schon 2015 wurden die sogenannten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff auf Selbstständige mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung ausgeweitet. Seitdem werden die Prüfer angehalten, auch die „Vor- und Nebensysteme“ zur Buchhaltung zu prüfen. Das betrifft in der Zahnarztpraxis vor allem das Abrechnungssystem, aber auch die Barkasse.

Auch drängen die Prüfer verstärkt auf einen digitalen Export von Abrechnungsdaten sowohl für Privatpatienten als auch für die, die über die KZV laufen. Die meisten Abrechnungsprogramme können das. Ziel ist die Suche nach Ungereimtheiten mittels digitaler Prüfung – etwa fehlende Rechnungsnummern, Stornos oder fehlende Abrechnungen von Fremdlaborrechnungen.

Problematisch können hier fehlende oder zu geringe Abrechnungen mit Verwandten oder Freunden sein, da diese als sogenannte „fiktive Einnahmen“ zu versteuern wären. Unproblematisch sind hingegen Kulanz-Verzichte oder die Nichtzahlung eines Patienten. Hier ist nur eine Dokumentation des Einzelfalls dringend geboten, zum Beispiel über Mahnschreiben oder Rechtsanwaltsschreiben oder durch einen Vermerk einer begründeten Kulanz oder einer Rabattgewährung in der Patientenakte.

Auch die Kassenführung wird zunehmend zum Prüfungsthema. Wird eine Bargeldkasse geführt, so muss das Kassenbuch auch stimmen und darf keinen Minusbestand und keine Lücken aufweisen. Gibt es keine Bargeldkasse in der Praxis, sind gleichwohl Einnahmen und Ausgaben einzeln zu dokumentieren.

Belege durchsehen

Eine wichtige Aufgabe ist die Durchsicht der Belege der Prüfungsjahre. Sie können Ihr Steuerbüro bitten, die Ordner durchzusehen, Unnötiges wie alte Arbeitsanweisungen oder sonstige inzwischen geklärte Fragen zu entfernen und Ihnen eine Liste der Betriebsausgaben wie Bewirtungen, Geschenke an Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter, Fortbildungs- und Kongresskosten aus der Buchhaltung zu geben. Bei Fremdbewirtungen können notwendige Angaben (alle Teilnehmer, genauer Anlass, Datum und Unterschrift) zwar nicht nachgeholt werden, dies jedoch gilt bei anderen Ausgaben nicht.

Insbesondere die sonstigen Personalkosten rücken verstärkt in den Fokus der Prüfer. Hier sollten Sie mit einer guten Dokumentation gerüstet sein. Konkret: Bei Mitarbeiterbewirtungen sollte der berufliche Anlass dokumentiert sein (etwa durch eine eventuell vorhandene Tagesordnung), bei Geschenken sollte der persönliche Anlass vermerkt sein, generell sollte bei Präsenten die 44-Euro-Grenze für die sonstigen Sachbezüge eingehalten werden.

Weiterhin im Fokus der Prüfer sind die KFZ-Kosten, hier insbesondere die Zugehörigkeit des teilweise beruflich genutzten Fahrzeugs zum Praxis- oder zum Privatvermögen. Nur für KFZ im Praxisvermögen ist die sogenannte Ein-Prozent-Regelung anwendbar, bei der man dem Finanzamt nachweisen muss, dass das Fahrzeug tatsächlich zu mehr als 50 Prozent betrieblich verwendet wird. Die Finanzverwaltung sieht dazu eine einmalige (!) Aufzeichnung der gefahrenen Kilometer über einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten vor.

Bei vielen Betriebsprüfungen bietet die Korrektheit von Fahrtenbüchern immer wieder Anlass für Diskussionen. Da Fahrten mit dem Praxis-Pkw auf den ersten Blick nachvollziehbar sein müssen, bieten schon kleinste Ungereimtheiten (fehlende Tankbelege) Anlass zum Zweifel.

Thema Selbstanzeige

Wer aus berechtigtem Grund ein schlechtes Gefühl oder Gewissen hat: Seien Sie schnell bei notwendigen Selbstanzeigen! Ist die Prüfungsanordnung erlassen, kann keine wirksame Selbstanzeige mehr gemacht werden, zwischen Ankündigung und Prüfungsanordnung hingegen schon! Auch wenn die Prüfung schon begonnen hat, kann es sinnvoll sein, auf offenkundige und Ihnen bekannte Fehler von sich aus hinzuweisen. Das wird meist als „tätige Reue“ gewertet.

Auch bei beruflichen Reisen oder Kongressbesuchen sollten Sie prüfen, ob der berufliche Anlass durch eine Teilnahmebescheinigung, Testate, Fortbildungsprogramme oder Mitschriften nachgewiesen ist. Teilweise private Aufenthalte vor oder nach einem Kongress an einem potenziellen Urlaubsort sind inzwischen zulässig, sollten aber bereits bei Erstellung der Buchhaltung durch strikte Abgrenzung der privaten Kosten berücksichtigt werden.

Wichtige Verträge bereithalten

Es ist unüblich, bereits zu Prüfungsbeginn Quartalsabrechnungen der KZV, Gesellschafts-, Miet-, Darlehens-, Miet- oder Kaufverträge und Mitarbeitervereinbarungen vorzulegen, es sei denn, diese werden mit der Prüfungsanordnung ausdrücklich angefordert. Auf jeden Fall sollten Sie diese parat haben. Geben Sie diese als Kopie an den Prüfer. Insbesondere bei Mitarbeiterverträgen lohnt sich ein vorheriger Blick, ob der Vertrag inzwischen noch „gelebt“ wird. Falls nicht, sollten Nachträge verfügbar sein. Angehörigen-Arbeitsverträge sollten das Mindestlohngesetz berücksichtigen. Auch wenn keine Stundenaufzeichnungen mehr erforderlich sind, müssen sich die Aufgabe, die Arbeitszeit und der Lohn pro Stunde aus dem Vertrag ergeben.

Im Laufe der Prüfung werden vonseiten des Prüfers Fragenlisten erstellt und dann durch das Steuerbüro, meist in Absprache mit Ihnen, abgearbeitet. Das kann sich, je nach internem Prüfungsplan oder Abwesenheiten des Prüfers, recht lange hinziehen und sollte Sie nicht nervös machen.

Jede Prüfung wird irgendwann beendet, oft auch ohne Schlussbesprechung. Der Prüfungsbericht mit allen Feststellungen wird meist vorab im Entwurf zugesandt, so dass Sie oder Ihr Steuerberater auf die Darstellung Einfluss nehmen können. Das sollte man bei Bedarf auch nutzen, damit dem Finanzamt keine Zweifel an Ihrer ordentlichen Betriebsführung bleiben. Denn: Eine anstandslose Prüfung erhöht die Chancen, dass man so bald keine weitere mehr bekommt.

Gabriela Scholz,
Steuerberaterin/WirtschaftsprüferinSankt Augustin

Gabriela Scholz

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