Volker Looman zur Finanzierung von Praxis UND Eigenheim

Aktienfonds sind keine gute Idee!

Verehrte Zahnärztinnen, werte Zahnärzte! In den letzten Kolumnen habe ich Ihnen geschildert, wie Praxen und Eigenheime finanziert werden sollten. Nun wollen einige von Ihnen wissen, was zu tun oder zu lassen ist, wenn beide Vorhaben realisiert werden sollen.

Die Verwirklichung dieser Wünsche ist in der Tat kein Pappenstiel. Daher habe ich mich an meinen Rechner gesetzt und ein paar Modelle untersucht. Es ist interessant, was dabei herausgekommen ist.

Ein Zahnarzt ist 33 Jahre jung und seit fünf Jahren bei einem Kollegen angestellt. In dieser Zeit hat er durch Fleiß und Tüchtigkeit etwa 100.000 Euro gespart. Nun hat er eine Praxis im Visier, die rund 400.000 Euro kostet. (Noch) Nicht auf dem Schirm hat der junge Medicus jedoch Frau und zwei Kinder, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Eigenheim führen werden.

Sollte der Mediziner sein Glück in fünf Jahren gefunden haben, werde ich einen Hunderter in die Wette stecken, dass der Zahnmediziner in spätestens sieben Jahren mindestens 800.000 Euro für ein Eigenheim ausgeben muss. Wollen Sie dagegen halten?

Der Zahnarzt startet mit einem Kredit von 300.000 Euro. Das ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis für die Praxis und dem Eigenkapital. In sieben Jahren werden 800.000 Euro für das Haus hinzu kommen. Die Laufzeit der Verbindlichkeiten darf 22 Jahre nicht übersteigen, weil der Zahnarzt bis zum 55. Geburtstag schuldenfrei sein sollte. Bei einem jährlichen Sollzins von 3 Prozent beträgt die Rate für Zins und Zins glatte 5.000 Euro pro Monat. Nach 21 Jahren und sechs Monaten wird der Spuk vorüber sein.

Wer sich den Verlauf der Schulden im Detail ansieht, wird schnell feststellen, dass der Praxiskredit bereits in 65 Monaten getilgt worden sein wird. Folglich liegen die beiden Kredite nicht nur hintereinander, sondern werden auch noch durch eine „Sparphase“ von 19 Monaten unterbrochen. So einfach die Lösung ist, so schwierig kann die Umsetzung in die Praxis sein. Der wunde Punkt ist das Eigenkapital. Der Mediziner kann beim Erwerb der Praxis ungefähr 100.000 Euro auf den Tisch legen, doch beim Kauf des Hauses in sieben Jahren wird der Zahnarzt trotz der 19 Sparraten von jeweils 5.000 Euro, die zwischen der Praxis und dem Haus liegen, mit „leeren Händen“ dastehen. Das neue Eigenkapital von 95.000 Euro ist im Gegensatz zu dem Hauspreis von 800.000 Euro kaum der Rede wert. Das birgt die große Gefahr in sich, dass die Bank den Zahnarzt wie beim Biathlon ein paar Strafrunden drehen lässt, bis das zusätzliche Eigenkapital mindestens 200.000 Euro betragen wird. Das ist nicht prickelnd, meine Herren, oder ist es Ihnen egal, Ihrer Frau und Ihren Kindern zu gegebener Zeit beichten zu müssen, als „finanzielles Leichtgewicht“ dazustehen?

Sollte mein Verdacht richtig sein, dass Sie das nicht witzig finden, müssen Sie die Struktur der Finanzierung verändern. Der Praxiskredit wird auf 400.000 Euro erhöht, und die Monatsraten für Zins und Tilgung werden auf 3.000 Euro gesenkt. Das Eigenkapital von 100.000 Euro und die künftigen 84 Monatsraten von 2.000 Euro werden in einen sicheren Sparvertrag ohne Zinsen gesteckt. Die beiden Eingriffe verlängern die Laufzeit des Praxiskredits auf 13 Jahre und sechs Monate, im Gegenzug wird das Eigenkapital für das Eigenheim auf 268.000 Euro erhöht. Die Differenz zu den 800.000 Euro sinkt auf 532.000 Euro, was die Aussicht erhöht, den Kredit zu erhalten. Das hat freilich einen Preis. Der Zahnarzt wird in 21 Jahren und sechs Monaten noch Restschulden von 61.000 Euro auf dem Buckel haben. Das ist nicht schön, aber kaum zu ändern, weil der Aufbau des Eigenkapitals – einmalig 100.000 Euro und 84 Raten à 2.000 Euro – kaum Zinsen abwerfen wird.

Wem das nicht passt, kann natürlich den Hammer aus dem Schrank holen und beide Kredite mithilfe von Aktienfonds tilgen. Ich muss Ihnen diese Möglichkeit schildern, weil ich mir sicher bin, dass Ihnen provisionshungrige Verkäufer über den Weg laufen und Ihnen die übliche Geschichte vom Pferd erzählen werden. Sie werden Ihnen berichten, es sei totaler Quatsch, die 100.000 Euro aus der Hand zu geben. Es sei günstiger, zuerst 400.000 Euro für die Praxis und in sieben Jahren weitere 800.000 Euro für das Haus aufzunehmen. Die Zinsraten von 1.000 Euro für den Praxiskredit seien als Werbungskosten absetzbar, und die Zinsraten von 2.000 Euro für den Hauskredit müssten aus der Privatschatulle beglichen werden.

Das ist alles richtig, doch bei diesem Vorschlag werden Sie, um es auf den Punkt zu bringen, in 84 Monaten einskommazweifacher Millionär sein – allerdings mit dem falschen Vorzeichen. Dafür stecken Sie das Eigenkapital und die Differenzen zu den Standardraten von 5.000 Euro – also 84-mal 4.000 Euro und 174-mal 2.000 Euro – in Aktienfonds. Sie mögen Ihnen ja durchaus 5 Prozent pro Jahr abwerfen, doch wenn Sie die üblichen Ausgabeaufschläge und die jährlichen Verwaltungskosten abziehen, werden für Sie vielleicht 3,2 Prozent übrig bleiben. Der Vorteil beträgt gerade mal 30.000 Euro, und Sie sitzen auf einem Pulverfass, das Ihnen ständig um die Ohren fliegen kann. Darf ich Ihnen, langweilig wie ich bin, das erste Modell empfehlen? Oder brauchen Sie – neben Praxis und Frau und Kindern – wirklich noch den totalen Stress mit Banken und Börsen?

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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