Volker Looman zu unbedachten Fallen beim Vermögensaufbau

Bedenke das Ende und beachte die Gebühren

Volker Looman
Hand aufs Herz, liebe Zahnärztinnen, werte Zahnärzte! Wo haben Sie die beste Aussicht, Ihr gutes Geld nachhaltig in den Sand zu setzen? In der Ehe, im Casino oder an der Börse? Ich gehe davon aus, dass die meisten von Ihnen auf die Aktien tippen, dann aufs Roulette, und schließlich auf den Partner. Pustekuchen! Die mit Abstand gefährlichste Geldanlage ist die Ehe. 80 Prozent von Ihnen heiraten – und 40 Prozent von Ihnen fallen auf die Nase. Das heißt in Zahlen, dass sich ein Drittel aller Zahnärzte ruiniert, weil es finanziell „alles“ auf einen Partner gesetzt hat.

Das Casino böte Ihnen zwar bessere Aussichten, finanziell in die Grütze zu greifen, doch weil nur wenige von Ihnen den Mut haben, jedes Jahr mit 50.000 Euro ins Casino zu gehen, hält sich der finanzielle Schaden in Grenzen. Die Börse ist eine durchwachsene Sache. Sie bietet hervorragende Chancen, wenn das Geld auf viele Titel verteilt wird, doch die kollektive Angst vor dem Absturz führt dazu, dass Aktien in Deutschland nach wie vor keine große Rolle spielen.

Nun ist der deutsche Aktienindex (DAX) in den letzten Wochen auf über 13.000 Punkte gestiegen. Natürlich weiß auch ich, dass es so nicht weitergehen kann. Die Aktien sind auf historischem Höchststand. Fortan kann es nur bergab gehen. Daher hat jeder Zahnarzt, der jetzt voll in Aktien einsteigt, nicht alle Sinne beisammen. Ich danke Ihnen, dass Sie mir mit schöner Regelmäßigkeit aufs Brot schmieren, wie einfach es ist, in die Zukunft zu schauen, und wie blöd ich bin, die Zeichen der Zeit einfach zu ignorieren. Dafür gebührt Ihnen wirklich ein kleines Dankeschön!

Trotzdem werde ich sturer Friese nicht müde, Ihnen ans Herz zu legen, dass Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist. Sie haben einen (?) Partner, drei Kinder, zwei Immobilien, eine Praxis und eine Rente. Das sind acht Anlagen, wenn ich richtig gezählt habe, so dass von Risikostreuung keine Rede sein kann, oder wollen Sie mir wirklich weismachen, dieses „Depot“ sei eine runde Sache? Sollte ich Sie wider Erwarten vom Gegenteil überzeugen können, werden Sie auf Aktien nicht verzichten können. Erstens haben Sie die Möglichkeit, das Geld in viele Unternehmen anzulegen, zweitens werden Aktien auf Dauer die höchste Rendite abwerfen. Dafür können Sie auch die nötige Berg- und Talfahrt an der Börse mitmachen. Oder gehören Sie zu den Menschen, die nur Geld in Aktien anlegen, wenn der DAX am 11. November 2035 bei 16.935 Punkten liegen wird?

Ich würde mich freuen, wenn Sie in der Liebe (weiterhin) auf einen Partner und bei der Altersvorsorge (fortan) auf viele Geldanlagen setzen. Ich will Ihnen die Chancen und Risiken wie üblich an einem Beispiel aufzeigen. Gehen wir davon aus, dass Sie heute 50 Jahre alt sind und noch 15 Jahre arbeiten werden. Dann können Sie, wenn Sie keine Schulden haben, bestimmt jeden Monat um und bei 3.000 Euro auf die hohe Kante legen. Das Jahr hat 12 Monate, so dass Sie insgesamt 180 Monate jeweils 3.000 Euro in Aktien investieren können, in der Summe also 540.000 Euro.

Ich will Sie nicht mit einer langjährigen Durchschnittsrendite von 8 Prozent pro Jahr ködern, das überlasse ich lieber Gauklern und Troubadouren. Rechnen wir mit 6 Prozent pro Jahr, und lassen Sie uns auch noch die Abgeltungsteuer von 26,375 Prozent abziehen. Dann kommen wir auf 4,4 Prozent pro Jahr, und wenn jede Rate mit diesem Satz verzinst wird, werden nach 15 Jahren rund 779.000 Euro auf dem Konto stehen. Wenn es die berühmte Million sein soll, müssen Sie die 3.000 Euro jedes Jahr um 4 Prozent steigern oder von Anfang an 3.850 Euro in die Spardose stecken. Ich plädiere für die Verknüpfung beider Zahlen, so dass am Ende rund 1.290.000 Euro winken.

So einfach es ist, einen Dauerauftrag mit Überweisungen von jeweils 3.850 Euro pro Monat auszustellen, so schwierig ist natür-lich die Frage zu beantworten, wem das Geld in die Hand gedrückt werden soll. Ich kann Sie nur warnen, ohne nachzudenken und nachzufragen Ihre Hausbank oder deren Töchter zu beglücken. Und zwar aus zwei Gründen. Einmal fällt mit jeder Rate ein Ausgabeaufschlag von 5 Prozent oder 150 Euro an, und zweitens kostet die aktive Vermögensverwaltung etwa 2 Prozent pro Jahr. Habe ich schon einmal erzählt, was das für Sie finanziell bedeutet?

Die Ausgabeaufschläge sind – mit Verlaub gesagt – noch Peanuts. Sie senken das Endguthaben auf 1.225.000 Euro, so dass Sie nur 65.000 Euro „verloren“ haben werden. Viel schlimmer sind die Auswirkungen der jährlichen Verwaltungskosten. Die 200 Basispunkte pro Jahr drücken die Rendite auf 4 Prozent und den Endwert auf 1.089.000 Euro. Das ist ein zusätzliches Minus von 136.000 Euro. Ich weiß nicht, ob Sie reich genug sind, um Banken nebst Töchter mit 201.000 Euro zu alimentieren. Ich schlage vor, dass Sie sich das bei anständigem Rotwein mal in aller Ruhe überlegen. 201.000 Euro geteilt durch 180 Monate sind ein linearer Verlust von 1.112 Euro pro Monat. Bei einem Preis von 15 Euro pro Flasche müssen Sie jeden Abend auf zweieinhalb Flaschen verzichten. Bitte kommen Sie jetzt bloß nicht auf die Idee, dass ich Sie zum Trinken verführen möchte. Ich will Ihnen nur vor Augen führen, wie viel Sie Bankern und Verwaltern „einschenken“, wenn Sie nicht auf der Hut sind, und die Finanzierung solcher Gelage muss ja nun wirklich nicht sein!

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

Volker Looman

Der Autor ist freiberuflicher Finanzanalytiker in Stuttgart. Jede Woche veröffentlicht er in der FAZ einen Aufsatz über Geldanlagen. Außerdem unterstützt er Zahnärzte auf Honorarbasis bei der Gestaltung des Privatvermögens.

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