Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Welcher Chef-Typ bin ich eigentlich?

Christian Henrici
Mit dem Thema „Welche Chef-Typen gibt es?“ wird zwar fast jeder täglich konfrontiert, nur die wenigsten Führungskräfte beschäftigen sich jedoch aktiv damit. Um das Grundverständnis zu fördern und gleichzeitig die jeweiligen Vor- und Nachteile aufzuzeigen, führe ich hier die drei beliebtesten und bekanntesten Chef-Typen in der Zahnarztpraxis auf. Dabei beziehe ich mich bei jedem der angesprochenen Typen auf die „klassische Ausprägung“; die Prozentangaben basieren auf den von uns in der Zahnärzteberatung gemachten Erfahrungen.

Die obige Mail erhielt ich kürzlich von einem unserer Mandanten. Thematisch passt die Frage gut zu den vorigen Kolumnen, die sich mit der Wertschätzung der Angestellten befassten. 

Der autoritäre Typ (ca. 65%):

Diesen Chef-Typ erkennt man daran, dass er allein das Zepter in der Hand hält und alle Fäden an einem Punkt – nämlich bei ihm – zusammenlaufen. Er leitet und delegiert seine Mitarbeiter von oben nach unten (Top-Down-System). Durch die alleinige Führung beansprucht der Führende die uneingeschränkte Machtfülle und verpflichtet die Untergeordneten, ihm gehorsam zu sein. Diesführt oftmals zur Demotivierung der Mitarbeiter. Warum? Dieser Chef-Typ wirkt häufig als Autoritätsperson ohne Zugang zu seiner Person und „bestraft“ Fehlleistungen seiner Untergeordneten. Die Entscheidungsgewalt liegt allein bei ihm.

  • Vorteile: Der autoritäre Chef ist sehr ehrgeizig im Erreichen der eigenen und unternehmerischen Ziele und besitzt in der Regel eine hohe fachliche Kompetenz. Mitarbeiter mit einem unsicheren oder eher passiven Wesen nehmen ihn als Chef mit „milder, väterlicher Strenge“ wahr. Durch die alleinige Entscheidungsgewalt erfolgt eine dichte Kontrolle, wodurch am Ende termingerechte Arbeitsergebnisse erzielt werden. 

  • Nachteile: Die erzielten Erfolge werden von der Führungskraft in Anspruch genommen und ihm allein wird das Lob zugesprochen, während Misserfolge auf die (mangelnde) Kompetenz oder (fehlerhafte) Arbeitsweise der Mitarbeiter zurückfallen. Durch die starr konzipierten Arbeitsabläufe der Mitarbeiter fehlen jeglicher Austausch und die Kreativität im Arbeitsalltag. Man erkennt, dass bei so einem Führungsstil die Quantität der Arbeit zwar bewältigt wird, aber eben auch nicht mehr. 

Der Laissez-faire-Typ (ca. 10%): 

Dieser Chef-Typ verzichtet regelmäßig auf das Eingreifen in die Arbeitsabläufe. Das hat zur Folge, dass Aussagen und Instruktionen oft sehr unklar sind. Somit haben die Mitarbeiter keine klaren Regeln und Anweisungen, sie entscheiden selbst, kontrollieren sich innerhalb des Teams und organisieren ihre Arbeit nach eigener Vorliebe. Im Ergebnis ist ein großer Freiraum positiv für das Arbeitsklima und steigert die Leistung der Mitarbeiter. Es besteht jedoch die Gefahr der Demotivierung aufgrund des fehlenden Feedbacks. Diesen Stil erlebt man häufig bei wissenschaftlichen Teams. 

  • Vorteile: Der größte Vorteil des Laissez-faire-Stils ist die Förderung des eigenständigen Arbeitens.

  • Nachteile: Durch den eher unpersönlichen Umgang mit den Mitarbeitern erhalten jene häufig nur wenig oder gar kein Feedback zu ihrer Arbeitsleistung. Dadurch ist es nicht verwunderlich, dass nach einer gewissen Zeit die Lust und die Eigeninitiative der Mitarbeiter schwinden. Folglich kann es dazu führen, dass nur noch die wichtigsten Dinge erledigt werden und der fachliche (und ggf. monetäre) Anreiz für Mehrleistung fehlt.

Der kooperative Typ (ca. 25%):

Dieser Chef-Typ arbeitet eng mit seinen Mitarbeitern zusammen und lässt diese an der Entwicklung von Ideen oder Projekten teilhaben. Durch die Aufteilung der Verantwortung erfolgt eine offene Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Führungskraft. Das Zulassen von Ideen und Kritik sowie das Mitspracherecht und die Entscheidungsteilhabe der Mitarbeiter führen zu einer erhöhten Motivation, die ein wichtiger Bestandteil dieses Führungsstils ist. Die Eigeninitiative und die Kreativität der Mitarbeiter werden gefördert. Durch die Teilung des Aufgabenbereichs und die allgemeine Transparenz der Abläufe haben mehrere Mitarbeiter Kenntnis über einen Vorgang und können sich im Bedarfsfall gegenseitig unterstützen. 

  • Vorteile: Alle Beteiligten „sitzen in einem Boot“ und wirken aktiv am Erfolg mit. Das ist der nötige Motivationsschub für die Mitarbeiter und fördert eine hohe Leistungsbereitschaft. Zudem kann die Führungskraft der Praxis teilweise entlastet werden – und sich im Bewusstsein eines aktiven und effizienten Miteinander dem Patienten widmen. 

  • Nachteile: Die richtige Einteilung und die „Findungsphase“ in den unterschiedlichen Teams können anfänglich viel Zeit in Anspruch nehmen. Zu große Freiräume können wie bei allen Führungsstilen zu Konkurrenzkämpfen und Problemen innerhalb des Teams führen.

Die Fachliteratur beschreibt etliche weitere Führungsstile, die sich – mehr oder minder – aus den oben genannten ableiten. Dabei macht die Individualität einer jeden Führungskraft eine strikte Einteilung in einen der Führungsstile kompliziert. Wagen Sie dennoch einmal den Versuch: Wo erkennen Sie sich wieder?

Vielleicht hilft Ihnen ein offenes, ehrliches Gespräch mit Ihren Mitarbeitern. Bitten Sie um ein (ggf. anonymisiertes) Feedback zu Ihrem Führungsverhalten. Dann haben Sie ein klares Bild und können die Spannung gegenüber Ihren Mitarbeitern besser einordnen. Zudem können Sie sich so selbstkritisch beäugen und wissen dann, wie Sie von Ihren Mitarbeitern als Chef wahrgenommen werden. 

In diesem Sinne…
Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de

Henrici hilft – der Praxisflüsterer

Mit der Erfahrung aus mehr als 1.400 umfassenden Mandaten in zehn Jahren beantwortet der Praxisexperte und Hauptgesellschafter der Opti Zahnarztberatung Fragen von Mandanten und Lesern zum Unternehmen Zahnarztpraxis. Der Einblick in seinen „Praxis“-Alltag soll Lösungsansätze aufzeigen, um Problemen in der Praxis so früh wie möglich begegnen zu können. Oder besser – um diese gar nicht erst entstehen zu lassen.

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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