Grußwort 2018

„Wir brauchen klare politische Entscheidungen“

Peter Engel
,
Wolfgang Eßer

Bei den schwierigen Verhandlungen zur Regierungsbildung sind noch viele Optionen im Gesundheitswesen offen. Dennoch: Angesichts der zahlreichen Reformbaustellen sind große Zeitverzögerungen fatal. Auch im zahnärztlichen Bereich existiert dringender Handlungsbedarf. BZÄK und KZBV bieten der neuen Regierung konstruktive Lösungen an.

Vor dem Weg in eine Bürgerversicherung – so wie sie jetzt diskutiert wird – warnen wir sehr ernsthaft. Für die Verbesserung unseres hochkomplexen Gesundheitssystems gibt es keine simplen Lösungen. Es gibt nur eine Alternative: Beide Systeme – GKV wie PKV – sind zu stärken und fit zu machen für die Zukunft. Wir plädieren für die Weiterentwicklung des bewährten dualen Krankenversicherungssystems. Von uns kommt ein klares Nein, wenn es um Einstiegsszenarien hin zur Bürgerversicherung geht! 

Unsere Positionen sind bekannt: Wir setzen uns ein für Patientenwohl und Versorgungssicherheit, für eine starke Selbstverwaltung und für freiberufliche Strukturen. Dazu muss die Politik uns, der Selbstverwaltung, auch den nötigen Handlungsspielraumeinräumen, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Gefahren drohen etwa aus Europa: Die EU-Kommission schickt sich mit ihrem Dienstleistungspaket an, die deutschen Regeln des Berufszugangs und der Berufsausübung der Freien Berufe abzuschaffen mit der Absicht, mehr Markt einzuführen – was immer das bedeuten soll. Und sie stellt die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für das Gesundheitswesen infrage. Unser Ziel ist klar: Im Schulterschluss mit allen Heilberufen wollen wir erwirken, dass Gesundheitsberufe von den geplanten Bestrebungen ausgenommen werden.

Konstruktiv greifen wir das Thema Digitalisierung auf – eine der dringlichsten Aufgaben der Zukunft. Den digitalen Wandel gestalten wir aktiv mit (gemäß der Strategien von BZÄK und KZBV, etwa der zehn Punkte der KZBV). 2018 wird dies ein Kernthema sein. Wir stellen die Chancen, aber auch Risiken wie den Datenschutz für die Versorgung heraus. Dabei geht es um das schützenswerte Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient, aber auch um den Mehrwert, den die digitalisierte Welt (etwa die elektronische Patientenakte oder die eGK) bieten kann. 

Wir betrachten mit ernsthafter Sorge, dass ökonomische Aspekte das zahnärztliche Berufsethos zu überlagern drohen, wie es sich bei der Bildung von großen arztgruppengleichen Zahnarzt-MVZ abzeichnet. Mit Dumpingpreisen und vielversprechenden Angeboten locken diese Zentren Patienten an. Das führt zu ungleichem Wettbewerb gegenüber Einzelpraxen. Zahnarzt-MVZ siedeln sich nämlich in urbanen und einkommensstarken Gebieten an und verstärken dort die Überversorgung. Das verschärft die Situation in ländlichen und strukturschwachen Gebieten – bis hin zur Unterversorgung. Reine Zahnarzt-MVZ geben zudem immer mehr ein Spielfeld für Fremdkapitalgeber und Finanzinvestoren ab, die primär die Gewinnmaximierung und erst in zweiter Linie das Patientenwohl im Sinn haben. Wir weisen die Politik mit Vehemenz darauf hin, dass dieser Weg ein steuerungspolitischer Irrweg ist: Er führt zur Zerstörung funktionierender Strukturen. 

Um die zahnmedizinische Versorgungweiter zu verbessern, haben wir der Volkskrankheit Parodontitis den Kampf angesagt. Mit dem gemeinsam von KZBV, BZÄK und der DG Paro entwickelten PAR-Konzept ist jetzt ein Versorgungskonzept auf den Weg gebracht, von dem wir überzeugt sind, dass damit die Prävalenz parodontaler Erkrankungen in der Bevölkerung nachhaltig gesenkt werden kann. Dabei geht es um eine neue, zeitgemäße Versorgungsstrecke mit Anreizsystemen für Patienten – und eine Aufklärungskampagne für die Öffentlichkeit. Uns ist klar, dass wir bei der Umsetzung des Konzepts sehr hohe Hürden nehmen müssen. Das geht nur in gemeinsamer Anstrengung von Zahnärzten, Selbstverwaltung, Wissenschaft und Politik.

Um auch den akademischen Nachwuchs auf all diese neuen Herausforderungen vorzubereiten, plädieren wir dringend dafür, die zurückgestellte Novelle der zahnärztlichen Approbationsordnung im Frühjahr wieder auf die politische Tagesordnung zu setzen und im Bundesrat zu beschließen. Die Aufgabenliste im Gesundheitswesen ist groß – wir brauchen deshalb sehr bald klare politische Entscheidungen.

Dr. Peter Engel

Präsident der BZÄK

Dr. Wolfgang EßerVorstandsvorsitzender der KZBV

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