Schleswig-Holstein gründet eine Pflegekammer

Neuer Player in der Selbstverwaltung

Mit der Wahl von Patricia Dube zur neuen Präsidentin ist die Gründung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein und damit einer neuen Institution der Selbstverwaltung perfekt. Schleswig-Holstein ist – neben Rheinland-Pfalz – das zweite Bundesland, wo es eine Pflegekammer gibt. Eine Bundespflegekammer ist in Gründung, auch wenn der Weg noch etwas weiter ist. Die Gründung von Kammern bedeutet für die Pflegeberufe eine Stärkung, die gesundheitspolitisch so gewollt ist.

Jetzt ist es amtlich: Das Land Schleswig-Holstein hat eine Pflegeberufekammer errichtet. Am 21. April tagte die konstituierende Kammerversammlung. Patricia Drube (Altenpflege) ist für fünf Jahre als Präsidentin gewählt, Frank Vilsmeier (Gesundheits-und Krankenpflege) ist Vizepräsident. Die weiteren Vorstandsmitglieder sind Brigitte Kaack (Kinderkrankenpflege), Carola Neugebohren (Krankenpflege), Marco Sander (Altenpflege), Dr. Anke Fesenfeld (Gesunheits-und Krankenpflege) und Frank Bourvé (Gesundheits-und Krankenpflege). 

40 Sitze sind in der Kammerversammlung unter den drei Berufsgruppen Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege verteilt. Die Kammer wird hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und zum Beispiel eigene Regelungen für die unterschiedlichen Pflegefachberufe verfassen. Überraschend niedrig war allerdings die Wahlbeteiligung zur Kammerversammlung. Wie die Ärzte Zeitung (18.4.) berichtete, lag diese bei knapp unter 20 Prozent. Die neue Kammer steht gleichwertig neben den bestehenden Heilberufekammern in Schleswig-Holstein. Zu ihren Aufgaben zählt die Regelung der Berufsordnung, die Verordnung von Weiterbildungen, die Förderung der Qualität in der Versorgung, die Beratung der Politik und die Erhebung einer Pflegeberuf-Statistik. 

Die erste Pflegekammer ist 2016 in Rheinland-Pfalz errichtet worden, Schleswig-Holstein ist das zweite Bundesland. In Niedersachsen wird Mitte 2018 gewählt. Auch in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen gibt es Vorbereitungen für die Etablierung von Pflegekammern (siehe Interview). Eine Bundespflegekammer ist in Gründung. Im vergangenen Sommer hatte der Deutsche Pflegerat zusammen mit der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz die Errichtung einer Gründungskonferenz für eine Bundespflegekammer beschlossen. 

Sonderweg in Bayern

In Bayern wurde jedoch ein anderer Weg gewählt. Auf Betreiben von Gesundheitsministerin Melanie Huml wurde dort eine Vereinigung der Pflegenden gebildet. Die Mitgliedschaft ist freiwillig und beitragsfrei, da sie staatlich finanziert wird. Am 24. Oktober 2017 hat sich zum ersten Mal der Gründungsausschuss der neuen Pflegevereinigung, bestehend aus 25 Mitgliedern, getroffen. Er ist das erste beschließende Organ der durch das Pflegendenvereinigungsgesetz am 1. Mai 2017 gegründeten Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Gründungsausschuss hat einen vorläufigen Vorstand gewählt. Der nächste Schritt wird der Erlass einer Hauptsatzung im ersten Halbjahr 2018 sein. Bis spätestens Herbst 2018 soll der jetzt gewählte Vorstand eine Mitgliederversammlung einberufen oder eine Wahl zur Delegiertenversammlung organisieren.

Der bayerische Weg stößt indes auf scharfe Kritik. So betonte die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz anlässlich des Deutschen Pflegetages, dass die Aufgaben und Strukturen der bayerischen Pflegevereinigung die an sich durch eine Kammergründung beabsichtigte Autonomie, Eigenverantwortung und Selbstverwaltung der Berufsgruppe einschränke. „Die gesetzliche Grundlage der Vereinigung reduziert maßgeblich die Teilhabe- und Mitwirkungsrechte der Pflegeberufe, insbesondere im Hinblick auf die ihnen zustehenden demokratischen Partizipationsrechte an Entscheidungen im Gesundheitswesen, die Auswirkungen auf die Pflege in Deutschland haben“, erklärte die Kammer.

Eine Stärkung im Pflegebereich erfolgt derweil auf Bundesebene. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat am 17. April den langjährigen Präsidenten des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus, zum neuen Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung ernannt. Neben seinem Einsatz für eine Reform der Pflegeausbildung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegenden steht Westerfellhaus für eines: die Errichtung einer starken Berufsvertretung. 

Stärkung auf Bundesebene

Die BZÄK betrachtet diese Entwicklungen mit großem Interesse. Mit der Gründung der Pflegekammern sieht sie eine Chance, dass Kammern ihre Rolle in der Selbstverwaltung noch verstärken können, vor allem im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) (siehe Statement).pr

Interview mit Dr. Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats (DPR)

„Die Bundespflegekammer kommt“


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Dr. Franz Wagner|

Deutscher Pflegerat


Neben der ersten Kammer in Rheinland-Pfalz und der zweiten in Schleswig-Holstein sind in weiteren Ländern Gründungen/Befragungen vorgesehen: Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Baden-Württemberg ... Wie ist da der Stand der Dinge?

Im Jahr 2018 wird es mit Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen drei Bundesländer mit Pflegekammern geben. Befragungen zur Errichtung einer Pflegekammer werden neben Baden-Württemberg unter anderem auch in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen durchgeführt. Bis zum Sommer 2018 soll ein umfassender Entwurf eines Kammergesetzes für die Pflegeberufe in Nordrhein-Westfalen veröffentlicht werden. Danach startet die NRW-Befragung. In Berlin hat eine solche Befragung bereits stattgefunden, doch obwohl sich eine Mehrheit für eine Pflegekammer ausgesprochen hat, wurden die Ergebnisse nicht umgesetzt.

Wie weit ist es mit der Gründung einer Bundespflegekammer?

Die Bundespflegekammer kommt. Die Gründungskonferenz tagt. Der Rahmen und die Struktur der Bundespflegekammer werden konzeptioniert. Hierzu zählt als wesentliches Element die Hauptsatzung als Grundgerüst der Kammer. Die Gründungskonferenz berücksichtigt dabei in ihrer Arbeit zwei Zeithorizonte: kurzfristig die Gründungsphase und mittelfristig einen Zeitpunkt, zu dem in (fast) allen Bundesländern Pflegekammern existieren werden.

Wie ordnen Sie den bayerischen Sonderweg (Pflegevereinigung) ein?

Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern ist ein Etikettenschwindel und wird vom Deutschen Pflegerat strikt abgelehnt. Eine wirkliche Mitbestimmung der professionell Pflegenden ist durch sie nicht möglich. Bedauerlich ist zudem, dass diese Vereinigung den Pflegefachpersonen gegen ihren demokratisch in einer Befragung geäußerten Willen übergestülpt wurde. Die Vereinigung wird auch nicht Mitglied in der Bundespflegekammer werden können.

Welche Impulse erwarten Sie vom neuen Pflegebevollmächtigten des Bundes, Andreas Westerfellhaus?

Es ist eine starke und gute Entscheidung, mit Andreas Westerfellhaus einen Kenner der Belange der professionell Pflegenden als Pflegebevollmächtigten des Bundes einzusetzen. Vielfach wurden in der Vergangenheit in Gesetzgebungsverfahren und in den Institutionen der Pflege und Gesundheit Entscheidungen gegen die professionell Pflegenden getroffen. Das wird sich mit dem neuen Pflegebevollmächtigten ändern. Die professionell Pflegenden und damit die Qualität der pflegerischen Versorgung werden zu einem Kern der Pflegepolitik in dieser Legislaturperiode werden. Da bin ich mir ganz sicher.

Statement Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK:

„Eine Chance und ein ordnungspolitisches Zeichen“


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Prof. Dr. Dietmar Oesterreich |

BZÄK-Axentis.de


„Grundsätzlich ist es ein    deutliches ordnungspolitisches Zeichen, wenn bei so nachhaltigen und langfristigen   gesellschaftlichen Herausforderungen wie der Lösung des zukünftigen, wachsenden Pflegebedarfs Kammern als ein wichtiger Teil des Lösungsansatzes gefordert und gegründet werden. Eine der vielen wichtigen Aufgaben der Kammern ist die Qualitätssicherung. Mit der Gründung der Pflegeberufskammern besteht die Chance, dass bei diesen Fragen die Kammern auch eine andere Rolle in der Selbstverwaltung des G-BA spielen werden.

Neben dieser Stärkung – auch der Rolle und der Bedeutung der anderen Heilberufskammern – gibt es für die Zahnärztekammern mit der Einrichtung der Pflegeberufskammern originäre Partner für die Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen. So ist es möglich, die erfolgreichen Ansätze der Kooperation zwischen den Pflegeberufen und den Zahnärzten, weiter auszubauen und auf eine breitere Basis zu stellen. Damit besteht endlich eine realistische Chance, die Aus- und Fortbildung der Pflegeberufe im Bereich der Mundhygiene zu verbessern und gemeinsam die Qualität in diesem Bereich zu steigern.“

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