Internationales Experten-Consensus-Statement

Lichthärtende Bulkfill-Kompositkunststoffe

Reinhard Hickel
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Nach einem Symposium in der Dalhousie Universität in Halifax im November 2016, das seit 2012 jährlich abgehalten wird und zu dem über 50 Experten aus dem Bereich Adhäsive Zahnmedizin weltweit eingeladen waren, wurde in 2017 ein Consensus-Statement zu lichthärtenden Bulkfill-Kompositen verabschiedet. Hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst für die praktische Umsetzung.





Als lichthärtende Bulkfill-Komposite (BFK) werden die Materialien eingestuft, die nach Herstellerangaben in Schichten von bis zu 4 mm oder 5 mm ausgehärtet werden können. Dies wird in der Regel durch eine höhere Transluzenz der Materialien und durch Änderungen bei den Initiatoren bewirkt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten sind aber erheblich. Die erhöhte Durchhärtung bedeutet aber nicht, dass sehr tiefe Kavitäten in einer Schicht gefüllt und gehärtet werden können.

Bulkfill-Komposite können in zwei Untergruppen unterteilt werden, in die sogenannten fließfähigen (flowable) BFK und die modellierbaren, höher-viskösen BFK. 


Die flowable BFK enthalten in der Regel signifikant weniger Füllkörper und weisen ein niedrigeres E-Modul sowie eine geringere Oberflächenhärte und eine höhere Abrasion auf. Das bedeutet, dass sie mit einer 2-mm-Deckschicht eines normalen Komposits okklusal überdeckt werden müssen.


Ziel der Bulkfill-Technik ist es, Zeit zu sparen und Fehler bei der Inkrementtechnik sowie Einschlüsse von Blasen zwischen den Schichten zu vermeiden.

Viele der nachfolgenden Tipps gelten für alle lichthärtenden Komposite, nicht nur für die BFK. Die benötigte Lichtmenge für eine ausreichende Durchhärtung variiert zwischen den einzelnen Produkten erheblich, dies kann auch bei verschiedenen Farben eines Komposits unterschiedlich sein. Die Herstellerangaben sind deshalb immer genau zu beachten. 

Consensus-Empfehlungen für den klinischen Erfolg 

  • separate Lichthärtung von Adhäsiv und Komposit, vor allem im mesialen und im distalen Kasten

  • besondere Vorsicht bei der Applikation von BFK in die Approximalkästen, um Lufteinschlüsse in den Ecken der Kavität zu vermeiden 

  • Der physikalische Grundsatz der Reziprozität (umgekehrtes Verhältnis) von Lichtintensität und Belichtungszeit gilt nicht für die Komposithärtung: Eine Erhöhung der Lichtintensität zum Beispiel von 1.500 mW/cm² auf 5.000 mW/cm² bedeutet nicht, dass die Lichthärtung von 10 s auf 3 s gesenkt werden kann (obwohl die Energie-Dichte (Lichtintensität x Belichtungszeit) in beiden Fällen mit 15 J/cm² gleich wäre). 

  • Bei den derzeitigen Kompositen sollten Polymerisationsgeräte mit über 2.000 mW/cm² und Belichtungszeiten von unter 10 s mit Zurückhaltung bewertet werden. Aufgrund der erfolgreichen klinischen Erfahrungen mit Belichtungszeiten von 10 s bis 20 s werden Lichtintensitäten von 1.000 bis 1.500 mW/cm² empfohlen.

  • stets die gute anatomische Adaptation der Matrize vor allem am zervikalen Rand des Approximalkastens prüfen.

  • Der Behandler soll die Größe des Lichtaustrittsfensters und die Kavitätengröße beachten. Komposit im äußersten Randbereich oder außerhalb der Lichtquelle wird nicht beziehungsweise nicht ausreichend gehärtet.

  • Wichtig ist, die Lichtquelle direkt über und im rechten Winkel zur Oberfläche der Restauration zu positionieren und auszurichten.

  • Das Kavitätendesign und Metallmatrizen können Abschattungen bei der Belichtung verursachen. Um die beste Lichtausbeute zu erzielen, sollte das Austrittsfenster so anguliert werden, dass Abschattungen nicht oder nur minimal vorhanden sind.

  • Die Belichtungszeit ist zu verlängern, wenn der Abstand zwischen Lichtaustrittsfenster und der Kompositoberfläche erhöht ist.

  • In tiefen Bereichen (meist Approximalkästen) ist der Abstand zur Lichtquelle größer, und weniger Lichtenergie kommt am Komposit an (im Vergleich zu Schichten nahe der Okklusalfläche). Um dies zu kompensieren, sollte die Belichtungszeit erhöht werden.

  • Nach Entfernung der Matrize sollte die Restauration von bukkaler und von lingualer Seite zusätzlich belichtet werden. 

  • Man sollte stets eine ausreichende Dosis an Licht applizieren, um das Komposit erfolgreich durchzuhärten, ohne den Zahn und das umgebende bestrahlte Weichgewebe (Gingiva) durch Überhitzung zu schädigen. Eine gute Absaugung (oder Luftbläser) zur Luftzirkulation um den Zahn gilt als effektive Methode, um den Anstieg der Temperatur in der Pulpa zu reduzieren.

Klinische Ergebnisse:

Klinische Studien zu nur wenigen Produkten (bis zu sechs Jahren) liegen vor und zeigen, dass der klinische Erfolg mit den herkömmlichen Kompositen in Inkrementtechnik vergleichbar ist. Mehr Langzeitstudien sind wünschenswert.

Schlussfolgerungen

: Basierend auf den vorhanden In-vitro- und In-vivo-Daten können die meisten BFK als gleichwertig zu den herkömmlichen Kompositen im kaulasttragenden Seitenzahnbereich eingestuft werden. Jedoch müssen die flowable BFK mit einem konventionellen Komposit oder einem höher viskösen BFK abgedeckt werden. Die Inkrementtechnik (Schichttechnik) bleibt der Goldstandard – bis mehr klinische Langzeitdaten mit fünf Jahren und mehr vorliegen.

(engl. Publikation in CDA essentials 4/2017)

Von den deutschen Universitäten waren Prof. Hickel und Prof. Ilie, LMU München, sowie OA Dr. Blunck, Charité-Universitätsmedizin Berlin, eingeladen.

Prof. Dr. Carlos Soares ist Professor and Chair of Operative Dentistry and Dental Materials Department an der School of Dentistry an der Federal University of Uberlandia-Brazil und Koordinator der Brazilian Agency for Graduate Programs in Dentistry – CAPES. 

Prof. Dr. Nicoleta Ilie ist Leiterin des Werkstoffkundlichen Labors der Universitätszahnklinik der LMU in München.

Prof. Dr. Richard Price ist Leiter des Department of Dental Clinical Sciences, Dalhousie University, Nova Scotia, B3H 4R2

Prof. Dr. Reinhard Hickel ist Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Klinikum der Universität München sowie Dekan der Medizinischen Fakultät.

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Literatur:


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