Risikoklassifizierung zahnärztlicher Instrumente

Was muss steril sein?

Hans Jörg Staehle
,
Seit Jahren gibt Diskussionen über die Notwendigkeit und Art der Reinigung, Desinfektion oder Sterilisation zahnärztlicher Instrumente. Dabei sind die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI), die die Grundlage für die behördliche Überwachung der Aufbereitung von Medizinprodukten in Zahnarztpraxen bilden, keineswegs immer eindeutig. Orientierungshilfen für die tägliche Praxis.

Der häufig praktizierten Verfahrensweise, vorsichtshalber alle zahnärztlichen Instrumente vor der Anwendung am Patienten (unverpackt oder verpackt) zu sterilisieren, stehen die Empfehlungen der KRINKO am RKI gegenüber, die die Notwendigkeit der Sterilisation nur auf jenen Teil des zahnärztlichen Instrumentariums, der invasiv eingesetzt wird, beschränken. Auch im Hygieneleitfaden des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ) wird nur für definierte, invasiv eingesetzte Instrumente eine abschließende Sterilisation verpackter Medizinprodukte vor der Anwendung gefordert. Kompliziert wird die Problematik unter anderem durch die Tatsachen, dass:

  • ... die Frage, welche diagnostischen oder therapeutischen Verfahren der Zahnmedizin als invasiv bezeichnet werden, unklar ist.

  • ... vergleichende klinische Studien zu den infektiösen Komplikationen nach Einsatz steriler oder lediglich desinfizierter Instrumente fehlen.

  • ... zunehmend Werkstoffe (zum Beispiel Zirkonabutments) zum Einsatz kommen, die keine abschließende Dampfsterilisation erlauben.

  • ... das Postulat existiert, dass eine abschließende Dampfsterilisation nur dann erfolgreich möglich sei, wenn vorher eine maschinelle Reinigung, die zuverlässig alle Verschmutzungen beseitigt, stattgefunden hat.

Folgend soll deshalb die Sinnhaftigkeit einer Sterilisation zahnärztlicher Instrumente unter Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen diskutiert werden.

Aus der Sicht von KRINKO und BfArM

Der Stand der Wissenschaft auf dem Gebiet der Infektionsprävention wird gemäß Paragraf 23 des Infektionsschutzgesetzes [Infektionsschutzgesetz, 2017] durch die Empfehlungen der KRINKO [KRINKO, 2012] zu den „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ (2012) repräsentiert. Auf dieser Basis kontrollieren Überwachungsbehörden in den Bundesländern die Aufbereitung von Medizinprodukten in Zahnarztpraxen.
Die dort angegebene Risikoklassifizierung in unkritische, semikritische und kritische Medizinprodukte beruht prinzipiell auf Kriterien von E. H. Spaulding [Spaulding, 1960], welche nach fast 60 Jahren und der Weiterentwicklung des (zahn)medizinischen Instrumentariums heute zwangsläufig eine gewisse Unschärfe haben müssen. In den Empfehlungen der KRINKO werden unkritische Instrumente (Hautkontakt) von semikritischen (Kontakt mit Schleimhaut oder erkrankter Haut) und kritischen Instrumenten unterschieden (Tabelle 1). 


Kritische Instrumente sind als solche definiert, „…die

bestimmungsgemäß

die Haut oder Schleimhaut durchdringen

und

dabei in Kontakt mit Blut […] kommen“ (Hervorhebungen durch die Verfasser). Mitunter wird die Meinung vertreten, dass Instrumente, die mit Blut in Kontakt gekommen sind, zwingend sterilisiert werden müssen. Demgegenüber ist es den Empfehlungen der KRINKO zufolge nicht allein die Kontamination mit Blut, sondern der Verwendungszweck, nämlich die Haut oder Schleimhaut zu durchdringen oder mit Wunden in Berührung zu kommen, aus dem die Notwendigkeit einer Sterilisation resultiert. Dieser Meinung schließt sich auch der DAHZ in seinem Hygieneleitfaden an.
Allerdings ist der Begriff „bestimmungsgemäß“ nicht exakt definiert. Wenn es zwar nicht der eigentliche Verwendungszweck des Instruments ist, man aber in der Praxis nur unter Durchdringung beziehungsweise Verletzung der Schleimhaut den Verwendungszweck eines Instruments erfüllen kann, darf dies nicht außer Acht gelassen werden. So führen zahlreiche zahnärztliche Instrumente regelmäßig und vielfach unvermeidbar zu Gewebeverletzungen oder berühren Wunden, ohne dass das der eigentliche Bestimmungszweck ist (zum Beispiel Airscaler bei subgingivalem Scaling oder subgingivaler Kürettage oder Zangen und Hebel bei der Zahnextraktion). Die KRINKO fordert: „Bei Zweifeln an der Einstufung ist das Medizinprodukt der höheren (kritischeren) Risikostufe zuzuordnen“ [KRINKO, 2012].
Unabhängig von der Frage, wie man den Begriff „bestimmungsgemäß“ definiert, gilt aber die Rechtsgrundlage der KRINKO-Empfehlung: Für semikritische Instrumente ist eine Sterilisationsmaßnahme nach Desinfektion optional.

Nach den in Deutschland als Stand der Wissenschaft geltenden Empfehlungen der KRINKO ist nur für zahnärztliche Instrumente, die bestimmungsgemäß die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut kommen, eine Sterilisation zwingend erforderlich (kritische Instrumente). Dies kann behördlich eingefordert werden. 

Hat der Zahnarzt bei definierten Instrumenten aus seiner praktischen Erfahrung Zweifel an dieser formellen Einstufung, sollten semikritische Instrumente abschließend (unverpackt oder verpackt) dampfsterilisiert werden. Die Instrumente werden damit nicht zwangsläufig als kritische Instrumente klassifiziert.


Für eine Infektion ist es aber letztlich unerheblich, ob sie durch ein Instrument mit bestimmungsgemäßem oder nicht-bestimmungsgemäßem Einsatz hervorgerufen wurde. Gleichwohl ist durch die KRINKO diese Zweckbestimmung auch für andere Fachgebiete der Medizin gewählt worden. So werden beispielsweise flexible Endoskope wie Gastroskope oder Koloskope musterhaft als Instrumente der Risikoklassifizierung „semikritisch B“ aufgeführt, obwohl zahlreiche Untersuchungen mit diesen Instrumenten okkult oder sichtbar blutig verlaufen. Eine ähnliche Risikobewertung bezüglich der mikrobiologischen Anforderungen wird im europäischen Arzneibuch [Pharmacopoea Europaea, 2014] auch für Mundspüllösungen vorgenommen (Tabelle 2). Eine Sterilität wird von Mundspüllösungen nicht gefordert. Es besteht lediglich die Forderung nach definierten Grenzkeimzahlen und Abwesenheit definierter Indikatorkeime, obwohl Mundspüllösungen mit Sicherheit auch Schleimhautverletzungen benetzen.


Aus mikrobiologischer Sicht

In der Zahnmedizin ist die Vermeidung einer Kreuzinfektion durch Viren (wie Hepatitis B, HIV) besonders wichtig. Infektionen durch Sporen spielen demgegenüber praktisch keine Rolle. Dennoch wird als qualitativer Unterschied zwischen den in der Zahnarztpraxis üblichen Desinfektions- und Sterilisationsverfahren von Mikrobiologen die Sporizidie der Sterilisationsverfahren herangezogen. Endosporen werden von Bakterien der Gattungen Bacillus und Clostridium gebildet und durch Desinfektionsverfahren in der Regel nicht ausreichend abgetötet. Die überwiegende Anzahl der Bazillen ist apathogen. Infektionen durch Bacillus cereus, einem ubiquitär in der Umwelt vorkommenden aeroben Bakterium, sind in der Zahnmedizin nicht bekannt. Infektionen durch Clostridium perfringens (Gasbrand) und Clostridium tetani (Tetanus) sind theoretisch möglich, aber bisher extrem selten und dann auch nicht zweifelsfrei beschrieben worden. Clostridien wachsen nur anaerob und wären daher nur dann von klinischer Bedeutung, wenn zum einen ein speicheldichter Wundverschluss durchgeführt wird und zum zweiten die Durchblutung des betreffenden Gewebes nicht gewährleistet ist. 

In der RKI-Empfehlung zur Hygiene in der Zahnmedizin ist Folgendes vermerkt: „Besondere hygienische Anforderungen sind bei zahnärztlich-chirurgischen/oralchirurgischen Eingriffen mit nachfolgendem speicheldichten Wundverschluss (zum Beispiel bei Implantationen, Transplantationen von autologem Knochen- oder Bindegewebe, Sinus-Lift-Operationen, Wurzelspitzenresektionen) und in der Regel bei allen zahnärztlich-chirurgischen/oralchirurgischen Eingriffen bei Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko einzuhalten“ [KRINKO, 2006]. Was die KRINKO unter „besonderen hygienischen Anforderungen“ genau versteht, geht aus ihren Mitteilungen allerdings nicht hervor. Sobald es um die konkrete Kategorisierung (in unkritisch, semikritisch, kritisch) geht, bezieht sie sich in ihren Empfehlungen nicht mehr auf das Kriterium „speicheldichter Verschluss“ sondern nur noch auf das Kriterium „Durchdringen der Schleimhaut“. 


Probleme beim Gebrauch des Kriteriums „speicheldichter Wundverschluss“ wurden in der Literatur diskutiert [Staehle, 2017]. Würde man es prioritär zugrunde legen, würde dies in der Tat bedeuten, dass nur in Fällen einer Naht (oder Ähnlichem) mit kritisch eingestuftem Instrumentarium gearbeitet werden muss. Bei anderen chirurgischen Interventionen (auch wenn es sich um umfangreiche Eingriffe handelt) könnten hingegen semikritisch zugeordnete Instrumente verwendet werden.
Folgerichtig müsste, wenn es während eines zahnärztlichen Eingriffs zu Änderungen des geplanten Vorgehens kommt (etwa wenn mit semikritisch eingestuftem Instrumentarium begonnen wurde, sich aber während des chirurgischen Eingriffs herausstellt, dass doch genäht werden muss), ein Wechsel des gesamten semikritischen Instrumentariums zu sterilem (kritischem) Instrumentarium erfolgen. Es ist zudem nicht immer abschätzbar, ob ein Mukosa- oder Mukoperiostlappen mittels Naht so fixiert wurde, dass eine primäre Speichelundurchlässigkeit besteht oder nicht. Die Vorausplanung kann bei besonderen Zahnstellungen oder -formen (zum Beispiel Konkavitäten) zu beträchtlichen Herausforderungen führen, ganz abgesehen von der vorab nicht immer klar abzuschätzenden Patientencompliance. Auch im Fall der Drainage einer mittels Naht fixierten Wunde wäre das Kriterium der Speicheldichtigkeit zu hinterfragen.

Manuell aufbereitete semikritische Instrumente


Desinfektionsverfahren (chemische oder thermische Desinfektion im Thermodesinfektor oder unverpackte Behandlung im Autoklaven) versetzen Instrumente unter optimalen Bedingungen (das heißt bei zuverlässiger Vorreinigung und korrektem Vorgehen mit sicherer Verhinderung von Spülschatten usw.) in einen derart keimarmen Zustand, dass sie bei der weiteren Verwendung nicht mehr infizieren können.


Durch die Behandlung mit Reinigungslösung im Thermodesinfektor (RDG) werden mindestens 4 log-Stufen (99,99 Prozent) anhaftender Erreger mechanisch entfernt (abgespült). Hinzu kommt bei vegetativen Bakterien und Pilzen (bei Hepatitisviren sind derartige Untersuchungen bisher nicht bekannt) eine thermische Desinfektionswirkung (≥ 90°C, 5 Minuten) von etwa 100 log-Stufen. Hierdurch geht man davon aus, dass sogenannte Kreuzinfektionen (auch Hepatitisinfektionen) sicher auszuschließen sind. Bei chemischen Desinfektionsverfahren (Tauchdesinfektion) werden vegetative Bakterien und Viren um mindestens 4 bis 5 log-Stufen (99,99 bis 99,999 Prozent) reduziert. Da die manuelle Reinigung von Instrumenten in viel kürzerer Zeit als die maschinelle Reinigung durchgeführt wird – es reinigt und spült kaum jemand 20 Minuten an einem einzigen Instrument –, werden hier in der Regel lediglich 2 log-Stufen mechanisch entfernt.
Insgesamt resultiert aus der manuellen Aufbereitung also eine Keimzahlreduktion von 6 bis 8 log-Stufen. Da bei einem Patienten mit akuter Hepatitis B eine Virämie von ca. 1010 pro Milliliter auftreten kann, sollten manuell aufbereitete semikritische Medizinprodukte nach den Empfehlungen des DAHZ [DAHZ, 2018] zusätzlich abschließend unverpackt im Dampfsterilisator behandelt (desinfiziert) werden. Diese Forderung wird durch die Tatsache erhärtet, dass ungenügend gereinigte Instrumente durch chemische Verfahren nicht ausreichend desinfiziert werden [Spicher & Peters, 1991; Chaufour et al., 1999]. Hier wurde im Tierversuch eine Übertragung von HBV nachgewiesen. Dampfsterilisationsverfahren werden dagegen durch Restverschmutzungen nicht wesentlich beeinflusst [9]. Ein Abwischen von Instrumenten mit Reinigungs- oder Desinfektionsmitteln stellt keine wirksame und reproduzierbare Aufbereitungsmethode von Instrumentarium dar. Jeder praktizierende Zahnarzt kennt das Problem von Instrumentenverunreinigungen, die sich durch Abwischen (zum Beispiel mit einem Zellstofftupfer) nicht befriedigend entfernen lassen, auch bei sorgfältiger Prüfung zuweilen initial kaum sichtbar sind und deshalb erst nach Behandlung im RDG und/oder Dampfsterilisator detektiert werden können.
Die Validierung von maschinellen und manuellen Reinigungs- und Desinfektionsverfahren und eine korrekte Beladung der Geräte sind unbedingte Voraussetzungen für eine wirksame Aufbereitung. Bei der Beladung des Reinigungs- und Desinfektionsgeräts ist durch geeignete Einsätze und sachgerechte Lagerung der Instrumente darauf zu achten, dass keine Spülschatten entstehen [Jatzwauk, 2017; Ebner et al., 2000]. Vor diesem Hintergrund verständlich erscheint die Forderung des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) beziehungsweise des National Center for Chronic Disease Prevention and Health Promotion: „Critical items, such as surgical instruments and periodontal scalers, are those used to penetrate soft tissue or bone. They have the greatest risk of transmitting infection and should always be sterilized using heat” [CDC, 2016].


Aus klinischer Sicht


Systematische klinische Studien zur Häufigkeit von infektiösen Komplikationen nach konservierenden, prothetischen oder oralchirurgischen Interventionen, die mit sterilen versus desinfizierten Instrumenten ausgeführt wurden, gibt es nicht. Bei verschiedenen konservierend- und prothetisch-restaurativen Interventionen wird seit Jahrzehnten mitunter mit lediglich desinfizierten Instrumenten gearbeitet. Bei parodontologischen, zahnärztlich-chirurgischen und endodontologischen Eingriffen kommen demgegenüber traditionell sterilisierte Instrumente (allerdings nicht immer steril verpackt) zum Einsatz. Dies mag die historisch gewachsene Differenzierung in konservierend- beziehungsweise prothetisch-restauratives und oralchirurgisches Instrumentarium begründen.
In einer Arbeit von Brewer aus dem Jahr 2016 wurden auch bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen keine Unterschiede in der Rate der Wundinfektionen gefunden, wenn mit unsterilen Handschuhen und damit möglicherweise mit durch diese kontaminierten Instrumenten gearbeitet wurde [Brewer et al., 2016; Tzscheutschler, 2007]. Neben den zahnärztlichen Instrumenten müssen in der Tat auch andere bei der Behandlung verwendete Medizinprodukte und äußere Gegebenheiten (siehe unten) berücksichtigt werden. Hinzu kommen patientenbezogene Variablen.

Wie oben ausgeführt, ist es für die Ätiologie einer Wundinfektion unerheblich, auf welchem Infektionsweg pathogene Erreger in die Wunde eingetragen werden. Der Zustand des Gewebes vor und während der Behandlung, die Infektabwehr des Patienten sowie die Virulenz und Anzahl der Erreger sind für das Zustandekommen einer Wundinfektion von Bedeutung. Nach den Regeln der formalen Logik ergeben – vordergründig betrachtet – sterile Instrumente nur dann einen Sinn, wenn auch ansonsten konsequent auf Sterilität geachtet wird. Dazu gehören beispielsweise sterile Handschuhe und sterile Kühl- und Spüllösungen. All dies ist im Rahmen konservierender, prothetischer, kieferorthopädischer und teilweise auch oralchirurgischer Behandlungen traditionell nicht der Fall. Auch steriles Füllungsmaterial, etwa bei endodontologischen Behandlungen, ist nicht üblich. Andererseits erscheint es bezüglich des Infektionsrisikos auch nicht unlogisch, zwischen Substanzen und Medizinprodukten, die an verschiedenen Patienten zum Einsatz kommen, und solchen, die als Einmalprodukte fungieren, zu differenzieren. 


Unter Berücksichtigung diverser Aspekte wurden durch den DAHZ Empfehlungen zur Risikoklassifikation von Instrumenten bei zahnärztlichen Behandlungen vorgeschlagen (Tabelle 3), die zwar nicht durchgehend evidenzbasiert sind, sich aber an den langjährigen Erfahrungen zahnärztlicher Kollegen orientieren („bewährte zahnärztliche Praxis“).


Legende zur Tabelle 3

Legende zur Tabelle 3

*Bei zahnärztlichen Behandlungen von Patienten ohne zusätzliche Risikofaktoren ist es bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen, welche Spezies (Bakterien bzw. Pilze) in welcher Konzentration im Wasser von Behandlungseinheiten zum Auftreten von nosokomialen Infektionen nach der Behandlung führen können; entsprechende Studien und Fallberichte fehlen nahezu vollständig. Man geht daher in Deutschland davon aus, dass die Anzahl von Bakterien im Wasser der Behandlungseinheit nicht höher sein sollte als im Trinkwasser, für das die Trinkwasserverordnung gilt, die eine Koloniezahl von max. 100 KBE/ml fordert. In den USA definierten die Centers for Disease Control (CDC) 2003 in Anlehnung an die Gesetzgebung für Trinkwasser eine Koloniezahl von maximal 500 KBE/ml für das Wasser zahnärztlicher Behandlungseinheiten bei nicht-chirurgischen Eingriffen. (zitiert nach AWMF-Leitlinie „Hygienische Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ – Rg.Nr. 075–002)


** Da bisher bei endodontischen Behandlungen durchgehend sterile Kautelen nicht möglich sind (z.B. Spüllösungen, Wurzelfüllungsmaterialien) ist die Notwendigkeit für den Einsatz sterilen Instrumentariums für jeden Teilschritt als wissenschaftlich ungeklärte Frage anzusehen und liegt daher im Ermessen des Behandlers

Die oben angesprochenen Probleme bei der Zuordnung zu den Kategorien semikritisch und kritisch lassen sich auch in der Tabelle ablesen. In solchen Fällen wird dann als Differenzierungskriterium in der Regel der vorhandene oder fehlende „speicheldichte Verschluss“ herangezogen. Diese Vorgehensweise lässt sich, wie oben begründet, allerdings bislang nicht ganz widerspruchsfrei begründen und bedingt eine patientenbezogene zahnärztliche Risikoanalyse.

Zusammenfassung

Die Notwendigkeit des Einsatzes von sterilen zahnärztlichen Instrumenten ist nach dem Stand von Wissenschaft und Technik (nach den Empfehlungen der KRINKO) gegeben, wenn diese die Schleimhaut bestimmungsgemäß verletzen oder Wunden zweckbestimmt berühren. Ein weiteres, allerdings nicht unumstrittenes Differenzierungskriterium ist die Frage, ob anschließend ein speicheldichter Wundverschluss gewährleistet werden kann. Werden Instrumente als „kritisch“ klassifiziert, müssen sie gereinigt, desinfiziert, verpackt, sterilisiert und bis zum Einsatz vor Rekontamination geschützt gelagert werden. Bei den übrigen („semikritischen“) Instrumenten genügt eine maschinelle Reinigung und thermische Desinfektion in validierten Aufbereitungsverfahren. Manuell aufbereitete semikritische Medizinprodukte müssen nach der Reinigung und chemischen Desinfektion abschließend unverpackt im Dampfsterilisator behandelt (desinfiziert) werden. So kann bei beiden Verfahren der Patientenschutz gewährleistet sein.

Hat der Zahnarzt bei definierten Instrumenten aus seiner praktischen Erfahrung Zweifel an dieser formellen Einstufung, sollten semikritische Instrumente abschließend (unverpackt oder verpackt) dampfsterilisiert werden. Die Instrumente werden damit nicht zwangsläufig als kritische Instrumente klassifiziert.

Sind bei bestimmten Patienten hinreichend abschätz- und definierbar lokale oder systemische Risikofaktoren vorhanden, die beispielsweise eine verzögerte Wundheilung (vor allem ungenügende Durchblutung) vermuten lassen, kann im Einzelfall ein Abweichen von dieser allgemeinen Vorgehensweise und der Einsatz steriler Medizinprodukte (dann gegebenenfalls auch unter weiteren sterilen Kautelen) erforderlich sein.

Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz JatzwaukUniversitätsklinikum Carl Gustav CarusLeiter des Zentralbereiches Krankenhaushygiene/ UmweltschutzFetscherstr. 7401307 Dresden

Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Hans Jörg StaehleUniversitätsklinikum HeidelbergÄrztlicher Direktor der Poliklinik für ZahnerhaltungskundeIm Neuenheimer Feld 40069120 Heidelberg

Literaturliste:

1.

Anonymus. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2615) geändert worden ist.

2.

Anonymus. Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut und des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte. Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Bundesgesundheitsbl 2012, 55:1244- 1310.

3.

Spaulding EH. Role of disinfection procedures in control of hospital staphylococcal infections. J Albert Einstein Med Cent (Phila). 1960 Apr; 8:113-21.

4.

Anonymus. Pharmacopoea Europaea . 2014 (9. Ausgabe), 5.1.4. Microbiological quality of non-sterile pharmaceutical preparations and substances for pharmaceutical use.

5.

Anonymus. Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut. Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene. Bundesgesundheitsbl 2006, 49:375- 394.

6.

Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (Hrsg.):  Hygieneleitfaden, 12. Ausgabe 2018. dahz.org/hygieneleitfaden

7.

Spicher G., Peters, J. Mikrobizide Wirksamkeit von Desinfektionslösungen auf Staphylokoken in geronnenem Blut. Zbl.Hyg 191 (1991) 457-477.

8.

Chaufour X, Deva AK, Vickery K, Zou J, Kumaradeva P, White GH, Cossart YE. J Vasc Surg. 1999 Aug;30(2):277-82.

9.

Evaluation of disinfection and sterilization of reusable angioscopes with the duck hepatitis B model.

10.

Tzscheutschler C.   Experimentelle Untersuchungen zur Auswirkung des Verschmutzungsgrades von medizinischen Instrumenten auf deren Sterilisation. Inauguraldissertation. Technische Universität Dresden (2007).

11.

Brewer JD, Gonzalez AB, Baum CL, Arpey CJ, Roenigk RK, Otley CC, Chauffour E. Comparison of Sterile vs Nonsterile Gloves in Cutaneous Surgery and Common Outpatient Dental Procedures: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Dermatol. 2016 Sep 1;152 (9):1008-14.

12.

Staehle HJ. Die Aufbereitung zahnärztlicher Instrumente. Eine Geschichte von Ungereimtheiten und Widersprüchen. zm online 2017; 7:76-87.

13.

Jatzwauk L: Instrumentenaufbereitung. Zahnmedizin up2date 2017; 11 (5): 475-488.

14.

Ebner W, Eitel A, Daschner FD. Can household dishwashers be used to disinfect medical equipment? Journal of Hospital Infection. 2000; 45-155-159.

15.

Centers for Disease Control and Prevention. Summary of Infection Prevention Practices in Dental Settings: Basic Expectations for Safe Care. Atlanta, GA: Centers for Disease Control and Prevention, US Dept of Health and Human Services; October 2016, Page 12.

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