Editorial

Gesetze wie am Fleißband

Uwe Axel Richter

Es ist zwar schon eine Weile her, aber erinnern Sie sich noch an die ziemlich geniale Werbung für Duracell-Batterien? Insbesondere die Trommler-Häschen* fand ich sehr überzeugend und einprägsam. Häschen um Häschen blieb beim Dauertrommeln wortwörtlich der „Saft“ weg und zum Schluss trommelte nur noch eines – eben das Duracell-Häschen. Solcherart Werbespots sind natürlich keine Parabel für die Politik... Obwohl die letzte Septemberwoche für die Gesundheitspolitik durchaus Parallelen zeigte, denn die Gesetzesinitiativen kamen Schlag auf Schlag: GEK-Versichertenentlastungsgesetz, kurz GEK-VEG, das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) und last, but not least das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) starteten in die parlamentarischen Beratungen. „Leider“ sind auch diese Gesetzte ganz in der Tradition der letzten Jahrzehnte – kaum Wohltaten, dafür umso mehr Zumutungen, insbesondere im TSVG für die Ärzte. Ein kurzer Abriss der wohlbenahmten Gesetzesinitiativen und deren verschleiernder Akronyme. 

Das GEK-VEG soll im Geiste der Solidarität und Gerechtigkeit, so schalmeite es jedenfalls aus der Politik, die Parität in der Finanzierung des Krankenkassenbeitrages zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wiederherstellen. Vorbei also die politische Arie der letzten Legislatur um die Zusatzbeiträge, die aufgrund des damals unbedingt und überhaupt zu deckelnden Arbeitgeberbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung unvermeidbar schienen. Deshalb sei an dieser Stelle dezent daran erinnert, was eine Arie ist: Laut Wikipedia „vermittelt eine Arie die Gefühle und Stimmungen, den sogenannten Affekt, eines bestimmten Moments, d. h. im Normalfall findet keine Handlung statt“. Eine aus meiner Sicht durchaus gerechtfertigte Umschreibung derzeitiger Politik. Im Ergebnis wird jedenfalls mit Verabschiedung des Gesetzes beim Krankenkassenbeitrag wieder halbe-halbe gemacht. 

Das PpSG ist zwar für zuvorderst für die Krankenhäuser gedacht, aber eben nicht gemacht. Denn die Folgen werden sämtliche Pflegebereiche außerhalb der Kliniken ausbaden müssen. Wo kann man denn bei leerem Arbeitsmarkt all die zusätzlichen „Pflege“-kräfte, die das Krankenhauspflegepersonal entlasten sollen, nur finden? In den Alten- und Pflegeheimen und den ambulanten Pflegediensten. Die negativen Folgen für die Betreuung Millionen alter und pflegebedürftiger Menschen können politisch durchaus zum Bumerang werden. Was das für die Zahnärzte im Zuge der zahnmedizinischen Betreuung in der Pflege und die von Ihnen sensibilisierten und angelernten Mitarbeiter bedeuten kann, überlasse ich Ihrer Fantasie. 

Und das TSVG? Da steht Jens Spahn ganz in der Tradition seines Vorgängers Hermann Gröhe und dessen zynischem Selbstverwaltungsstärkungsgesetz. Auch dieses Gesetz enthält erneut eine Fülle von Regelungen, die erheblich in die Selbstverwaltung und in die Freiberuflichkeit, dieses Mal vor allem der Ärzteschaft, eingreifen. Die KBV-Spitze samt Vertreterversammlung wertet das TSVG mit seinen kleinteiligen Vorgaben als (weiteren) Angriff auf den freien Arztberuf. Offene Sprechstunden klingen gut. Schön, wenn damit Zusatzhonorar generiert werden kann. Aber wie will eine Körperschaft eigentlich eine offene(!) Sprechstunde sinnhaft kontrollieren? Die bürokratischen Entlastungen, die der Normenkontrollrat vor nicht allzu langer Zeit ermittelt hatte, sind somit längst wieder durch neue Vorgaben ersetzt worden. Schlimmer noch, die bürokratischen Belastungen sind weiter gestiegen und der Umbau der Selbstverwaltungen zu Behörden geht munter weiter. Mit der besonderen Perfidie, dass die Geschurigelten das Ganze aus eigener Tasche zahlen dürfen. Und die Zahnmedizin? Hier gibt es Positives zu vermelden: KFO-Regelung, Absenkung der Zuzahlung und Abschaffung der Degression. Leider aber auch Negatives, denn die verfasste Zahnärzteschaft hatte massiv darauf gedrungen, angesichts der zunehmenden Investoren- und Fremdkapitalaktivitäten die 2015 ins SGB V geschriebene Regelung zu arztgruppengleichen MVZ wieder rückgängig zu machen. Kurz: kein Rendite getriebenes Fremdkapital, dafür freier Beruf. Eine Sicht, zu der sich das BMG zum Start der parlamentarischen Verhandlungen noch nicht durchringen konnte. Bleibt die Frage, ob im laufenden parlamentarischen Prozess noch Änderungen möglich werden. Wie lautete eigentlich der damalige Werbespruch? Duracell hält entscheidend länger. 

*https://www.youtube.com/watch?v=KGR0BriodkM**Der Schreibfehler in der Überschrift ist vom Verfasser beabsichtigt.

Dr. Uwe Axel RichterChefredakteur

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