1st Women Dentists‘ Leadership Conference in Berlin

Frauen, zeigt euch!

In politischen Ämtern, in den oberen Etagen der Universitätskliniken und in den Verbänden dominieren – national wie international – die Männer. Auch, weil es oft an weiblichen Vorbildern fehlt. Um über Chancen und Hindernisse in Beruf und Politik zu diskutieren, kamen zur „1st Women Dentists‘ Leadership Conference“ erstmals Zahnärztinnen aus aller Welt am 11. Januar in Berlin zusammen.

„In den vielen Jahren, in denen ich politisch tätig bin, ist mir immer klarer geworden, dass man erstens ohne ein Netzwerk nicht viel erreichen kann und dass zweitens Frauen einfach anders netzwerken als Männer“, berichtet Dr. Juliane von Hoyningen-Huene, Initiatorin der ersten Konferenz für weibliche Führungskräfte in der Zahnmedizin. „Es gibt viele tolle Frauen, die in der Wissenschaft oder in der Standespolitik erfolgreich sind, denen aber die Zeit oder die Motivation fehlt, sich zu vernetzen. Mein Ziel ist es daher, Vorbilder aufzuzeigen, mit denen sich junge Kolleginnen identifizieren können und denen sie nacheifern wollen.“

„Eine uninspirierte Politik schlägt uns die Errichtung von Frauenquoten vor, meiner Meinung nach bietet jedoch professionelles Networking mehr Freiheit und liefert bessere Ergebnisse. Dieser Weg mag zwar etwas länger und steiniger sein, führt aber letztlich zu einem natürlichen sozialen Gleichgewicht in den Führungsetagen“, meinte Vesna Barac Furtinger, Vizepräsidentin des Verbands „Frauen in der Zahnmedizin in Kroatien“ und FDI-Präsidentin für die Sektion „Women Dentists Worldwide“.

„Wir Zahnärztinnen haben sowohl einen zahnmedizinischen als auch einen familiären Betreuungsauftrag – das macht es oft nicht leicht, einen Karriereweg zu gehen, der allen Gegebenheiten gerecht wird“, stellte Prof. Devorah Schwartz-Arad aus Tel-Aviv, Israel, fest. Sie musste sich in der männerdominierten Welt der Chirurgie behaupten. Heute gilt Schwartz-Arad national und international als Koryphäe.

„Von den insgesamt 25.000 Chirurgen in Indien sind 24.300 männlich und nur 700 weiblich“, erzählte Dr. Ashwini Bhalerao aus Mumbai, Indien. Sie selbst habe bereits mit zwölf Jahren beschlossen, Chirurgin zu werden und sei seitdem ihren Weg „konsequent gegangen“. 2013 wurde Bhalerao mit der nationalen Auszeichnung „Oralchirurgin des Jahres“ geehrt.

Die Herausforderungen, die in der nächsten Zeit auf die Standespolitik zukommen, seien groß, sagte Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer. Deswegen setze er sich für Frauen und generell für den Nachwuchs in der Standespolitik ein, denn: „Wir benötigen eine stärkere personelle Repräsentanz in den Gremien und inhaltlich eine stärkere Beachtung Ihrer Bedürfnisse!“

FDI-Präsidentin Kathryn Kell ermutigte ebenfalls alle Frauen, sich in den Strukturen der Standesorganisationen zu engagieren. Kell war mehr als 40 Jahre lang als Zahnärztin tätig und hatte in den vergangenen 20 Jahren mehrere führende Funktionen in der FDI inne. Sie war außerdem Präsidentin der Dentalvereinigung Iowa, USA.

Insgesamt 14 Referentinnen aus zehn verschiedenen Ländern trafen sich deshalb am 11. Januar in Berlin – darunter Chirurginnen aus Israel, Portugal und Indien. Sie alle erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen auf ihrem jeweiligen Karriereweg.

„Women Dentists Worldwide“

2002 wurde die FDI-Sektion „Women Dentists Worldwide“ gegründet – mit dem Ziel, relevante Informationen und Daten zu sammeln, darzustellen und Konzepte zu erarbeiten, um die Gleichstellung der Geschlechter im Beruf zu erreichen. Bis heute liegen jedoch kaum Daten vor. 

Vor sechs Jahren definierte der Vorstand dann das neue Hauptziel, das Netzwerk zu verbessern und Zahnärztinnen auf der ganzen Welt zusammenzubringen. Seitdem findet einmal jährlich ein Kongress der Women Dentists Worldwide statt.

Auch Dr. Michèle Aerden aus Belgien, erste Präsidentin der World Dental Federation (FDI), reiste zur Konferenz. Ihre Lebensgeschichte – von der Inhaberin eines HauteCouture-Labels zur erfolgreichen Standespolitikerin – schilderte die 72-Jährige selbstbewusst: Aerden absolvierte erst mit Anfang 30 ihr Zahnmedizinstudium an der Université Libre de Bruxelles. Zuvor war sie in der Modebranche tätig. Von 2005 bis 2007 war sie die erste weibliche Präsidentin der FDI. Sie ist außerdem Gründerin von „Women Dentists Worldwide“ und war bis 2005 deren Präsidentin. „Meine Botschaft an Sie alle“, rief Aerden den Teilnehmerinnen zu: „Erstens: Frauen haben die Fähigkeit zur Führung. Punkt. Zweitens: Karrierewechsel sind möglich. Punkt. Und drittens: Nur in Führungsposition kannst Du wirklich nachhaltige Veränderungen vornehmen.“

Zahnärztinnen in der Standespolitik

Frauen sind in den Organen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen unterrepräsentiert. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus Februar 2018 hervor. 

Das gilt auch für die zahnärztliche Standespolitik: So liegt der prozentuale Frauenanteil in den Vorständen der Landeszahnärztekammern unter 30 Prozent. Der absolute und der prozentuale Frauenanteil im Vorstand der Bundeszahnärztekammer liegen bei null. Gleiches gilt für die erste Führungsebene unter dem Vorstand (Hauptgeschäftsführer und sellvertretender Geschäftsführer).

 14 von insgesamt 17 Kassenzahnärztlichen Vereinigungen haben keine Frauen in ihrem Vorstand. Ähnliches gilt für die Vertreterversammlungen der KZVen: Auch hier liegt der prozentuale Frauenanteil unter 30 Prozent. Der absolute und der prozentuale Frauenanteil im Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung liegen ebenfalls bei null.

Es sei höchste Zeit, dass sich endlich etwas ändert, betonte auch von Hoyningen-Huene. „Die Hälfte aller Zahnmediziner in Deutschland ist weiblich, aber nur etwas mehr als zehn Prozent aller Vorstände der Zahnärztekammern sind mit Frauen besetzt. Das geht so nicht.“ Als deutlichen Affront fasste sie die abgewiesenen Anträge zur Frauenförderung der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) auf. Im November 2018 war der Antrag ‚Der Anteil weiblicher Mitglieder in der Bundesversammlung soll perspektivisch erhöht werden‘ nur von zehn Delegierten angenommen worden. 18 von insgesamt 153 Delegierten hatten sogar dagegen gestimmt. „Der Begriff ‚Frauenförderung‘ hat einen komischen Beigeschmack, und ich würde mir wünschen, dass wir ‚Frauenförderung‘ gar nicht bräuchten“, sagte von Hoyningen-Huene. Jedoch seien Zahnärztinnen in der Standespolitik die Ausnahme. „Ich wurde gefördert und man hat an mich geglaubt. Das haben andere Frauen auch verdient.“

Kommentar von ZÄ Rebecca Otto

„Nächstes Mal erobern wir die Hauptbühne!“

„Kolleginnen aus der ganzen Welt haben sich lebhaft ausgetauscht. Standespolitikerinnen, Referentinnen, engagierte Zahnärztinnen. Das war für mich eine der Essenzen der 1st Women Dentists Leadership Conference. Besonders beeindruckt hat mich der Vortrag der ehemaligen FDI-Präsidentin Dr. Michèle Aerden. Ihr Vortrag hat Aufbruchstimmung verströmt. Wir wollen die Interessen der Frauen in unserer Branche klug, ausdauernd und raffiniert verfolgen.

Unser Konferenzsaal war nach dem Mittagessen bis auf den letzten Platz besetzt. Mein Ziel für die nächste Konferenz ist klar: Wir werden Teil des Hauptprogramms – auf der großen Bühne.“

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