Leitartikel

Die Rahmenbedingungen aktiv gestalten

Heftarchiv Meinung
Wolfgang Eßer

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ab sofort können niedergelassene Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte in Einzelpraxen oder Berufsausübungsgemeinschaften drei – beziehungsweise mit Begründung auch vier – angestellte Zahnärzte in Vollzeit oder entsprechend mehr in Teilzeit beschäftigen. Nachdem die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung im November vergangenen Jahres dem Vorschlag des Vorstands mit großer Mehrheit gefolgt war, haben wir uns in ebenso intensiven wie erfolgreichen Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband als Bundesmantelvertragspartner auf diese Änderung des Bundesmantelvertrag Zahnärzte geeinigt. Die Regelung trat zum 5. Februar in Kraft.

 Mit diesen erweiterten Anstellungsmöglichkeiten ist es bewährten Praxisformen möglich, flexibler auf den sich immer mehr verschärfenden Wettbewerb zu reagieren. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf zahnärztliche medizinische Versorgungszentren (Z-MVZ) und erst recht vor dem Hintergrund von Ketten-MVZ unter Kontrolle von versorgungsfremden Investoren, die ihr Engagement schwerpunktmäßig renditeorientiert betreiben, wie erste Analysen der Abrechnungsdaten zeigen. Mit der Erweiterung soll ein Mehr an Wettbewerbsgleichheit – sprich Chancengleichheit – zwischen Z-MVZ und Einzelpraxen sowie BAG hergestellt werden. 

Hintergrund der Neuregelung waren neben den sich verändernden Rahmenbedingungen in der Versorgung die Ansprüche und Vorstellungen des zahnärztlichen Nachwuchses, die eigene Berufsausübung zu gestalten. So wird etwa auch in der kürzlich erschienenen Publikation des Instituts der Deutschen Zahnärzte konstatiert, dass sich die Möglichkeiten, zahnärztlich tätig zu sein, im Verlauf der letzten Dekade umfassend gewandelt haben: Statt in der herkömmlichen Niederlassung in einer Einzelpraxis wird die freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit zunehmend auch in Form einer BAG, einer überörtlichen BAG, in einer Partnerschaftsgesellschaft oder auch in einer Kapitalgesellschaft realisiert. Auch wenn es solche Alternativen gibt, heißt das nicht, dass die Niederlassung in einer Einzelpraxis überholt ist. Denn die IDZ-Analysen belegen ebenfalls sehr klar, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen nach wie vor dort niederlassen. Allerdings setzt sich auch hier der Trend fort, dann sukzessive weitere Zahnärztinnen und Zahnärzte anzustellen, so dass sich Einzelpraxen mit zunächst einem Behandler und vergleichsweise kleinem Teampersonal mit der Zeit zu immer größeren Einheiten entwickeln können, um beispielsweise eine wirtschaftlichere Geräteauslastung, flexiblere Sprechzeiten und Ähnliches realisieren zu können. Hinzu kommt – auch das belegen weitere Untersuchungen (nicht nur) des IDZ – dass die junge Zahnärztegeneration genau weiß, was sie will – gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Lebensqualität. Und so suchen sich die angehenden Kolleginnen und Kollegen jene Praxisform aus, die am besten zu ihren Vorstellungen passt, frei nach dem Motto: „Niederlassung? Klar, aber nicht um jeden Preis und nicht unbedingt sofort.“ Daher ziehen immer mehr angehende Zahnärztinnen und Zahnärzte zumindest bei ihrem Start ins Berufsleben die Anstellung vor – ohne das vermeintliche finanzielle Risiko einer Praxisgründung tragen zu müssen, dafür aber mit geregelten Arbeitszeiten.

Für den Berufsstand gilt, die veränderten Rahmenbedingungen anzunehmen und aktiv mitzugestalten. Indem wir uns als Selbstverwaltungskörperschaft diesen Herausforderungen ganz bewusst stellen und gemeinsam Lösungen konzipieren, tragen wir dazu bei, die zahnärztliche Versorgung auch künftig flächendeckend und wohnortnah, dem Bedarf der Bevölkerung entsprechend, sicherzustellen. Dafür entwickeln wir praktikable Konzepte, die sowohl dem Wunsch einer Generation von Berufseinsteigern nach Flexibilität wie auch dem berechtigten Anspruch der niedergelassenen Kollegenschaft nach Chancengleichheit im Wettbewerb mit Zahnarztketten in der Hand von versorgungsfremden Investoren Rechnung tragen. In diesem Sinne eröffnet die Erweiterung der Anstellungsmöglichkeiten Chancen für den gesamten Berufsstand.

Dr. Wolfgang Eßer
Vorsitzender des Vorstands der KZBV

Dr. Wolfgang Eßer

Vorstandsvorsitzender der KZBV

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Universitätsstr. 73,
50931 Köln

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