Vom Studienvisum zur eigenen Praxis

„Alles ist zumutbar, wenn man es will!“

Yuvaraj Jothikrishnan aus Karur, Südindien, wollte immer Zahnarzt werden. Dass er dafür einmal nach Deutschland gehen, hier bleiben und sich niederlassen würde, lag allerdings jenseits seiner Vorstellungskraft.

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg – dieses deutsche Sprichwort passt mustergültig auf Yuvaraj Jothikrishnan. Von den unübersichtlichen Auswahlprozessen an den Unis bis zu den von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Verfahren zur Anerkennung des Abschlusses: Für Ausländer sind all diese Regelungen ziemlich undurchsichtig, berichtet Jothikrishnan. Aber dass der Weg zur deutschen Approbation einfach sein würde, hat ja auch niemand gesagt.

Am Anfang stand der Plan von einem Auslandsaufenthalt in Deutschland, der die Ausbildung abrunden sollte. Nach dem Zahnmedizinstudium hatte Jothikrishnan bereits ein Jahr als Assistenzarzt gearbeitet, dann wollte er mit 26 noch einmal ins Ausland. Deutsch hatte er am Goethe-Institut gelernt. So weit, so bereit für das Jahr in der Fremde, aber ...

„Ich musste viel Zeit investieren, um die Bürokratie zu überwinden. Die ist übrigens in Indien nicht weniger kompliziert“, erzählt der heute 34-Jährige. Von Indien aus machte er sich schlau, recherchierte zu den Unis und bewarb sich für einen Studienplatz an mehreren deutschen Universitäten. Am Ende gab ihm die Uni Marburg das Go: Hier wurde ein Großteil seiner bisherigen Abschlüsse anerkannt und er erhielt einen Studienplatz, um die fehlenden Scheine im Fach Zahnmedizin nachzuholen.

Endlich lag das Semesterticket in der Post

„Meine Bewerbung durchlief wie bei anderen Studenten auch ein Auswahlverfahren. Dabei kommt es darauf an, wie viele Studienplätze eine Uni vergibt, ob man Erstsemestler oder, wie ich, Quereinsteiger ist und ob es eine Warteliste gibt.“ Die verschiedenen Verfahrensstrukturen und -voraussetzungen hätten ihn manchmal verwirrt. In der Zeit hätte er sich eine Plattform mit einer Übersicht aller Voraussetzungen für die jeweiligen Bundesländer gewünscht.

„Irgendwie habe ich mich durchgebissen“, erinnert sich Jothikrishnan. Seine Freunde hätten ihn immer motiviert und am Ende habe ihm die Marburger Uni dann ja auch das Semesterticket zugeschickt.

In Marburg angekommen ging alles Schlag auf Schlag: Jothikrishnan holte im deutschen Hörsaal nach, was er für den Abschluss brauchte. Danach lernte er ein Jahr lang nur die Sprache. In dieser Zeit stellte er die Zahnmedizin zurück. „Dass ich mich in meinem Fachgebiet gut ausdrücken kann und dann auch die Patienten einwandtfrei verstehe, das war mir erst mal das Wichtigste“, erklärt er seine Motivation.

Eigentlich wollte er die Weiterbildung zum Oralchirurgen angehen. Nur ein halbes Jahr nach dem Beginn seiner Assistenz verstarb jedoch die Praxisinhaberin und Jothikrishnan stand vor der Herausforderung, die etablierte Praxis zu übernehmen. Über Nacht würde er ab jetzt der Praxischef sein. Wie würden die Patienten reagieren? Das war sein erster Gedanke.

Mit 33 Chef eines sechsköpfigen Teams

Alle reagierten freundlich. So übernahm Jothikrishnan mit 33 Jahren eine Praxis in Neustadt, 30 Kilometer nördlich von Marburg, mit einem sechsköpfigen Team. Heute beschäftigen ihn Abrechnungs- und Steuerfragen und seine Rolle als Chef. „Das hätte ich natürlich nicht geglaubt, wenn mir das einer vorher so erzählt hätte.“ Er sei sehr glücklich über diese Chance. Seine Doktorarbeit über die Haftwirkung von Wurzelkanalfüllungen mittels Sealer und die Weiterbildung zum Oralchirurgen möchte er aber nicht aus den Augen verlieren. Zur Unterstützung sucht er deshalb Verstärkung für die Praxis.

Studierenden oder Nachwuchszahnärzten, die sich auch in Deutschland bewerben wollen, will Jothikrishnan mitgeben, sich nicht zu viel Druck und Gedanken um die Zukunft zu machen. „Angst oder Zukunftssorgen dürfen einen niemals bremsen.“

Bewerbung und Anerkennung

Was ausländische StudentInnen und examinierte ZahnärztInnen beachten müssen:

  • Für Studienanfänger:Wer sein Zahnmedizinstudium in Deutschland absolvieren möchte, muss sich regulär um einen Studienplatz bewerben und das Auswahlverfahren der Universität durchlaufen. Dafür wird eine Hochschulzugangsberechtigung benötigt, vergleichbar mit dem Abiturzeugnis. Weiter sind Nachweise zur deutschen Sprachkenntnis und gegebenenfalls auch ein Motivationsschreiben einzureichen. An den meisten Unis wird eine gewisse Anzahl an Studienplätzen für ausländische Studienanfänger bereitgehalten. Hier entscheidet das interne Auswahlverfahren über die Vergabe. Studierende aus Nicht-EU-Staaten brauchen ein Studienvisum von der Landesbotschaft. Für weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren stehen die Uni und deren Studienberatung zur Verfügung. Die Bewerbungsverfahren unterscheiden sich auch je nach Bundesland.

  • Für Studierende:Für einen Studienplatzwechsel und die Anerkennung der im Heimatland erbrachten Leistungen müssen alle Nachweise über bestandene Prüfungen, die Sprachkenntnis sowie die Hochschulzugangsberechtigung an der deutschen Universität eingereicht werden. Diese prüft dann die Qualifikation und entscheidet über Eignung und Anerkennung der bereits erbrachten Leistungen im Rahmen der Vorgaben zur zahnmedizinischen Ausbildung in Deutschland. Je nach Bundesland und Universität kann dann noch ein Auswahlverfahren auf die Bewerber zukommen. Die meisten der 26 deutschen Universitäten, an denen Zahnärzte ausgebildet werden, haben keine spezielle Quote, um Plätze an Studierende aus dem Ausland zu vergeben. Alle Informationen zum Verfahren und zur Anerkennung geben die jeweilige Universität und deren Studienberatung. Für die Immatrikulation brauchen Studierende ein Studienvisum. Das Verfahren zur Anerkennung und Aufnahme kann von Bundesland zu Bundesland variieren.

  • Für Absolventen:Die Voraussetzung für die Approbation in Deutschland ist eine im Ausland abgeschlossene zahnärztliche Ausbildung, die einer deutschen gleichwertig ist oder einen gleichwertigen Kenntnisstand aufweist. Dieser ist gegebenenfalls durch eine Prüfung nachzuweisen. Zudem werden Sprachkenntnisse auf B2-Niveau, ein Fachsprachtest und gesundheitliche Eignung verlangt. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören Antrag, Lebenslauf, Geburtsurkunde, Führungszeugnis aus dem Heimatland und aus Deutschland, ein Leumundszeugnis (Certificate of good standing) und eine ärztliche Bescheinigung zur gesundheitlichen Eignung, Zeugnisse zum Ausbildungsabschluss, Arbeitszeugnisse und die Promotionsurkunde sowie der Nachweis über einen Wohnsitz. All das ist beim Landesprüfungsamt der Landesgesundheitsbehörde einzureichen. Weitere Informationen geben die Landeszahnärztekammern.

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