Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG)

Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur ePA

Mit elektronischer Patientenakte (ePA), E-Rezept-App und weiteren Anwendungen soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden. Näheres regelt das Patientendaten-Schutz-Gesetz, das gerade das Gesetzesverfahren durchläuft.

Der Bundestag hatte am 7. Mai ohne Aussprache den Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) in 1. Lesung beraten. Mit den geplanten Regelungen verfolgt der Gesetzgeber vor allem folgende Ziele:

  • die ePA für alle Versicherten nutzbar zu machen, auch dann, wenn sie nicht über geeignete Endgeräte verfügen,

  • die ePA hinsichtlich ihrer Inhalte, Nutzung und Zugriffskonzeption näher auszugestalten,

  • die Dynamik zur Einführung der medizinischen Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) weiter zu erhöhen – auch durch Anreize und Fristen,

  • die Datenverarbeitung sowie die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit in der TI differenziert zu regeln.

Dazu plant der Gesetzgeber eine umfassende Neustrukturierung der bisher bestehenden Regelungen zur TI. Weiterentwickelt werden sollen unter anderem die bereits geltenden Regelungen im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG). Folgende Maßnahmen stehen jetzt an:

  • E-Rezept: Die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der TI soll verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben werden.

  • E-Rezept-App: Die Übermittlung ärztlicher Verschreibungen über mobile Endgeräte soll durch die Gesellschaft für Telematik (gematik) – als einer anerkannten neutralen Stelle, eine entsprechende barrierefreie App zu entwickeln – zügig vorangetrieben werden.

  • Grünes Rezept: Die Selbstverwaltung wird beauftragt, einen elektronischen Vordruck für die Empfehlung apothekenpflichtiger, nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu vereinbaren.

  • Digitaler Überweisungsschein: Die Vertragspartner der Bundesmantelverträge werden beauftragt, die erforderlichen Regelungen zu treffen, damit Überweisungsscheine zukünftig in elektronischer Form übermittelt werden können.

Kernelement: Elektronische Patientenakte

Die ePA soll als Kernelement der digitalen medizinischen Anwendungen in mehreren Ausbaustufen weiterentwickelt werden. Wichtig sind dem Gesetzgeber dabei folgende Punkte: -

Patientensouveränität: Die ePA versteht sich als eine versichertengeführte elektronische Akte, deren Nutzung für die Versicherten freiwillig ist. Das heißt: Der Versicherte soll von Anfang an entscheiden, welche Datengespeichert werden, wer darauf zugreifen darf und ob Daten wieder gelöscht werden.

KZBV und BZÄK nehmen Stellung zum Patientendaten-Schutz-Gesetz

Die beiden zahnärztlichen Dachorganisationen haben eine Stellungnahme zur Anhörung am 27. Mai abgegeben. Hier einige ihrer Kernargumente:

Vergütungsregelungen:

KZBV und BZÄK unterstützen die Absicht des Gesetzgebers, die Erstbefüllung der ePA für das erste Jahr ab deren Start (2021) in Höhe von 10 Euro zu honorieren. Erste Schätzungen lassen jedoch darauf schließen, dass die geplanten 10 Euro angesichts der vorzunehmenden Datenauswahl keine ausreichende Vergütung darstellen. Damit die Erstbefüllung insbesondere im ersten „Aufbaujahr“ vorankommt, plädieren die Organisationen dafür, an der Konzeption der 10 Euro-Vergütung für die ePA-Erstbefüllung im Jahr 2021 als Zuschlag festzuhalten und diesen zusätzlich zu der BEMA-Position für die ePA-Erstbefüllung zu gewähren.

Verantwortlichkeit der Leistungserbringer für die TI

KZBV und BZÄK begrüßen, dass der Regierungsentwurf die Forderung der Datenschutzkonferenz (DSK) nach einer klaren gesetzlichen Verantwortlichkeitsregelung aufgegriffen hat. Sie hatten seit jeher die Position vertreten, dass die Verantwortlichkeit des Zahnarztes „vor dem Konnektor endet“, das heißt, dass auch für diesen keine Verantwortlichkeit des Zahnarztes mehr gegeben sein kann.

Anwendungen der TI

Der gematik wird die Möglichkeit eingeräumt, Maßnahmen zu zusätzlichen Anwendungen der TI zu treffen. Dies betrifft insbesondere den weiteren Ausbau des elektronischen Austausches von Befunden, Diagnosen, Therapieempfehlungen, Behandlungsberichten, Formularen, Erklärungen und Unterlagen. KZBV und BZÄK lehnen jedweden Eingriff in die originären Aufgaben der Leistungserbringerorganisationen und der Bundesmantelvertragspartner ab. Es gelte insbesondere, jedwede Vorgaben oder Eingriffe in die Praxisverwaltungssysteme durch die gematik zu vermeiden.

Rechte der Versicherten zum Zugriff auf TI-Anwendungsdaten, zur Datenlöschung und zum ePA-Zugriffsmanagement in der Zahnarztpraxis

Der Regierungsentwurf sieht im Vergleich zum Referentenentwurf eine Konkretisierung der Regelungen zum Zugriff auf TI-Anwendungsdaten, zum Löschen und zum ePA-Zugriffsmanagement in der Zahnarztpraxis vor. KZBV und BZÄK begrüßen diese Klarstellungen. Damit werde der von KZBV und BZÄK bereits zum Referentenentwurf vorgetragenen Einwand, dass die Zahnarztpraxis nicht zur „Lesestube“ der Versicherten werden darf, Rechnung getragen.

Damit wird für KZBV und BZÄK auch klargestellt, dass der Leistungserbringer nicht verpflichtet ist, den Versicherten seine eigene Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um ihre Rechte ausüben können. Der Versicherte ist gehalten, die technische Infrastruktur der Krankenkassen oder sein eigenes Endgerät zu nutzen.

Honorarkürzung bei Nichtausstattung mit Komponenten und Diensten

Zum Bedauern von KZBV und BZÄK hat der Gesetzesentwurf nicht die Chance ergriffen, die gegenüber den Leistungserbringern als Sanktion für die Nichtausstattung mit den für die ePA erforderlichen Komponenten und Diensten vorgesehene einprozentige Honorarkürzung entweder komplett zu streichen oder die Frist hierfür zumindest auf ein realistisches Datum zu verschieben.

KZBV und BZÄK weisen darauf hin, dass der derzeit vorgesehene Zeitpunkt, ab dem die Sanktion greifen soll (01.07.2021), bereits jetzt nicht zu halten sei, da mit dem Beginn der Feldtests für lediglich einen der vier Konnektoren frühestens ab Oktober 2020 gerechnet werden könne und anschließend – nach erfolgreichem Abschluss aller Feldtests – noch die erforderlichen Software-Updates resp. Anpassungen der PVS-Systeme erfolgen müssen.

Verschärft werde die Situation nun auch durch die Corona-Pandemie, die zu weiteren Verzögerungen der Einhaltung der vorgesehenen Frist führt. Um den Leistungserbringern nicht erneut – wie im Fall der VSDM-Sanktionsfrist – das Risiko für die nicht rechtzeitige Bereitstellung der erforderlichen Komponenten und Dienste aufzubürden, votieren die Organisationen daher – soweit auf die Sanktion nicht gänzlich verzichtet werden könne – für eine „variable“ Frist, deren Anknüpfungspunkt die flächendeckende Verfügbarkeit der betreffenden Komponenten und Diensten bei den Herstellern/Lieferanten sein sollte. Ab diesem Zeitpunkt könnte dann eine angemessene Ausstattungsfrist vorgesehen werden, die KZBV und BZÄK auf 10 Monate beziffern würden.

Ansprüche der Versicherten: Die Versicherten werden bei der Führung ihrer Akte durch klar geregelte Ansprüche gegen Leistungserbringer und Krankenkassen unterstützt. Die Barrierefreiheit für Versicherte mit Behinderungen soll sichergestellt werden.

Verarbeitung von Daten zu Forschungszwecken: Versicherte erhalten die Möglichkeit, Daten ihrer ePA freiwillig der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen.

Interoperabilität: Damit die medizinischen Daten in der ePA einrichtungs- und sektorenübergreifend ausgewertet werden können, werden medizinische Terminologiesysteme zur Verfügung gestellt, die diese semantische Interoperabilität gewährleisten.

Um die Versicherten bei der Nutzung der ePA besser unterstützen zu können, sollen die Vertragsärzte eine Vergütung erhalten. Die Krankenhäuser erhalten einen Zuschlag. Und Apotheker bekommen eine Vergütung, wenn sie die Versicherten bei der Nutzung und Befüllung der ePA unterstützen.

Auch die Zugriffskonzepte für Versicherte werden geregelt

Auch die Zugriffskonzepte für Versicherte über geeignete Endgeräte wie Smartphones und Tablets sind im Gesetzentwurf geregelt: Für die ePA soll spätestens ab dem 1. Januar 2022 ein feingranulares, barrierefreies Berechtigungsmanagement auf Dokumentenebene vorgegeben werden.

In der ersten Ausbaustufe, also dem Zugriff für Versicherte über mobile Endgeräte ab dem 1. Januar 2021, werden den Plänen zufolge vorübergehend noch gewisse Einschränkungen bestehen. Dazu sollen besondere Aufklärungs- und Informationspflichten greifen.

Für Versicherte ohne eigenes mobiles Endgerät soll ein Zugriffskonzept in Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken greifen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Funktionen der ePA kontinuierlich ausgebaut werden. Hierzu sollen der gematik entsprechende Fristen gesetzt werden. Zur Umsetzung sollen Bußgelder und eine Erhöhung des Bußgeldrahmens greifen.

Die gematik soll ferner die Ausgabe von barrierefreien Identifikations- und Authentifizierungsmitteln koordinieren und überwachen. Das betrifft insbesondere die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte, der Heilberufs- und Berufsausweise sowie der Komponenten zur Authentifizierung von Leistungserbringerinstitutionen. Im Gesetzentwurf ist außerdem geplant, dass die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung in der TI lückenlos gesetzlich geregelt wird. Koordiniert wird das Ganze bei der gematik.

Bedenken zum Datenschutz

Der Bundesrat hat am 15. Mai 2020 Stellung zum Regierungsentwurf des PDSG genommen und fachliche Änderungsvorschläge vorgelegt. Im Kern formulierte er zu vielen Detailregelungen datenschutzrechtliche Bedenken, etwa zum nur stufenweisen Ausbau der Zugriffsrechtegewährung der ePA. Inzwischen hat die Bundesregierung ihre Gegenäußerung beschlossen. Die Vorschläge des Bundesrates, die sich mit dem sogenannten feingranularen Berechtigungsmanagement befassen, bieten aus Sicht der Bundesregierung keinen Anlass für eine erneute Prüfung. Die Bundesregierung geht aber davon aus, dass die aus ihrer Sicht datenschutzrechtlich vertretbaren Regelungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch weiter erörtert werden können. Abgelehnt werden jedoch insbesondere die Prüfbitten und Änderungsvorschläge zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit und zum Vorrang von technischen Schutzmaßnahmen. Aus Sicht der Bundesregierung ist auch eine erneute Prüfung der Regelung zur Verarbeitung von Daten der elektronischen Patientenakte zu Forschungszwecken nicht erforderlich.

Zu dem Gesetzentwurf ist am 27. Mai (nach Redaktionsschluss) eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Bundestages geplant. Die 2./3. Lesung im Bundestag könnte noch im Juni 2020 folgen. Der Gesetzentwurf bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Vorgesehen ist, dass das Gesetz am Tag nach der Verkündung, nach aktuellem Zeitplan möglicherweise noch vor der parlamentarischen Sommerpause, in Kraft treten soll.

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