Studie der Stiftung Gesundheit und des hih

Jeder zweite Arzt bietet jetzt Videosprechstunden an

In der Corona-Krise gewinnt die Videosprechstunde an Bedeutung: 25.000 Praxen nutzen diese Form der Behandlung inzwischen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2020“ von der Stiftung Gesundheit und dem health innovation hub (hih) des Bundesgesundheitsministeriums.

Gut 52 Prozent der Ärzte bieten die Videosprechstunde an, 10 Prozent planen die Nutzung kurzfristig. Nur etwa 38 Prozent ziehen diese Form der Behandlung nicht in Erwägung. 2017 hielten nur 1,8 Prozent ein solches Angebot bereit, 2,7 Prozent hatten es in Vorbereitung. Fast 60 Prozent der Mediziner lehnten es damals noch strikt ab.

Wirkt sich die Covid-19-Pandemie auf die Nutzung von Videosprechstunden aus? Ja. Bei fast 90 Prozent der Ärzte, die sie anbieten, ist dies der Fall. Ledigkich jeder Zehnte verneinte die Frage. Nur 5,9 Prozent hatten sie schon davor im Angebot. Mitte März wurde die Begrenzung der Abrechenbarkeit von Videosprechstunden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband auf 20 Prozent der behandelten Fälle für das 2. Quartal ausgesetzt.

Zwei Drittel der Fachärzte nutzen die Möglichkeit bereits oder planen, diese kurzfristig einzurichten. Dagegen geht nur jeder zweite Hausarzt diesen Kommunikationsweg. Die mit Abstand höchste Rate zeigt sich bei den psychologisch-psychotherapeutisch-psychiatrisch Tätigen, die nicht in der hausärztlichen Versorgung aktiv sind.

Die Patienten wollen mehr Teleberatung

Fast ein Drittel der Ärzte gibt übrigens an, dass ihre Patienten vermehrt aktiv nach Videosprechstunden fragen.

Häufigster Grund für die Nicht-Nutzung ist die Überzeugung, dass Videosprechstunden keine gute Form der Arzt-Patient-Interaktion darstellen (44 Prozent der Nicht-Nutzer). Auf Platz 2 (24 Prozent der Nicht-Nutzer) rangiert der Einwand, der organisatorische und rechtliche Aufwand sei zu hoch. 21 Prozent bieten keine Videosprechstunde an, weil sie sich noch nicht mit der Technik auseinandergesetzt haben. Nur 11 Prozent der Nicht-Nutzer haben Bedenken hinsichtlich Vertraulichkeit und Datenschutz.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Corona-Pandemie eine Initialzündung für die Nutzung von Videosprechstunden bewirkt hat. Sie beziehen sich dabei auch auf Angaben der KBV, wonach die Zahl der Arztpraxen mit Videosprechstunden von 1.700 im Februar auf etwa 25.000 im April gestiegen ist.

In der repräsentativen Befragung untersuchten der hih und die Stiftung Gesundheit den Effekt der Pandemie auf die Nutzung der Videosprechstunde. Befragt wurden von Mitte April bis Anfang Mai rund 26.000 ambulant tätige Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten.

Ist die Videosprechstunde auch bei Zahnärzten im Aufwind?

Prof. Dr. Christoph Benz: „In der Pandemie haben jetzt viele Praxen Erfahrungen mitdem Telefon als ‚Gatekeeper‘ für Corona-Symptome machen können. Dabei versucht man dann auch die Dringlichkeit des Zahnarztbesuchs einzuschätzen. Mehr als vermuten, beruhigen und vertrösten ist aber oft nicht möglich. Große Probleme im Mund haben häufig kleine und versteckte Ursachen. Die Handy-Kamera ist kaum ein Ersatz für Lupenbrille, intraorale Kamera und Röntgenbilder. Wenn jetzt in der Medizin kommerzielle Anbieter auf den Telemedizin-Markt drängen, soll ein Drittel aller Arztbesuche überflüssig werden. In der Zahnmedizin ist das völlig ausgeschlossen.

Natürlich sind einige Anwendungen vorstellbar, zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen, wenn besondere Infektionsrisiken bestehen – Corona, Influenza oder Noro. Aber es gibt klare Grenzen: Man kann nicht sauber diagnostizieren, bleibt oft unsicher und kann mechanisch nicht eingreifen. Der Zahnarzt ist da einfach näher am Chirurgen als am Internisten. “

Prof. Dr. Christoph Benz ist Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer

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