Zahnärztliche Fortbildungsinstitute in der Corona-Krise

Fortbildung ist Begegnung miteinander

Der Lockdown in der Corona-Krise hat auch die zahnärztlichen Fortbildungsinstitute der Länderkammern stark getroffen. Von jetzt auf gleich mussten sie ihren Präsenzbetrieb einstellen – um jetzt mit neuen Konzepten wieder ihr Programm weiterzuführen. Fest steht: Fortbildung nur online reicht nicht aus – wichtig ist die kollegiale Begegnung. Welche Möglichkeiten bieten die Institute der Kollegenschaft jetzt? Ein aktuelles Stimmungsbild.

Von jetzt auf gleich mussten die Institute Mitte März im Zuge des Lockdowns ihre Präsenzfortbildungen einstellen. So vielfältig und unterschiedlich die Programme der Institute auch sind, die Herausforderungen für den Fortgang der Fortbildung für die Kollegenschaft stellten sich an vielen Stellen ähnlich. Für alle Institute eine Herausforderung: Die Umorganisation der Fortbildung binnen kürzester Zeit. Es mussten bestehende Präsenzkurse abgesagt, neue Online-Format entwickelt, das Jahresprogramm musste neu strukturiert und Nachholkurse mussten geplant werden. Hinzu kam die Schulung von Referenten und Kursteilnehmern in Bezug auf die neue Technik.

So berichtet etwa Prof. Dr. Winfried Walther von der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, sein Institut habe durch eine ganze Reihe von Online-Veranstaltungen die Praxen bei der praktischen und wirtschaftlichen Bewältigung der akuten Problemlage unterstützt. Archibald Salm, Direktor des Instituts Bildung und Wissenschaft der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz, verweist auf hohen organisatorischen Aufwand: „Die Kommunikation mit den betroffenen Teilnehmenden, Referenten etc. war aufwendig, schließlich gab es ganz unterschiedliche Auffassungen, wie mit der Ausnahmesituation umzugehen ist ...“ Im Philipp-Pfaff-Institut, Fortbildungseinrichtung der Kammern Berlin und Brandenburg, stand vor allem die Sicherstellung der laufenden Aufstiegsfortbildung im Vordergrund, die nach einer Pause auf Onlineunterricht umgestellt werden konnte, sowie die Fortführung der curricularen Kurse. „Besonders herausfordernd war und ist dabei die ständig rollierende Planung von Kursterminen und das Abstimmen der Verfügbarkeit von Referenten und Räumlichkeiten,“ erklärt der Geschäftsführer Kay Lauerwald. Prof. Dr. Johannes Einwag, Direktor des Zahnmedizinschen Fortbildungszentrums Stuttgart (ZFZ), erläutert, wie in der Lockdown-Phase in seinem Institut ein Teil der Präsenzkurse umstrukturiert wurde: Wo immer es möglich war, wurden theoretische Kursinhalte als Online-Seminare angeboten. Unabhängig davon entwickelte das ZFZ zusätzlich zum bestehenden Kursprogramm etwa 40 Online-Seminare, die zum großen Teil in Serien angeboten werden. Sebastian Brandt, Geschäftsführer der Landeszahnärztekammer Sachsen, etwa verweist auf den enormen Aufwand, der durch die Kursabsagen verbunden war: Hotels, Catering, aber auch die Konzeption neuer Termine.

Zahnärztetage abgesagt

In einigen Kammerbereichen mussten größere Veranstaltungen abgesagt werden, so etwa in Westfalen-Lippe der Zahnärztetag im März, der Zahnärztetag Mecklenburg-Vorpommern im September oder der Thüringer Zahnärztetag, der für November geplant war – dieser wurde durch einen eintägigen Akademietag ersetzt. Die eazf Europäische Akademie für zahnärztliche Fort- und Weiterbildung, Fortbildungseinrichtung der Bayerischen Landeszahnärztekammer, benennt weitere Bereiche wie die Einführung von Kurzarbeit, die Sicherung der laufenden Fixkosten, Gespräche mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie Abstimmungen mit dem Kammervorstand.

Strenges Hygienekonzept

In vielen Kammerbereichen konnte der Kursbetrieb schon sehr früh nach dem Lockdown wieder aufgenommen werden. Online-Kurse wurden beibehalten, verstärkt wurden aber wieder Präsenzkurse angeboten – mit einem strengen Hygienekonzept entsprechend behördlicher Vorgaben. Winfried Walther schildert das für Karlsruhe so: „Die ganze Infrastruktur wurde so eingerichtet, dass Abstandsgebot und regelmäßige Desinfektion eingehalten werden können. Organisatorisch wurden zahlreiche Details neu geregelt. Das gilt insbesondere für den Catering-Bereich, für den auch ein Desinfektionsprotokoll erarbeitet wurde.“ Und Stephan Grüner, Geschäftsführer der eazf, berichtet, dass Kurskonzepte umgearbeitet wurden, um angesichts reduzierter Plätze in den Kursräumen auch Kurse in kleineren Gruppen durchführen zu können.

Praxisnah – mit Auflagen

Als besonders schwierig ordnen die Fortbildungsinstitute die wirtschaftlichen und räumlichen Herausforderungen unter Corona-Bedingungen ein. Die Fortbildungsakademie Adolph Witzel der Kammer Thüringen etwa führt an, dass auf jeden Fall eine tragbare finanzielle Kalkulation der Fortbildungskurse für die kommenden Monate und Jahre notwendig ist. Denn: Eine reduzierte Teilnehmerzahl geht auch einher mit betriebswirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen für die Institute.

Und: Ein praxisnahes Training am Phantom, gegenseitige Übungen oder eine Behandlung am Patienten muss auch unter aktuellen Rechtsverordnungen funktionieren. „Oft sind größere Räume notwendig - oder eine Kursaufteilung auf mehrere Räume“, erläutern beispielsweise Dr. Michael Bartling und Hans-Joachim Beier, zuständige Vorstandsmitglieder der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe. Schwierig sei es auch, die richtige Themenauswahl für Online- und Präsenzkurse zu finden. Nicht jedes Thema eigne sich für einen Online-Kurs, betonen sie.

Begegnung – mit Maske

Ein ganz wichtiger Aspekt in der Fortbildung: Der Austausch. Die Teilnehmenden vermissen den kollegialen Dialog und fordern die Kammer zur Organisation interessanter Angebote auch untere den geltenden Einschränkungen auf, heißt es etwa aus Thüringen. Und Prof. Walther bringt das für Karlsruhe auf den Punkt: „Online-Fortbildung gilt vielen Kolleginnen und Kollegen nicht als gleichwertig. Man muss eine Balance zwischen den Angeboten finden, die den jetzt komplexer gewordenen Anforderungen genügt. Fortbildung heißt für die Kollegenschaft auch Begegnung miteinander. Im Gespräch erfährt und versichert man sich der Gemeinschaft, zu der man gehört. Das muss jetzt auch mit Maske gehen.“ Ein weiteres Merkmal: Qualitätsfragen. Walther dazu: „Ich halte es außerdem für besonders wichtig, dass Online-Formate auch hohe Qualitätsstandards erfüllen. Wir werden deswegen nur Live-Veranstaltungen durchführen, in denen ein direkter Kontakt mit den Referenten möglich ist.“

Generell sehen sich die Institute für eine mögliche zweite Pandemiewelle – auch unter verschärften Hygienemaßnahmen – gut gerüstet. Sie sind für mobiles Arbeiten vorbereitet, Dienstpläne sollen verhindern, dass bei einer möglichen Infektion innerhalb des Personals der Dienstbetrieb komplett zum Erliegen kommt. Auch eine Zusammenarbeit mit den Fortbildungsinstituten anderer Länderkammern sei denkbar, wie es beispielsweise aus Thüringen heißt.

Online reicht nicht

Die Corona-Krise hat bisher gezeigt, dass Online-Seminare eine verstärkte Rolle spielen. Die Institute passen ihre Konzepte an oder konzipieren neue. Doch nur Online reicht nicht: So berichtet zum Beispiel Grüner , dass die eazf ihr Kursprogramm sehr stark auf praktische Fortbildungsangebote ausgerichtet hat und dies in der strategischen Ausrichtung auch weiter intensiviert wird. Deshalb stellen Online-Angebote in der eazf nur einen geringen Anteil der Geschäftstätigkeit dar, berichtet er. Unabhängig davon werden jedoch aktuell Kooperationen im Bereich der Online-Fortbildung ausgebaut, um hier ein komplementäres Fortbildungsangebot zu schaffen. Auch Archibald Salm berichtet für Rheinland-Pfalz, dass der Online-Bereich eine größere Rolle spielt. Dennoch: Unser Fortbildungsangebot lebt aber ganz wesentlich von praktischen Kursen, da ist dieses Medium nur begrenzt einsetzbar.“

Zweigleisig zu fahren, ist also eine wichtige Option. Die Kammer Sachsen hat laut Geschäftsführer Brandt „Angebote als Web-Seminar in der Schublade.“ In Mecklenburg-Vorpommern wurden Online-Seminare deutlich erhöht und die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, berichtet Kammerpräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, der gleichzeitig Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer ist.

Das ZFZ in Stuttgart blickt inzwischen auf eine mehrjährige gute Erfahrung mit Online- oder Hybrid-Kursen zurück – bereits vor der Corona-Krise. Und mit den Dental6Days (https://dental6days.de/) hat das ZFZ ein völlig neues Konzept geschaffen, das im Oktober erstmals realisiert werden soll: Ein digitales Fortbildungsformat, gekoppelt an eine virtuelle Fachmesse mit zahlreichen Dentalherstellern, Möglichkeiten zum Dialog und viel Entertainment auf einer speziell entwickelten Plattform. Auch in Thüringen gibt es – als Erfahrung aus der Corona-Krise – eine neue Fortbildungskonzeption: eine neue dreiteilige Kursreihe zu Betriebswirtschaft, Praxismanagement und Kommunikation.

Fortbildungspflicht

Letztlich ergibt sich auch die Frage, ob die Pandemiesituation bisher Einfluss auf die Fortbildungsverpflichtung des Zahnarztes genommen hat. Die Institute sehen hier kein Problem, so die Tendenz. Was die vertragszahnärztliche Fortbildung angeht, hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) angesichts der Corona-Pandemie ohnehin schon zugestimmt, die Frist für den Nachweis vertragszahnärztlicher Fortbildungsmaßnahmen nach § 95d SGB V um ein Quartal zu verlängern. Und in Mecklenburg-Vorpommern, so berichtet Präsident Oesterreich, wurde eine Verlängerung des dortigen kammereigenen Fortbildungssiegels (150 Punkte in drei Jahren) für die Jahre 2020/2021 per Vorstandsbeschluss vereinfacht: beide Jahre seien zur Erlangung der Fortbildungspunkte nutzbar.

Zum hier beschriebenen Stimmungsbild hat die zm beispielhaft neun Fortbildungsinstitute der Kammern befragt - größere wie auch kleinere. Insgesamt gilt: Fortbildung wird in allen 17 Kammerbereichen angeboten. Mehr unter:https://bit.ly/BZAEK_Fortbildungsangebote_der_Laendersowie unterhttps://bit.ly/KZBV_Vertragszahnaerztliche_Fortbildung. Die BZÄK wird zum Thema Fortbildung/Fortbildungsinstitute Ende September eine Koordinierungskonferenz abhalten.

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