Zahnmedizinische Fachangestellte

Corona-Krise darf nicht zur Ausbildungskrise werden!

Am 15. Dezember 2020 veröffentlichte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) seine Bilanz zur Entwicklung der Ausbildungsleistung mit Stichtag 30. September 2020. Die Ergebnisse zeigen, dass die Corona-Pandemie den deutschen Ausbildungsmarkt 2020 stark belastet. Die Kammern der Freien Berufe bestätigen diesen Negativtrend auch für ihre Ausbildungsberufe.

So sank das Gesamtangebot für das Ausbildungsjahr 2020/2021 deutschlandweit um 8,8 Prozent auf 527.400 Ausbildungsplätze im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig ging die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber um 9,6 Prozent auf 496.800 zurück (2019: 549.600). Infolgedessen fiel auch die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um elf Prozent auf 467.500.

Im Handwerk sank die Anzahl der abgeschlossenen Verträge um 7,5 Prozent, in Industrie und Handel wurde ein Minus von 13,9 Prozent gemeldet. Lediglich in der Landwirtschaft nahm die Zahl um 0,9 Prozent zu. Auch die Freien Berufe verzeichneten einen Rückgang von durchschnittlich 8,4 Prozent (ZFA: –7,8 Prozent; MFA: –5,5Prozent). Damit lag die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge 2020 in den Freien Berufen bei 43.140 (davon 12.711 ZFA und 15.533 MFA).

Neben den konjunkturellen Problemen stiegen pandemiebedingt auch die Schwierigkeiten, das Ausbildungsangebot der Praxen und Betriebe mit der Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen. Ausbildungsmessen, Jobbörsen und Betriebspraktika konnten ja in den meisten Regionen nicht stattfinden.

100 Bewerberinnen auf 106 Ausbildungsplätze

Corona ist aber nicht der einzige Grund für den geschrumpften Ausbildungsmarkt. Hinzu kommt, dasss die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger zurückgeht. Entsprechend dieser demografischen Entwicklungen kamen 2020 trotz Pandemie – genau wie im Vorjahr – auf 100 Bewerberinnen und Bewerber nahezu 106 Ausbildungsplätze. Dadurch nahm die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen 2020 auch bei den Freien Berufen zu – bundesweit blieben 4.200 Ausbildungsstellen unbesetzt, etwa 17,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Dennoch bleiben die Freiberufler drittgrößter Ausbilder in Deutschland. Der Ausbildungsbereich der Freien Berufe weist mit 12,5 Prozent den höchsten Ausländeranteil unter allen Ausbildungsbereichen auf und hat einen Frauenanteil von rund 92,3 Prozent. Auch die Ausbildung zum/r ZFA wählen nahezu ausschließlich Frauen (Frauenanteil 2019: 97,0 Prozent), die ZFA zählte auch im vergangenen Jahr zu den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen bei Frauen. Rund 44 Prozent der Zahnarztpraxen bilden derzeit aus. Die Anzahl der Auszubildenden an allen abhängig Beschäftigten in Deutschland, die sogenannte Ausbildungsquote, liegt in Zahnarztpraxen bei rund 9 Prozent.

2020 starteten 8 Prozent weniger ZFA-Azubis

Anhand der aktuellen Zahlen lässt sich für das im August begonne Ausbildungsjahr 2020/2021 ein rückläufiger Trend ablesen: Zwischen dem 1. Oktober 2019 und dem 30. September 2020 wurden bundesweit über 12.000 neue Ausbildungsverträge für ZFA abgeschlossen (D gesamt: 12.711; ABL: 11.301; NBL: 1.410). Im Vorjahreszeitraum waren es rund 13.800 Verträge.

Wegen der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen ökonomischen Restriktionen konnte das seit 13 Jahren anhaltende Niveau der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträgen für ZFA 2020 nicht gehalten werden. Die Ausbildungsleistung der Zahnarztpraxen sank um rund 8 Prozent (ABL: –7,70 Prozent; NBL: –8,97 Prozent).

Fakten und Zahlen

  • Die Gesamtzahl der neu abgeschlossenen dualen Ausbildungsverträge in Deutschland ging in diesem Ausbildungsjahr mit 467.500 gegenüber dem Vorjahr um 57.600 (11 Prozent) zurück.

  • Rein rechnerisch stehen 100 Bewerbern 106 Lehrstellen gegenüber (unverändert zu 2019).

  • Insgesamt wurden 12.711 Ausbildungsverträge zur ZFA zum 30. September 2020 neu abgeschlossen (alte Bundesländer: 11.301, neue Bundesländer: 1.410). Das ist ein Minus von 7,84 Prozent gegenüber 2019 (alte Bundesländer: –7,7 Prozent, neue Bundesländer: –8,97 Prozent).

  • 97 Prozent der ZFA-Azubis sind weiblich.

  • 19,4 Prozent der Auszubildenden haben einen ausländischen Pass.

  • 6.407 ZFA waren im Juni 2020 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Das sind über 50 Prozent mehr gegenüber Januar 2020.

  • 2019 bildeten 17.841 Zahnarztpraxen aus, das sind 44 Prozent aller Praxen.

Quellen: Erhebung über die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30. September 2020 des BiBB, 15. Dezember 2020; Statistisches Jahrbuch 2019/2020 der BZÄK; Bundesagentur für Arbeit; (Landes- und Bezirks-)Zahnärztekammern

„Im Vergleich zu den Vorjahren erweist sich die Ausbildungsleistung aufgrund der pandemiebedingten Konjunkturkrise in den zurückliegenden zwölf Monaten in den Zahnarztpraxen zwar rückläufig, jedoch fällt der Rückgang mit knapp acht Prozent noch relativ moderat aus“, verdeutlicht D.M.D./Univ. of Florida Henner Bunke, Vorstandsreferent der BZÄK für den ZFA-Bereich und Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen.

Dennoch mahnt BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich angesichts dieser Zahlen, die Corona-Krise nicht zu einer tiefgreifenden Ausbildungskrise werden zu lassen. Beide begrüßen deshalb das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ – mit den Fördermaßnahmen Ausbildungsprämie, Zuschuss zur Ausbildungsvergütung zur Vermeidung von Kurzarbeit und Übernahmeprämie –, das Ende 2020 noch nachgebessert wurde, damit Praxen und Betriebe in der Krise weiterhin ausbilden können.

Denn auch 2021/2022 sei wegen der Pandemie und des damit verbundenen Konjunktureinbruchs Zurückhaltung der Ausbilder zu erwarten. Ziel der BZÄK sei deshalb, viele junge Menschen für den Beruf der ZFA zu begeistern, aber eben auch Zahnärztinnen und Zahnärzte von der Notwendigkeit der Ausbildung auch in diesen schwierigen Zeiten zu überzeugen.

Ausbildungsverordnung für ZFA wird neu geordnet

Bereits 2018 hatten sich die BZÄK, der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) und ver.di als Sozialpartner darauf verständigt, eine Novellierung des Berufsbildes ZFA zu prüfen. Eine Voruntersuchung legte daraufhin das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in 2020 vor:
https://www.bibb.de/dienst/dapro/daprodocs/pdf/eb_22325.pdf

Das mit den Sozialpartnern abgestimmte Novellierungsverfahren soll nun 2021 starten. Es wird arbeitgeberseitig durch das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB), den BFB und die BZÄK begleitet und unterstützt. Ziel ist, eine moderne Ausbildungsordnung mit weiterhin hohem Qualifikationsniveau auf den Weg zu bringen. Mit dem Inkrafttreten kann voraussichtlich zum 1. August 2022 gerechnet werden.

Die BZÄK verteidigt gegenüber der Politik die Systemrelevanz des zahnärztlichen Heilberufs: Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen sind für die Ausübung unseres Berufs essenziell. Dass Kolleginnen und Kollegen trotz erheblicher Umsatzeinbußen die wichtige Ausbildung zur ZFA weiterhin anbieten, ist nicht selbstverständlich und bedarf der ökonomischen Flankierung, die der Bund nunmehr folgerichtig bis zum Juni 2021 fortsetzt.

Wer weiterhin ausbildet oder sogar neue Lehrstellen anbietet, kann Prämien von 2.000 beziehungsweise 3.000 Euro beantragen. Die BZÄK weist darauf hin, dass der Staat auch Zuschüsse zu den Ausbildungsvergütungen und Übernahmeprämien zahlt, wenn Azubis aus insolventen Betrieben übernommen werden. So sollen eine „Ausbildungsgeneration Corona“ und ein anschließender Fachkräftemangel verhindert werden, wenn die Konjunktur wieder anzieht.

Für Zahnärztinnen und Zahnärzte, die in den vergangenen Jahren ihren Ausbildungsbedarf möglicherweise nicht decken konnten, könnte die aktuelle Situation der BZÄK zufolge auch eine Chance sein, gut qualifizierte Bewerberinnen oder Bewerber zu finden. Zugleich könnten die Praxen, wenn sie die Bedingungen erfüllen, von den Zuschüssen des Staates profitieren.

Dr. Sebastian Ziller, MPH

Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄK,
Chausseestr. 13, 10115 Berlin

Dr. Sebastian Ziller

Leiter der Abteilung Prävention
und Gesundheitsförderung
der Bundeszahnärztekammer
Chausseestr. 13, 10115 Berlin

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