Unsere Azubis inmitten der Pandemie

Gerade in dieser schwierigen Corona-Zeit dürfen wir unsere Azubis nicht alleine lassen. Es ist für sie schon schwer genug, da sollten nicht noch Lernprobleme oben drauf kommen. Nutzen Sie Ihre Chance, ein sehr guter Ausbilder zu sein, und geben Sie Ihr Wissen weiter. Schließlich ist jetzt die beste Zeit, um „Learning by Doing“ zu vermitteln. Denn nur so können wir gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Die Auszubildenden in den Arzt- und Zahnarztpraxen müssen wir besonders schützen. Wir dürfen sie nicht überfordern und haben zugleich die Ausbildung im dualen System, also im Betrieb und in der Berufsschule, auch in der Pandemie zu gewährleisten.

„Lernen in der Praxis kann mega viel Spaß machen, wenn man konstruktiv unterstützt wird.“

Viele Azubis haben aber Angst zu fragen, wenn sie in der Schule nicht mitgekommen sind oder auch in der Praxis etwas nicht verstanden haben. Nehmen Sie ihnen die Angst und ermuntern Sie sie, auf Sie zuzukommen und nachzuhaken. Auch die ausgelernten Kolleginnen können und dürfen ihr Wissen vermitteln. Nur durch ein gutes Miteinander können Sie Ihren Schützlingen die Angst vor Klassenarbeiten, Zwischenprüfungen und auch Abschlussprüfungen nehmen. Das ist auch ein Vertrauensbeweis, denn wer Vertrauen zu seinem Arbeitgeber hat, sucht den Kontakt und fragt auch gerne nach.

Deshalb:

  • Sprechen Sie mit ihren Azubis über den Lehrstoff, der gerade vermittelt wird.

  • Erklären Sie während der Behandlung: Was wird gemacht, welches Material wird verwendet, warum wird es gemacht.

  • Und – das ist ganz entscheidend: Fragen Sie nach den Abrechnungspositionen!

  • Geben Sie den Auszubildenen die Zeit für den Online-Unterricht und stellen Sie sie dafür frei. Nur so wird es ein lebendiges Lernen und macht Spaß.

Nehmen Sie auch Ihre Fürsorgepflicht ernst. Dazu gehört, dass Sie die im Team erstellten Hygienekonzepte anpassen und dabei die räumlichen Gegebenheiten berücksichtigen.

Stimmen von Azubis und Lehrern

Die Zeit zum Lernen auf der Arbeit ist gleich null
Ich bin im 2. Lehrjahr meiner Ausbildung und stehe kurz vor der Zwischenprüfung. Online-Unterricht gibt es, doch ist der nicht gerade hilfreich. Anstatt 45 Minuten dauert er oft nur 30 und an Anfang werden immer 10 Minuten Anwesenheit gemacht, geklärt, ob man den Lehrer hört und so weiter. Ich als Lehrling fühle mich absolut unsicher, so in die Zwischenprüfung zu gehen. Für die Zeit, in der ich normalerweise Präsenzunterricht hätte, wurde ich von meinem Arbeitgeber freigestellt, aber: Die Zeit zum Lernen auf der Arbeit ist gleich null. Ich habe zwar zu Zeiten des eigentlichen Unterrichts Zeit, meine Aufgaben zu erledigen, jedoch scheitere ich da oftmals. Es ist mir einfach nicht möglich, all den fehlenden Stoff selbstständig nachzuholen, wobei es da schon am Verstehen scheitert. Momentan ist es in unseren Praxen ruhig. Aber Anfang Corona im März 2020 war es das reinste Chaos. Ich habe komplett durchgearbeitet, war jeden Tag mit meinen Nerven am Ende nach über 100 Patienten pro Tag. Also gab es sozusagen bis zu den Sommerferien absolut keinen Stoff zum Lernen. Ich fühle mich als Lehrling zurückgelassen. Ich hatte das Ziel, meine Ausbildung zu verkürzen und einen guten Notenschnitt zu haben, was ich absolut vergessen kann. Realschüler müssen keine mündliche Prüfung machen, eventuell sogar keine schriftliche – und wir müssen in die Zwischenprüfung? Absurd.

Wir bezahlen mit unseren Noten
Wir hatten insgesamt über ein halbes Jahr keinen Unterricht, fast keinen Kontakt zu Lehrern, wurden auf der Arbeit ausgelaugt und müssen dafür mit unseren Noten bezahlen. Wo bleibt da die Unterstützung? Meiner Meinung nach ist das das Schlimmste, was hätte passieren können. Alleingelassen zu werden mit Stoff, den man sich niemals aus eigener Hand beibringen kann.

Präsenzunterricht ohne Hygieneregeln
Ich bin in einer Abschlussklasse in Hessen. Gehe nächste Woche in die vorgezogene praktische Prüfung. Präsenzunterricht! Die komplette Klasse ist in der Schule. Null Infektionsverhütung durch Kontaktbeschränkungen. Selbst der Sportunterricht findet statt, zwar im Klassenraum und mit autogenem Training, aber statt dass man versäumte Themen nachbespricht, wird Knall auf Fall weitergearbeitet. Die Klasse sollte ab 15 Schülern getrennt werden – gestern waren wir 12. Also alle in einem Raum. Weder die Tische werden gescheit desinfiziert, noch werden die AHA+L-Regeln konsequent eingehalten. Manche Schülerinnen gehen gemeinsam rauchen in der Pause. Da Präsenzunterricht stattfindet, gilt auch Anwesenheitspflicht. Ganz ehrlich ... ich habe erstens Angst vor der Prüfung noch krank zu werden durchs Lüften, zweitens Angst doch noch Corona zu bekommen oder aber drittens in Quarantäne zu müssen, weil sich wieder irgendeine angesteckt hat. Wir hatten bereits positive Fälle in der Klasse.

Online-Unterricht ist nicht einfach, aber möglich
Ich kann nur von den Umschülern berichten, die wir hier in Berlin zweimal wöchentlich unterrichten. Seit dem Lockdown wurde natürlich wieder auf Online-Unterricht umgestellt. Das ist nicht einfach, aber möglich! Ähnlich wie bei Zoom, hat man die acht bis zehn Umschüler am Bildschirm vor sich. Mithilfe von Lehr- und Arbeitsbüchern sowie PPTs lässt es sich relativ gut arbeiten. Was natürlich fehlt ist der lebhafte Austausch im Klassenzimmer, die Pausen, in denen man eventuell mal über etwas anderes sprechen kann. Wie müssen die Zeit jetzt – so, wie sie ist – einfach bestmöglich meistern, dennoch freue ich mich schon sehr auf die Zeit, in der wir im Klassenzimmer stehen und unterrichten können.

Darüber hinaus ist wichtig, dass die Notbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Schulen aufgrund der Systemrelevanz der MFA und ZFA gesichert ist. Andernfalls muss bei Schließung der jeweiligen Einrichtung aus Sicht des VmF ein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer*innen bestehen.

Verletzt eine Praxis ihre arbeitsschutzrechtlichen Pflichten, muss der Schutz der Mitarbeitenden besondere Berücksichtigung finden. Das bedeutet auch: Wenn sich MFA und ZFA vertrauensvoll an die zuständigen regionalen Stellen wenden, sind ihre Sorgen ernst zu nehmen und Betriebe im Verdachtsfall zu überprüfen.

Zusätzlich muss eine verstärkte Überzeugungsarbeit geleistet werden, um das Präventionsbewusstsein bei medizinischem Personal im niedergelassenen Bereich zu verbessern. Hier gilt es beispielsweise, die Durchimpfungsrate bei Grippe, Pertussis und Pneumokokken zu erhöhen. Und aktuelle selbstverständlich bei Corona!

Und schließlich muss natürlich die Gehaltssituation der Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten deutlich verbessert werden.

Das alles können wir gemeinsam mit Ihnen als Arbeitgeber umsetzen und schaffen.

Mit Blick auf diese vorhersehbare Entwicklung und die weiteren Probleme, die sich am Anfang der Pandemie abzeichneten, hat der Verband medizinischer Fachberufe e.V. einen 10-Punkte-Plan erarbeitet und an die Gesundheitspolitiker auf Bundes- und Landesebene geschickt. Der VmF ist die unabhängige Interessenvertretung für die Berufsangehörigen in Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen sowie zahntechnische Laboratorien.

 

Sylvia Gabel

Referat Zahnmedizinische Fachangestellte,
Verband medizinisch Fachberufe (VmF) e.V.

Sylvia Gabel

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