Der besondere Fall mit CME

Der aufsteigende Unterkieferast als follikuläre Zyste

Daniel G. E. Thiem, Peer W. Kämmerer
Aufgrund der Schmerzlosigkeit handelt es sich bei den meisten kleineren Fällen follikulärer Zysten um Zufallsbefunde im Rahmen der zahnärztlich radiologischen Routineuntersuchung. Erst bei einer Größenzunahme mit extraoral spür- und sichtbarer Verdrängung der kortikalen Knochenlamelle oder bei einer Infektion der odontogenen Zyste suchen die Patienten eine Zahnarzt-, MKG- oder oralchirurgische Praxis auf, wie der vorliegende Fall zeigt.

Im März 2020 stellte sich eine 57-jährige Patientin nach Überweisung durch einen niedergelassenen Oralchirurgen in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz mit Bitte um Weiterbehandlung bei einer ausgedehnten zystischen Raumforderung im Bereich des linken Unterkiefers vor.

Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine solide, tast- und sichtbare Schwellung der linken Gesichtshälfte (Abbildung 1). Anamnestisch berichtete die Patientin von einer für sie nicht spürbaren, weil damals schmerzlosen Befundprogredienz. Aus der Krankenakte ergaben sich weiter eine drei Monate zuvor als apikale Aufhellung fehlinterpretierte Veränderung des Zahnes 37 sowie eine daraus folgende endodontische Wurzelkanalbehandlung. Diese wiederum trug jedoch aufgrund der begrenzten Abbildungsgröße des Zahnfilmsensors nicht zur Darstellung der Grenzen der Raumforderung und somit zur Diagnosestellung bei. Erst eine Übersichtsaufnahme in Form einer Orthopantomografie (OPG), durchgeführt durch den behandelnden Oralchirurgen, zeigte das Ausmaß des zystischen Geschehens mit dem impaktierten und verlagerten Zahn 38.

Aufgrund der erhöhten Frakturgefahr bei bereits ausgedehnter Knochenresorption wurde mit der Patientin nach Anfertigung der komplettierenden 3-D-Bildgebung (digitale Volumentomografie) ein zeitnaher Termin zur Diagnosesicherung durch Probeentnahme in Allgemeinanästhesie vereinbart (Abbildung 2). Bereits in der darauffolgenden Woche konnte der Eingriff durchgeführt und die intraoperativ gut erreichbare, klinisch als follikulär anmutende Zyste in toto im Sinne einer Zystektomie mit Osteotomie des Zahnes 38 entfernt werden. Hierbei stellten sich das Vestibulum als solide verstrichen und die darunterliegende Kortikalis nach Schleimhautpräparation pergamentartig ausgedünnt dar (Abbildung 3). Auf eine zusätzliche Stabilisierung mittels Osteosyntheseplatte wurde bei ausreichendem Restknochen verzichtet.

Nach unauffälligem stationärem Aufenthalt konnte die Patientin bereits zwei Tage nach der Operation bei regredienter Schwellung und reizlosen Lokalverhältnissen mit der dringenden Empfehlung zur strengen Einhaltung einer flüssig-weichen Diät für vier Wochen in die Häuslichkeit entlassen werden. Der histopathologische Befundbericht bestätigte die intraoperative Verdachtsdiagnose einer follikulären Zyste (Abbildung 4), so dass bei bereits endodontisch vorbehandeltem Zahn 37 auf weitere therapeutische Schritte verzichtet und die Patientin in die regelmäßige klinische Nachsorge durch ihren Hauszahnarzt entlassen werden konnte. Bei einer Nachsorgedauer von nunmehr acht Monaten traten keine Komplikationen auf.

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