Leitartikel

Die neue PAR-Richtlinie – ein großer Schritt für die zahnärztliche Versorgung

Wolfgang Eßer

Seit vielen Jahren setzt die Zahnärzteschaft alles daran, die große Volkskrankheit Parodontitis in den Griff zu bekommen. Die Prävalenz dieser gravierenden Erkrankung ist nicht nur in Deutschland sehr hoch. Hier ist nahezu jeder Zweite betroffen, oft ohne dass dies den Menschen bewusst wird. Dabei hat die Parodontitis nicht nur Auswirkungen auf die Mundgesundheit selbst, sondern steht in kausalem Zusammenhang mit zahlreichen systemischen Erkrankungen wie Diabetes, Herzerkrankungen, Schlaganfall und Arthritis. Diese Zusammenhänge sind in der Bevölkerung kaum bekannt. Das Wissen um Ursachen, Entstehung, Folgen, Vorbeugemaßnahmen oder Therapiealternativen fehlt häufig. Will man der Erkrankung zukünftig besser Herr werden, müssen dem sowohl eine patientengerechte Aufklärung als auch eine entsprechende wirksame zahnmedizinische Versorgung entgegengestellt werden, gleichzeitig müssen Gesundheitskompetenz und Prävention deutlich gestärkt werden.

Der KZBV ist es daher seit Langem ein wichtiges Anliegen, die Behandlung von Parodontitis in der vertragszahnärztlichen Versorgung an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen. Die heute noch gültigen Regelungen der Behandlungs-Richtlinie sind seit Jahrzehnten veraltet, die Vergütung in diesem Leistungsbereich ist nicht angemessen, eine suffiziente Therapie im Rahmen der GKV damit kaum möglich.

Dies wird sich nun ändern: Zum 1. Juli 2021 wird – vorbehaltlich der Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit – die neue PAR-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft treten. Diese Richtlinie ist ein versorgungspolitischer Meilenstein auf dem Weg zu einer weiteren Verbesserung der Mundgesundheit in unserem Land, für den sich die KZBV im Verbund mit der Wissenschaft vehement im G-BA eingesetzt hat. In den Gremien hat die KZBV ihre detaillierten Konzepte für eine zeitgemäße, systematische Parodontitistherapie umfangreich umsetzen können.

Parodontitis wird ab dem 1. Juli 2021 nach Maßgabe einer umfassenden, am individuellen Bedarf ausgerichteten Versorgungsstrecke systematisch behandelt werden können. Grundlage sind die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse, abgebildet in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) und der European Federation of Periodontology (EFP). Versicherte erhalten danach zukünftig im Zusammenhang mit der eigentlichen antiinfektiösen Therapie unter anderem eine patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung. Dazu wird als eigener Therapieschritt ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch verankert, um das Verständnis über die Auswirkungen der Erkrankung zu schaffen und die Mitwirkung der Versicherten zu stärken. Die „sprechende Zahnmedizin“ findet damit erstmals Eingang in die Versorgung. Einen zentralen Stellenwert hat in der neuen Behandlungsstrecke die unterstützende Parodontitistherapie (UPT). Versicherte können, ausgerichtet am individuellen Bedarf, künftig zwei Jahre nach Abschluss der aktiven Behandlungsphase eine strukturierte Nachsorge in Anspruch nehmen, um den Behandlungserfolg nachhaltig zu sichern. Die Frequenz der UPT wird bedarfsgerecht ans individuelle Patientenrisiko angepasst. Damit wird eine entscheidende Lücke in der bisherigen parodontologischen Versorgung in Deutschland geschlossen.

Mit dieser Richtlinie wird die Zahnärzteschaft ihrem Anspruch und Auftrag gerecht, daran mitzuwirken, dass allen gesetzlich Krankenversicherten eine Versorgung nach dem aktuellen Stand der Zahnmedizin als Kassenleistung zur Verfügung gestellt wird.

Aktuell stehen wir im Bewertungsausschuss vor der anspruchsvollen Aufgabe, die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung in der vertragszahnärztlichen Versorgung zu schaffen. Denn eine zeitgemäße Parodontitistherapie auf der Basis der jetzt verabschiedeten Richtlinie kann nur dann erfolgreich in der Versorgung umgesetzt werden, wenn die Leistungen angemessen honoriert werden. Wie in der Vergangenheit werden wir auch in diesen Verhandlungen professionell aufgestellt sein. Ich bin sicher, dass unsere Mühen am Ende von Erfolg gekrönt sein werden. Für den 30. April ist die Sitzung des zuständigen Bewertungsausschusses vorgesehen. Danach wissen wir mehr.

Dr. Wolfgang Eßer

Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

Dr. Wolfgang Eßer

Vorstandsvorsitzender der KZBV

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Universitätsstr. 73,
50931 Köln

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