Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

Ein Bild und seine Geschichte

Ein historisches Foto gelangt zufällig in den Besitz der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK). Das Foto vermittelt nicht nur einen Eindruck von der Mode der damaligen Zeit. Es zeigt auch ein Who’s Who der Zahnheilkunde im frühen 20. Jahrhundert.

Diese Abbildung, zu der es leider keine Bildlegende gibt, offenbart nicht nur detaillierte Einblicke in die modischen Gewohnheiten der damaligen Zeit – man beachte die aufwendige Staffage der Damen, die gepflegten Bärte der Herren und den allgegenwärtigen „Vatermörder“. Es zeugt auch von Frohsinn und einer gewissen Heiterkeit, speziell wenn man auf den Bildrand oben links schaut. Dort halten zwei enthusiastisch wirkende Herren das Schild „Einlage“ hoch, man darf dahinter wohl die noch junge Endo-Fraktion vermuten. 

Und auch den Damen auf dem Foto kommt vielleicht eine besondere Rolle zu. Es müssen nicht alle Abgebildeten die Begleitung ihres jeweiligen Gatten gewesen sein, denn ab dem Jahr 1900 war Frauen das Medizinstudium gestattet. Vielleicht sehen wir hier also einige der ersten Zahnärztinnen Deutschlands.

Die Eleganz, mit der sich zwei der Protagonisten leger zu Füßen des in jenem Jahr aus dem Amt geschiedenen Präsidenten platzieren, des Amerikaners Prof. Dr. mult. Willoughby D. Miller (Präsident von 1900 bis 1906, in der Mitte der vorderen Reihe, mit dem Kreissägen-Hut und dem nach vorn weisenden Bart), hat etwas von schierem Sommer-Idyll. 

Eleganz war auch für die Herren ein Thema

Neben dem Präsidenten dürfte seine Gattin abgelichtet sein, sie trägt eine Kopfbedeckung mit schwer identifizierbarer Flora. Der aus Sicht des Betrachtenden rechte Herr zu Füßen Millers könnte sein Nachfolger, Prof. Dr. Dr. Otto Walkhoff (1906–1926), sein. Miller wirkte übrigens 30 Jahre lang in Deutschland, sammelte sportliche Meriten als Deutscher Meister im Golfsport und verstarb ein Jahr nach dieser Momentaufnahme in seiner Heimat USA an den Folgen einer Appendizitis. 

So kam das Foto zur DGZMK 

Das Foto stellte der DGZMK eine Antik-Liebhaberin aus Bonn zur Verfügung. Sie hatte vor Jahren auf einem Antikmarkt in Linz einen Fotorahmen gekauft, die historische Aufnahme bildete die Rückwand zu einer Christusszene von Ludwig Max Roth (Düsseldorf). Die Gesamtgröße des Blattes beträgt 45 x 61 Zentimeter. Das Bild wird künftig in der DGZMK-Geschäftsstelle in Düsseldorf zu bewundern sein.

Miller hatte zunächst Chemie, Naturphilosophie und Angewandte Mathematik studiert, ehe er sich der Zahnmedizin und der Medizin widmete. Laut Wikipedia erhielt er 1884 als erster Ausländer eine Professur an einer deutschen Universität, und zwar für operative Zahnheilkunde an der Charité. Er studierte zudem Bakteriologie bei Robert Koch und erwarb den Doktorgrad in Allgemeinmedizin. Sein Hauptwerk „The Microorganisms of the Human Mouth“ erschien 1890 und stellte die bahnbrechende und bis heute gültige Theorie auf, wonach Bakterien der Mundflora Kohlenhydrate zu Säuren abbauen, die ihrerseits den Zahnschmelz entkalken, anschließend können Bakterien in den Zahn eindringen und das Dentin zerstören. Damit stellte er die zahnmedizinische Forschung auf eine solide biologische Basis. Alle wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Kariesprophylaxe seither stützen sich bekanntlich auf Millers Forschungsarbeit. 

Eine Prise Kokain machte Anästhesie überflüssig

Inhaltlich beschäftigte die Jahrestagung sich mit den damals gängigen Narkoseverfahren und der daraus resultierenden Mortalität. Aus heutiger Sicht höchst interessant dürfte dabei die Feststellung sein, dass im Jahr 1905 weniger Narkotika eingesetzt wurden, weil Kokain und Novokain mit Nebennierenextrakt häufiger angewendet wurden und diese Form der Lokalanästhesie die allgemeine Betäubung in hohem Maß überflüssig machte. Außerdem stellte Zahnarzt Kunert Brückenarbeiten nach dem Gussverfahren mit Schraubenbefestigung vor.

Der Centralverein als Vorläufer der heutigen Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) gilt mit dem Gründungsjahr 1859 als älteste nationale zahnmedizinische Vereinigung. 

Markus Brakel

Pressesprecher der DGZMK 

Wer mehr über die Historie des CvDZ erfahren möchte, dem sei die „Geschichte des Centralvereins Deutscher Zahnärzte 1859–1909“ von Julius Pareidt empfohlen, die 1909 im Springer-Verlag erschienen ist.

Markus Brakel

Pressesprecher der DGZMK

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.