ERO-Vollversammlung

Corona bleibt für die Zahnärzte in Europa das Thema

Delegierte aus 31 Ländern waren am 17. April zur Vollversammlung der Europäischen Regionalorganisation (ERO) des Weltzahnärzteverbands (FDI) zugeschaltet. Da das Treffen in Bukarest wegen Corona abgesagt worden war, fand die Veranstaltung als Livestream mit Simultan-Übersetzung statt. Zentrales Thema: die Pandemie und deren Folgen auf die zahnärztliche Berufsausübung in Europa.

FDI-Präsident Dr. Gerhard Seeberger und James Coughlan, Präsident der europäischen Vereinigung der Zahnmedizinstudierenden (EDSA), richteten Grußworte an die Versammlung, zu deren Ehrengästen die ehemalige FDI-Präsidentin Michèle Aerden und Anna Lella gehörten, die vor Dr. Michael Frank das Präsidentenamt der ERO innehatte.

Klar im Fokus standen die Pandemie und deren Auswirkungen auf die zahnärztliche Berufsausübung in den europäischen Ländern. In seinem Bericht betonte Frank noch einmal, dass – ungeachtet der sehr unterschiedlichen Situation in den Mitgliedsländern, gerade zu Beginn der Pandemie – Zahnarztpraxen weder für die Patienten noch für das Praxisteam Orte eines erhöhten Infektionsrisikos waren und sind. Auf Unverständnis stieß bei den Delegierten in dem Zusammenhang der Umstand, dass in zwei Dritteln aller ERO-Mitgliedsländer die Zahnärztinnen und Zahnärzte immer noch von einer Beteiligung an den nationalen Impfkampagnen ausgeschlossen sind. Hier weiter mit Nachdruck auf Veränderungen hinzuwirken sei eines der erklärten Ziele des ERO-Boards und der ERO-Mitgliedstaaten.

In vielen Ländern dürfen Zahnärzte nicht impfen

Ein weiteres Thema: die durch eine Meldung der WHO im August 2020 ausgelöste zeitweilige Verwirrung, man solle aufgrund des Infektionsschutzes alle nicht notwendigen Behandlungen aufschieben. Durch eine zeitnahe Intervention der FDI sei dies seitens der WHO korrigiert worden – wesentlich intendiert durch Aktivitäten des ERO-Boards. 

Vorstellung der Kandidaten im Rat

Dr. Susie Sanderson (Vereinigtes Königreich) hat sich für eine zweite Amtszeit als Speaker des Weltparlaments beworben. Dr. Paulo Melo (Portugal) hat sich ebenfalls für eine zweite Amtszeit als FDI-Ratsmitglied bereit erklärt. Um die Position als Ratsmitglied für die Region Europa haben sich Dr. Michael Sereny (Deutschland), Dr. Sophie Dartevelle (Frankreich), Dr. Duygu Ilhan (Türkei), Dr. Anna Lella (Polen) und Dr. Victor Chan (Vereinigtes Königreich) beworben. Alle Kandidaten stellten sich den ERO-Delegierten vor.

Neben den Berichten des Vorstands und den Abstimmungen stellten auch die Arbeitsgruppen der ERO ihre Ergebnisse vor: zur zahnärztlichen Ausbildung, zur alternden Bevölkerung, zur Digitalisierung und zur künstlichen Intelligenz, aber auch zum Praxisteam, zur freiberuflichen Praxis, zu Wissenschaft und zahnärztlicher Praxis und zur Zusammenarbeit mit dem Council of European Dentists (CED) im Bereich antimikrobieller Resistenz.

Digital ist gut, in Präsenz ist besser

Die Abstimmungen konnten dank eines neuen Verfahrens auf elektronischem Weg durchgeführt werden. Auch die Vorstellung der Kandidaten für die Posten von Council members beziehungsweise Speakers in den Reihen des zahnärztlichen Weltverbands erfolgte online.

Prof. Paulo Melo (Portugal), Dr. Michael Sereny (Deutschland), Dr. Sophie Dartevelle (Frankreich), Dr. Duygu Ilhan (Türkei), Anna Lella (Polen), Dr. Susie Sanderson und Dr. Victor Chan (Vereinigtes Königreich) präsentierten sich jeweils in kurzen Statements für die genannten Positionen in der FDI.

„Auch wenn digitale Events ein persönliches Zusammentreffen nicht dauerhaft ersetzen können – man denke etwa nur an die vielen spontanen, kollegialen Gespräche in den Sitzungspausen – haben wir durch Corona gelernt, dass andere Wege möglich und gangbar sind“, kommentierte ERO-Präsident Dr. Michael Frank die Veranstaltung.

Aber Corona hat andere Wege aufgezeigt

„Wir haben eine sehr gute Vollversammlung erlebt und ich habe im Nachgang von vielen Beteiligten ein durchweg positives Feedback erhalten. Dennoch hoffen wir alle, dass die nächste Versammlung im September des kommenden Jahres wieder in gewohnter Form stattfinden kann, und wir freuen uns schon jetzt auf die Gastfreundschaft unserer rumänischen Kolleginnen und Kollegen.“  

Aus der Welt der ERO

Wissen Sie, was die ERO macht, woran die Kollegen in den AGs arbeiten und was gerade hochkocht? Wir zeigen einen kleinen Ausschnitt aus der Arbeitswelt der europäischen Zahnärzte. Ganz schön handfest, oder?

Qualität in der Zahnheilkunde
Eine Umfrage unter den nationalen Zahnarztverbänden zu Qualitätskontrollen in den Zahnarztpraxen kam zu folgenden Ergebnissen: In zwei Dritteln der Länder gibt es verbindliche Vorgaben, deren Nicht-Einhalten mit Sanktionen bewehrt ist.

Die Freie zahnärztliche Berufsausübung in Europa
Eine Fremdinvestoren-gesteuerte Zahnmedizin und die zunehmende Ökonomisierung des Berufsstands sind weiterhin ein großes Problem in vielen Mitgliedsländern. Aktuell sieht man in der ERO jedoch keine Möglichkeiten, diese Entwicklung aufzuhalten. Die junge Generation von Zahnärztinnen und Zahnärzten müsse sich entscheiden, in welchen Strukturen sie arbeiten will. Eine europaweite Studie der ERO in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bern und Mainz zeigt, dass die Zahnärzteschaft in Zukunft deutlich „weiblich geprägt“ sein wird. Zudem hat die Studentenschaft ganz unterschiedliche Meinungen zu den verschiedenen Arbeitsmodellen. Viele Studierende haben über ihren Karriereweg aber noch gar nicht nachgedacht oder sich noch nicht entschieden.

Beziehung zwischen Zahnärzten und Universitäten
Eine Umfrage in den ERO-Mitgliedstaaten zur professionsübergreifenden Zusammenarbeit unter 25 Ländern ergab, dass diese Praxis bei der Ausbildung der Studierenden schon – teilweise – gelebt wird. Die Patientenzentriertheit wird dabei sehr positiv bewertet. Allerdings befürchtet man die Vermischung von Kompetenzen und Arbeitsfeldern. Zudem wurden schlechte Verdienstmöglichkeiten, ein Mangel an Ausbildern und zu wenig verfügbare Methodik als Hindernisse bei der professionsübergreifenden Zusammenarbeit gesehen.

Alternde Bevölkerung
Zurzeit wird ein Handlungsleitfaden für Pfleger zur mundgesundheitlichen Versorgung von Bewohnern in Seniorenheimen vorbereitet.

Fortbildung in der Zahnheilkunde
Eine Online-Studie unter Zahnmedizinstudierenden kommt zu dem Ergebnis, dass der durch die Pandemie entstandene Unterrichtsausfall theoretische und praktische Wissenslücken hinterlassen hat.

Integration
Die AG Integration fördert den Prozesses der Harmonisierung von Regelungen und Gesetzgebungen zwischen den europäischen Ländern und den neuen demokratischen Ländern.

Dental Team
Die Arbeit des zahnärztlichen Teams war von der Pandemie und deren Einschränkungen, insbesondere während des ersten Lockdowns, sehr betroffen. Eine Umfrage offenbart Einschränkungen bei der Arbeit, Einbußen bei den Einnahmen und Änderungen in den Praxisabläufen. Klar wurde aber auch, dass die zahnärztlichen Teams während und nach der Krise einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Mundgesundheit – und damit zur Allgemeingesundheit – leistet. Diese Aufgabenstellung könne allerdings nur erfüllt werden, wenn ausreichend Schutzausrüstung vorhanden ist. Derzeit arbeitet diese AG daran, die Beschreibungen von Arbeitsweise und -umfeld der zahnärztlichen Teams in den europäischen Praxen an die im Zuge der Pandemie veränderten Bedingungen anzupassen.

Nach heutigem Stand tagt das FDI-Weltparlament 2022 in Mumbai, Indien, 2023 in Sydney, Australien, und 2024 in China.

ck/vr

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