Generation Y

„Jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt üben einen freien Beruf aus“

Dr. rer. pol. David Klingenberger ist stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln. Er hat das Buch „Junge Zahnärztinnen und -ärzte“ maßgeblich begleitet. Die zm sprachen mit ihm über die neuen Erkenntnisse, die sich aus dem Buch ableiten lassen.

Worin unterscheidet sich die untersuchte Generation Y, also die der nach 1980 Geborenen, am deutlichsten von der vorherigen Generation X und den Babyboomern?

Dr. David Klingenberger: Die beruflichen Einstellungen und Entscheidungen der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte sind, das zeigt die IDZ-Studie, nur zu einem gewissen Teil von den Einstellungen ihrer Generation geprägt.

Das bedeutet konkret, dass sich die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht zwangsläufig von ihren Vorgängergenerationen unterscheiden. Die Einstellungen der Generation Y werden nämlich durch weitere Einflüsse überlagert. Hier ist die familiäre Sozialisation, etwa durch zahnärztlich tätige Eltern, ebenso wirksam wie die berufliche Sozialisation im Studium sowie in der Assistenzzeit.

Auch einschneidende Ereignisse, sogenannte Periodeneffekte, können sich auf die beruflichen Einstellungen und Verhaltensweisen auswirken. So könnte auch die Corona-Pandemie beispielsweise deutliche Spuren im Hinblick auf künftige berufliche Entscheidungen der jungen Menschen hinterlassen. 

Und wo gibt es große Übereinstimmungen?

Das knüpft an die vorherige Frage an. Die Studie konnte verdeutlichen, dass sich das zahnärztliche Berufsbild über die Jahre nur wenig verändert hat, es finden sich kaum gänzlich neue Trends. Die Übereinstimmungen zwischen den Generationen überwiegen insofern.

Der – im Unterschied zu den anderen ärztlichen Berufsgruppen – vergleichsweise homogene zahnärztliche Berufsstand zeichnet sich dadurch aus, dass der Wunsch nach einer beruflichen Betätigung in der Patientenversorgung generationenübergreifend sehr ausgeprägt ist. Hier scheren nur wenige aus, dies gilt insbesondere für die jüngere Generation.

Welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht?

Ich muss gestehen, dass wir den Einfluss der Generationenzugehörigkeit zu Beginn unserer Längsschnittstudie als wesentlich wirksamer ein- geschätzt hatten. Die Stabilität vieler beruflicher Einstellungen und Verhaltensmuster im Zeitverlauf hat uns in der Tat überrascht.

Deutlich wurde aber im Verlauf der Studie auch, wie stark veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen die beruflichen Entscheidungen beeinflussen können. War bis ins Jahr 2006 noch die Niederlassung absolut bestimmend, so ist seit dem Jahr 2007 infolge der vielfältigen Möglichkeiten einer Anstellung eine deutlich gedämpfte Niederlassungsneigung erkennbar. Die Generationenzugehörigkeit scheint in dieser Frage erstaunlicherweise keinen bestimmenden Einfluss zu haben.

Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte gehen zumindest zu Beginn ihres Berufslebens immer häufiger in die Anstellung. Gleichzeitig scheinen sie zunehmend mit dem Begriff der Freiberuflichkeit zu fremdeln. Gibt es aus Ihrer Sicht eine Verbindung?

Durchaus. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen zu sein, dass die Freiberuflichkeit gedanklich stark mit der Niederlassung in eigener Praxis in Verbindung gebracht wird, aber nur selten mit dem zahnärztlichen Beruf in Anstellung.

Freiberuflichkeit bedeutet nach dieser Lesart „sein eigener Chef sein“. Das ist allerdings ein bedauerliches Missverständnis, denn es ist nicht relevant, ob die Tätigkeit selbstständig oder in einem Angestelltenverhältnis erfolgt. Jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt üben einen freien Beruf aus. Von Seiten des Berufsstandes wird dies immer wieder betont. Aber möglicherweise wird dieses Missverständnis auch durch Veränderungen im Berufsalltag genährt. Man wird genau beobachten müssen, inwiefern in den vielen neu entstandenen und von Fremdinvestoren geführten Versorgungszentren die zentralen Werte der Freiberuflichkeit, etwa die der eigenverantwortlichen und unabhängigen Leistungserbringung, noch gültig sind.

Wenig Verbindung scheinen die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte auch zu den Standesorganisationen zu haben. Woran liegt das aus Ihrer Sicht und was muss getan werden, um dies zu ändern?

Die ersten Kontakte mit den Standesorganisationen sind in mancher Hinsicht durch bürokratische Vorgänge geprägt. Dieser erste Eindruck kann ein überwiegend negatives Bild der gesamten zahnärztlichen Körperschaften prägen und auch zu einem generellen Desinteresse an standespolitischen Themen führen. Das gegenseitige Interesse könnte also verbessert werden, das der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte auf der einen Seite, aber auch das der zahnärztlichen Körperschaften. Deshalb haben BZÄK und KZBV das IDZ mit dieser Studie beauftragt: Man wollte mehr über die beruflichen Wünsche und Vorstellungen der nachrückenden Generation erfahren, um darauf auch angemessen reagieren zu können. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um die Verbindung zu den jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten zu intensivieren.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

Die Fragen stellte Sascha Rudat.

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