Steuerrecht

Steuervereinfachung bei Photovoltaikanlagen

Bernhard Fuchs
,
Marcel Nehlsen
Immer mehr Eigentümer lassen sich eine Photovoltaikanlage auf das Dach ihres Hauses oder ihrer Garage bauen. Neben dem Umweltschutz können auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen. Doch passen Sie auf, dass bei der Steuer das Salz nicht teurer wird als die Suppe.

Wie das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben vom 2. Juni 2021 ausführt, gelten Photovoltaikanlagen (PV-Anlage) als „klein“, wenn ihre installierte Leistung nicht mehr als zehn kW beträgt. Die Einkommensteuervorteile sind dabei überschaubar. Häufig sind die Kosten höher als der Umsatz. Der dadurch entstehende Verlust würde zwar grundsätzlich zu Steuervorteilen führen, aber das Finanzamt erkennt nur nachhaltige Gewinne an, keine nachhaltigen Verluste. Für die steuerliche Anerkennung muss über die gesamte Nutzungsdauer Gewinn entstehen (Totalgewinnprognose).

„Kleine PV-Anlagen“ 

Um den Betreibern und der Finanzverwaltung aufwendige und streitanfällige Ergebnisprognosen zur Gewinnerzielungsabsicht zu ersparen, besteht ab sofort ein Wahlrecht – für neue aber auch für bereits bestehende Anlagen. Voraussetzung ist, dass diese auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise auf deren Außenanlagen installiert sind und nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden. Ein häusliches Arbeitszimmer wirkt sich dabei nicht aus. Wenn sich in dem Gebäude allerdings die Zahnarztpraxis befindet, entfällt das Wahlrecht. 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Betreiber bei der Einkommensteuer frei entscheiden, ob diese als „kleine“ oder „große Anlage“ behandelt wird. Entscheidet er sich für „kleine Anlage“, muss er dies dem Finanzamt schriftlich mitteilen. Dann wird ohne weitere Prüfung unterstellt, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, sondern eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei. Dieser Antrag gilt für die gesamte (restliche) Nutzungsdauer. Die bisher veranlagten Gewinne oder Verluste bleiben grundsätzlich unverändert bestehen. Falls für Vorjahre Bescheide „unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ ergangen sind oder veranlagte Verluste ausdrücklich als „vorläufig“ gekennzeichnet wurden, wird das Finanzamt diese Bescheide allerdings rückwirkend ändern. Sehr vorteilhaft ist diese Regelung somit für PV-Anlagenbetreiber, die in den Vorjahren Verluste erzielten, künftig aber Gewinne erzielen werden. Denn die bisherigen Verluste bleiben grundsätzlich bestehen, künftige Gewinne müssen aber nicht mehr versteuert werden.

Auch neue „kleine“ PV-Anlagen können also weiterhin einkommensteuerlich berücksichtigt werden, wenn man glaubhaft machen kann, dass über die gesamte Laufzeit gerechnet Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist.

Entscheidet sich der Betreiber dazu, die Anlage bei der Einkommensteuer nicht geltend zu machen, hat dies die angenehme Folge, dass keinerlei Aufzeichnungen (mehr) zu führen und keine jährlichen Gewinnermittlungen (mehr) zu erstellen sind. Der Betreiber spart sich also Arbeit und die jährlichen Kosten für den Steuerberater, die im Vergleich zur Einspeisevergütung beziehungsweise zum Wert des selbstverbrauchten Stroms gerade bei kleinen Anlagen oft hoch sind. Außerdem können dann Installations- und Wartungskosten als Handwerkerleistungen nach § 35a Absatz 3 EStG abgesetzt werden, so dass eine Steuerminderung in Höhe von 20 Prozent dieser Aufwendungen erfolgt, falls der Höchstbetrag noch nicht ausgeschöpft ist.

Entscheidet man sich für die Behandlung als „große Anlage“ nimmt man zwar die erwähnten Nachteile in Kauf, erhält bei Gewinnerzielungsabsicht aber zunächst Einkommenssteuervorteile. Dann darf man auch die Steuervorteile behalten, die sich gerade in der Anfangsphase ergeben, wenn etwa durch die Sonderabschreibung größere Verluste entstehen. 

„Große PV-Anlagen“

Für Große PV-Anlagen mit mehr als 10 kW installierter Leistung oder wenn der Betreiber einer „kleinen PV-Anlage“ sich für eine einkommensteuerliche Behandlung als „große PV-Anlage“ entscheidet, können sich folgende steuerliche Vorteile ergeben: 

Die sogenannten Anfangsverluste mindern die Einkommensteuer – insbesondere die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags, bereits bis zu drei Jahren vor der Anschaffung der PV-Anlage in Höhe von 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungskosten. Weiterhin die Sonderabschreibungen von 20 Prozent in den ersten fünf Jahren. Natürlich dürfen in den 20 Jahren steuerlicher Abschreibungsdauer immer nur 100 Prozent abgeschrieben werden.

Zudem muss der Betreiber auf Anforderung des Finanzamts seine Gewinnerzielungsabsichten darlegen und perspektivisch über einen Zeitraum bis zu 30 Jahren glaubhaft machen, dass die Einnahmen höher sein werden als die Ausgaben – inklusive Abschreibung und Steuerberatungskosten für die PV-Anlage. Viele Finanzämter haben bisher ohne Weiteres eine Gewinnerzielungsabsicht anerkannt. Das wird sich wegen der Absenkung der Einspeisevergütungen ändern.

Nachteile der Behandlung als „große PV-Anlage“ sind die Mehrarbeit des Betreibers sowie die Steuerberaterkosten für bis zu 30 Jahre. 

Zur Umsatzsteuer

Völlig unabhängig von der Einkommensteuer erfolgt die umsatzsteuerliche Behandlung. Wenn Strom an den Netzbetreiber geliefert wird, entsteht ein umsatzsteuerliches Unternehmen. Liegen die Einspeisevergütung und der Wert des eigenverbrauchten Stroms pro Kalenderjahr unter 22.000 Euro, kann der Betreiber entscheiden, ob er von der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG Gebrauch macht oder von der Regelbesteuerung, also der Umsatzsteuerpflicht. 

Die Umsatzsteuerpflicht hat den Vorteil, dass sämtliche Umsatzsteuerbeträge, die beim Kauf der Anlage anfallen, als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet werden. Auf der anderen Seite müssen die PV-Umsätze dann mindestens fünf Jahre lang als umsatzsteuerpflichtig behandelt werden. Die Umsatzsteuer auf die verkaufte Energie stellt beim Betreiber einen durchlaufenden Posten dar, da er die vom Versorgungsunternehmen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Lediglich auf der Umsatzsteuer für den fiktiven Wert des selber verbrauchten Stroms bleibt er sitzen. Die Umsatzsteuer für diese fünf Jahre ist in aller Regel geringer als die erstattete Vorsteuer. Es macht also häufig Sinn, die Regelbesteuerung zu wählen und diese nach fünf Jahre zu widerrufen.

Hat der Betreiber allerdings noch weitere grundsätzlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze, zum Beispiel aus seinem praxiseigenen Zahnlabor oder aus dem Verkauf von Prophylaxe-Artikeln, werden diese dazu addiert.

Möchte er die PV-Anlage nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt haben, obwohl er mit anderen Umsätzen zusammengerechnet die Kleinunternehmergrenze überschreitet oder sich anderweitig für die Regelbesteuerung entschieden hat, kann er dies dadurch erreichen, dass er als Inhaber einer Einzelpraxis nicht allein die PV-Anlage kauft und installiert, sondern zusammen mit seinem Ehepartner oder einem Kind. Dann entsteht ein eigenes umsatzsteuerliches Unternehmen „PV-Anlage“, das nichts mit dem Unternehmen „Zahnarztpraxis“ zu tun hat. Es genügt eine Minibeteiligung des Angehörigen in Höhe von mindestens fünf Prozent.

Fazit

Passen Sie auf, dass bei der steuerlichen Behandlung der PV-Anlage das Salz nicht teurer wird als die Suppe. Will heißen, überlegen Sie sich gut, ob Sie die mühselige Arbeit des Nachweises der Gewinnerzielungsabsicht sowie die jährliche Ermittlung der Zahlen für die PV-Anlage und noch dazu die Kosten für den Steuerberater in Kauf nehmen, wenn Sie überschlagen können, dass die Vorteile letztlich nicht hoch sein oder steuerlich gar nicht anerkannt werden. 

Häufig wird bei kleinen Anlagen die Entscheidung fallen, diese lieber steuerlich gar nicht geltend zu machen und damit Ruhe zu haben.

Bernhard Fuchs

Kanzlei Fuchs & Stolz, Volkach
Steuerberater
Zahnärzteberatung

Marcel Nehlsen

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt &
Fachberater für das Gesundheitswesen
Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln

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