Steuerrecht

Doppelbesteuerung der Renten aus berufsständischen Versorgungswerken?

Bernhard Fuchs
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Marcel Nehlsen
Die Wahrscheinlichkeit, dass Renten aus berufsständischen Versorgungswerken zu stark besteuert werden, ist hoch. Hierzu sind zwei neue Verfassungsbeschwerden anhängig. Hier erfahren Sie, in welchen Fällen eine verbotene Doppelbesteuerung besonders wahrscheinlich ist und wie Sie dieser begegnen können.

Seit dem Jahr 2005 wird die Rentenbesteuerung von vorgelagert auf nachgelagert umgestellt. Nachgelagerte Besteuerung heißt, die an das Versorgungswerk geleisteten Beiträge zur Altersversorgung sind steuerlich abzugsfähig, im Gegenzug ist die spätere Rente steuerpflichtig. Hierzu wurde eine Übergangsregelung von 2005 bis 2040 geschaffen.

Diese Regelung wurde von Steuerfachleuten sofort als unzulänglich bezeichnet, da Doppelbesteuerungen zu befürchten seien. Am 19.05.2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit zwei Urteilen zwar entschieden, dass in diesen beiden Fällen keine Doppelbesteuerung gegeben sei, gegen diese Urteile wurde allerdings postwendend Verfassungsbeschwerde eingelegt. Zudem sind beim BFH aktuell weitere ähnliche Verfahren anhängig.

Dennoch haben die oben genannten Urteile des BFH einige Unklarheiten beseitigt. So wurde festgelegt, dass die Inflation bei den Berechnungen außen vor bleibt und somit das Nominalwertprinzip anzuwenden ist. Vereinfacht ausgedrückt hat der BFH entschieden, dass eine Doppelbesteuerung immer dann vorliegt, wenn bis zum Rentenbeginn die aus versteuertem Einkommen bezahlten, steuerlich nicht abzugsfähigen Beiträge, höher sind als die voraussichtlich über die gesamte Laufzeit der Rente zufließenden steuerfreien Anteile. Hierbei ist mit Wahrscheinlichkeiten zu rechnen, nämlich hinsichtlich der Lebenserwartung des Rentners und gegebenenfalls des Ehepartners. Dabei ist auch die sogenannte Öffnungsklausel zu berücksichtigen. Diese kommt zur Anwendung, wenn der Rentner bis einschließlich 2004 mindestens zehn Jahre mehr einbezahlt hat als den jeweiligen Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Auch hat der BFH entschieden, dass die niedrigen Höchstbeträge für den Sonderausgabenabzug in den Jahren vor 2005 nicht vorrangig für die Altersvorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen waren. Das bedeutet, dass von diesen Beitragszahlungen meist nichts als Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich abzugsfähig war – dies insbesondere bei Selbstständigen, da diese keinen steuerfreien Arbeitgeberanteil erhielten. Bei Beiträgen ab 2005 müssen die Beiträge, die die jeweiligen Höchstbeträge übersteigen, beim Rentenbezug steuerfrei bleiben. Hier sind auch eventuelle Einzahlungen in Rürup-Produkte sowie gegebenenfalls Beiträge zum Beispiel des Ehepartners in die Deutsche Rentenversicherung zu berücksichtigen. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass die Beiträge in den Jahren von 2005 bis 2024 nur prozentual anteilig abzugsfähig waren.

Besonders betroffen von einer Doppelbesteuerung werden unverheiratete männliche Rentner sein, da keine Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen ist und Männer eine geringere Lebenserwartung haben als Frauen.

Das Bundesfinanzministerium geht davon aus, dass Rentenjahrgänge ab 2025 von einer „doppelten Besteuerung“ betroffen sein könnten. Gleichzeitig hat es geäußert, dass es eine „faire Besteuerung“ in diesem Bereich wünscht. Zu hoffen ist auf eine großzügige Neuregelung des Gesetzgebers, sodass es nicht zu Doppelbesteuerungen kommt. Ohne eine solche Neuregelung, kommt auf Rentner und Steuerberater ein außergewöhnlich hoher Arbeitsaufwand zu, um in jedem Einzelfall genau zu berechnen, ob eventuell eine Doppelbesteuerung vorliegt. Die Finanzverwaltung hat bereits klargestellt, dass sie nicht in der Lage ist, solche Berechnungen anzustellen, und somit die Beweislast auf die Rentenbezieher abgewälzt. Dass der Gesetzgeber angesichts bereits gebeutelter Staatskassen eine solche Neuregelung verabschiedet, ist unwahrscheinlich.

Fazit

Falls Sie schon jetzt oder demnächst Rente beziehen, sollte Sie prüfen lassen, ob bei Ihnen eine verbotene Doppelbesteuerung gegeben ist. Ist dies der Fall, müssen Sie sich mit Ihrem Finanzamt in Verbindung setzen damit die Besteuerung künftig verringert wird. 

Erfreulicherweise hat das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 30. August 2021 verfügt, dass bei allen künftig ergehenden Einkommensteuerbescheiden, bei denen Leistungen aus der Basisaltersversorgung erfasst werden, hinsichtlich der Besteuerung dieser Einkünfte vorläufig ergehen. Prüfen Sie bitte bei jedem Bescheid, ob dieser Vorläufigkeitsvermerk angebracht wurde. Falls nicht, erheben Sie Einspruch gegen diesen Bescheid.

Die Aussetzung der Vollziehung der strittigen Steuer sollten Sie nicht beantragen. Sie müssten sonst gleich ganz genau berechnen, wie hoch diese ist. Außerdem müssten Sie im Fall des Unterliegens sechs Prozent Zinsen pro Jahr bezahlen.

Bernhard Fuchs

Kanzlei Fuchs & Martin, Volkach
Steuerberater / Rechtsanwälte
Zahnärzteberatung
B.Fuchs@fuchsundmartin.de

Marcel Nehlsen

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt &
Fachberater für das Gesundheitswesen
Kanzlei Laufenberg Michels
und Partner, Köln
Nehlsen@laufmich.de

Bernhard Fuchs

Kanzlei Fuchs & Stolz, Volkach
Steuerberater
Zahnärzteberatung

Marcel Nehlsen

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt &
Fachberater für das Gesundheitswesen
Kanzlei Laufenberg Michels und Partner, Köln

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