Editorial

IDS 2021: Befreiungsschlag geglückt?

Schon das Zustandekommen der Internationalen Dental-Schau 2021 war schwierig. Mehrfach verschoben öffneten Ende September die Kölner Messehallen endlich für vier Tage ihre Pforten. Erstmals wurde die dentale Leitmesse im sogenannten Hybrid-Format durchgeführt – alle Aussteller konnten sich mit ihren Angeboten auch auf der Online-Plattform IDSconnect präsentieren. Die IDS 2021 sollte nach 1,5 Pandemie-Jahren nichts weniger als ein Befreiungsschlag und ein Neustart sein. Die Voraussetzungen dafür waren allerdings nicht gut. Das Pandemie-Geschehen ist trotz der Impfmöglichkeiten weltweit immer noch volatil. Statt der rund 2.500 Aussteller, die auf der IDS 2019 Präsenz zeigten, kam in diesem Jahr etwa nur ein Drittel an den Rhein. Zahlreiche namhafte Hersteller waren weggeblieben, andere wie Dentsply Sirona boten zeitgleich Konkurrenzveranstaltungen an. Das sorgte vielfach für Unmut. Ob sich diese Hersteller mit ihrem Fernbleiben einen Gefallen getan haben, darf bezweifelt werden.

Für Aussteller und Besucher bot die IDS 2021 ein gänzlich anderes Bild als in den Vorjahren. Statt drängender Menschenmengen, überfüllter Stände und immer mehr Bling-Bling schlenderten die Messebesucher gemütlich durch Gänge so breit, dass Lastwagen hätten hindurchfahren können. Natürlich gab es auch wieder Stände, wo das Leben pulsierte, in manchen Ecken aber bot sich ein eher trauriger Anblick. 1,5 Jahre weltweite Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache: Statt 160.000 wie im Jahr 2019 waren in diesem Jahr nur rund 23.000 Besucherinnen und Besucher in den Hallen unterwegs.

Da könnte der allenthalben von den Verantwortlichen verbreitete Zweckoptimismus schon etwas wie das bekannte Pfeifen im Walde anmuten. Aber natürlich bietet solch eine verschlankte IDS auch die Möglichkeit zum Innehalten und zur Neuausrichtung. Die Besucher waren in diesem Jahr in der Lage, sich überall in Ruhe zu informieren und Produkte ausgiebig zu vergleichen. Die Aussteller ihrerseits konnten den Informationsbedarf mit dem vorhandenen Personal bequem befriedigen. Das, worum es im Kern bei einer Messe geht – Menschen treffen auf Menschen, war problemlos möglich. Diese Rückbesinnung auf den Austausch zwischen Anwendern und Herstellern sollte vielleicht als Blaupause für die nächste IDS im März 2023 dienen.

Diese dann hoffentlich pandemiefreie IDS dürfte wirklich zum Prüfstein werden, ob sich die Branche mit ihren Vertriebs- und Marketingwegen grundlegend verändert hat. Umwälzungen – nicht nur Corona-bedingt – sind überall zu beobachten. Europa wird ein Hightech-Standort für dentale Technologien bleiben, aber das Marketing orientiert sich dorthin, wo die Märkte attraktiv sind. Dort hat Asien in den vergangenen Dekaden in atemberaubendem Tempo aufgeholt. Die IDS wird sich also verstärkt mit der Konkurrenz aus Asien und Amerika um die Rolle einer Weltleitmesse der Dentalindustrie streiten müssen. Gleichzeitig verändert sich hierzulande die Käuferstruktur langsam, aber stetig. MVZ und größere Einheiten legen ein anderes Einkaufsverhalten an den Tag als kleine Praxen. Hersteller und Handel werden darauf reagieren müssen, sofern sie dies nicht schon tun.

Aktuell stehen seitens der IDS-Veranstalter noch Zahlen aus, wie viele Vor-Ort-Besucher und wie viele Online-Zugeschaltete IDSconnect genutzt haben. Festhalten lässt sich allerdings, dass IDSconnect noch nicht der große Wurf war. Sollte das Hybrid-Konzept weiterverfolgt werden, muss hier dringend nachgebessert werden. Gerade bei den sogenannten Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit bieten sich online noch viele ungenutzte Möglichkeiten. Welche Trends bereits auf der IDS 2021 gesetzt werden konnten, lesen Sie in unserer Titelgeschichte.

Festhalten lässt sich, dass die diesjährige IDS ein Ausrufezeichen war, frei nach dem Motto: „Wir sind wieder da!“ Ob sie tatsächlich der prophezeite Gamechanger war, wird erst die kommende IDS klar zeigen.

Sascha Rudat

Chefredakteur

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