Interview mit Dr. Sebastian Ziller zu PAR-Richtlinie und Delegation

„Was vorher delegierbar war, ist auch unter der neuen PAR-Richtlinie delegierbar“

Mit Inkrafttreten der neuen PAR-Richtlinie ist die Behandlung nun im BEMA enthalten und in einer Strecke zusammengefasst. Nach wie vor gibt es viele Fragen, insbesondere dazu, welche Leistungen überhaupt delegiert werden dürfen. Antworten hat Dr. Sebastian Ziller von der Bundeszahnärztekammer.

Können Tätigkeiten der neuen PAR-Richtlinie ganz oder teilweise an entsprechend qualifizierte Mitarbeiterinnen delegiert werden?

Dr. Sebastian Ziller: Die wesentliche berufsrechtliche Grundlage für die Ausübung der Zahnheilkunde ist ja das Zahnheilkundegesetz (ZHG, www.gesetze-im-internet.de/zhg/index.html ). Dort wird formuliert, dass Zahnheilkunde kein Gewerbe ist und dass Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ausschließlich von approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzten ausgeübt werden darf.

Aber das ZHG eröffnet den zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen im § 1 auch die Möglichkeit, bestimmte zahnärztliche Teiltätigkeiten an dafür qualifizierte Prophylaxefachkräfte zu delegieren. Da die Absätze 5 und 6 im § 1 des ZHG jedoch nicht abschließend formuliert sind, ergeben sich bei neuen Leistungsbeschreibungen, wie das zum Beispiel bei der PAR-Richtlinie der Fall ist, regelmäßig fachliche und berufspolitische Fragen hinsichtlich der Delegierbarkeit dieser (Teil-)Leistungen.

Ganz grundsätzlich ist festzustellen, dass die neue PAR-Richtlinie sowie die entsprechenden BEMA-Ziffern vertragszahnärztliche Leistungen regeln. Berufsrechtlich hat sich durch die Aufnahme der PAR-Behandlungsstrecke in den BEMA nichts geändert. Also auch unter den Bedingungen der neuen PAR-Richtlinie gibt es delegierbare (Teil-)Tätigkeiten. Vereinfacht kann man wohl formulieren: Was vorher (unter den Bedingungen der bisherigen Bestimmungen) delegierbar war, ist auch unter den Bedingungen der neuen PAR-Richtlinie delegierbar.

Wie sieht es bei der AIT und bei der UPT aus? 

Die Antiinfektiöse Therapie (AIT) dient ja der Beseitigung der entzündlichen Prozesse und ersetzt im Wesentlichen die bisherigen BEMA Nummern P200 und P201. Die subgingivale Instrumentierung – als ein Bestandteil der AIT – ist als geschlossenes, nicht-chirurgisches Therapieverfahren einzuordnen, das aber natürlich das invasive Arbeiten in einer parodontalen Wunde umfasst und damit den Grenzbereich des Zahnarztvorbehalts tangiert. Das heißt, an eine Delegationsentscheidung sind strenge Maßstäbe anzulegen.

Um hier eine einheitliche Umsetzung in der Zahnarztpraxis zu gewährleisten, haben im November letzten Jahres die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) und die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) in einem gemeinsamen Positionspapier einen allgemeinen Überblick zu den Voraussetzungen der Delegation zahnärztlicher Leistungen gegeben. Darin haben sie den Rahmen formuliert, in dem eine Delegation der AIT in der Zahnarztpraxis möglich ist und wann eine Delegationsentscheidung gegebenenfalls zurückgenommen werden muss oder ausgeschlossen ist: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/position-ait.pdf. Ob und inwieweit die AIT in der Praxis an entsprechend qualifiziertes Prophylaxepersonal delegiert werden kann, muss die Zahnärztin beziehungsweise der Zahnarzt in jedem Patientenfall individuell entscheiden. Das gemeinsame Positionspapier benennt hier die Kriterien. Die Delegationsfähigkeit der AIT orientiert sich dabei vor allem am Schweregrad beziehungsweise der Komplexität der parodontalen Erkrankung, am Schwierigkeitsgrad der anstehenden Behandlung sowie an besonderen patientenindividuellen Risiken. Ergibt die zahnärztliche Bewertung dieser Kriterien beispielsweise eine Höherstufung des Erkrankungsstadiums, kann das eine Delegation der AIT ausschließen.

Im Grundsatz gilt, dass wie bei der PZR und der AIT auch bei der UPT Teile von Leistungsinhalten an dafür qualifiziertes Prophylaxe-Fachpersonal delegiert werden können. Von den die UPT umfassenden sieben verschiedenen Leistungskomplexen können die UPT a (Mundhygienekontrolle), die UPT b (Mundhygieneunterweisung), die UPT c (supragingivale und gingivale Reinigung aller Zähne von anhaftenden Biofilmen und Belägen) und die UPT d (Messung von Sondierungsbluten und Sondierungstiefen, „kleiner PA-Befund“) unter Beachtung der berufsrechtlichen Bestimmungen grunfsätzlich an dafür qualifiziertes Prophylaxe-Fachpersonal, in der Regel ZMP, ZMF, DH, delegiert werden.

Die UPT e und f (subgingivale Instrumentierung je einwurzeligem Zahn beziehungsweise je mehrwurzeligem Zahn) umfassen analog zur AIT fachlich die nicht-chirurgische Entfernung aller klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge und sind unter Delegationsaspekten wie eine AIT zu behandeln, da auch hier die Komplexität der Erkrankung, der Schwierigkeitsgrad der Maßnahme sowie patientenindividuelle Risiken besondere Anforderungen an die Qualifikation der nichtzahnärztlichen Mitarbeiterinnen voraussetzen.

Es ist also auch hier notwendig, patientenindividuell abzuwägen, ob die Teiltätigkeit insgesamt der Zahnärztin oder dem Zahnarzt vorbehalten bleibt, um das Risiko zu beherrschen. Nur wenn die Abwägung ergibt, dass alle Risiken beherrschbar sind, kommt eine Delegation allein an dafür entsprechend qualifiziertes Personal in Betracht.

Laut ZHG darf die Entfernung weicher und harter subgingivaler Beläge als zahnärztliche (Teil-)Leistung nach dem Kriterium „klinisch erreichbar“ delegiert werden. Wie ist diese Grenze definiert? 

Gemäß ZHG sind vom, hier zitiere ich, „qualifizierten Prophylaxe-Personal mit abgeschlossener Ausbildung wie zahnmedizinische Fachhelferin, weitergebildete Zahnarzthelferin, Prophylaxehelferin oder Dental-Hygienikerin“ weiche und harte subgingivale Beläge als delegierbare zahnärztliche (Teil-)Leistung nach dem Kriterium „klinisch erreichbar“ zu entfernen.

Das ZHG hat hier bewusst keine fachliche Grenze definiert und setzt dafür maßgeblich auf die Eigenverantwortung der approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzte, denn parodontologisch wird die „klinische Erreichbarkeit“ neben der Taschentiefe maßgeblich von der Anatomie der subgingivalen Zahn(wurzel)oberflächen sowie der Lokalisation des Zahnes / der Zahnfläche beeinflusst. Natürlich spielt auch die klinische Erfahrung der zahnärztlichen Behandler beziehungsweise der Prophylaxefachkräfte eine wichtige Rolle.

Die neue PAR-Richtlinie in der Praxis 

Auf der DG-PARO-Frühjahrstagung, die die neue PAR-Richtlinie in der Praxis in den Fokus nimmt, gestaltet die DG-PARO-Präsidentin Prof. Bettina Dannewitz zusammen mit DH Sabine Deutsch, Dr. Sebastian Ziller (BZÄK), RA Christian Nobmann (KZBV), Dr. Dr. Greta Barbe und Prof. Johannes Einwag den Programmblock „Delegation und Dentalhygiene – Möglichkeiten und Grenzen in der täglichen Praxis“.

Die Tagung findet am 18. und 19. März in Garching bei München im Hybridformat statt, alle Vorträge sind bis zum 24. Mai on demand abrufbar. Anmeldung und Programm finden Sie auf: dgparo-tagungen.de

Es empfiehlt sich deshalb, die Grenzziehung einer Delegation der „Entfernung von erreichbaren subgingivalen Belägen“ praxisintern in Abhängigkeit von der Wurzelmorphologie (Wurzeleinziehungen, Furkationen), dem Vorliegen von Knochentaschen, von der Taschentiefe sowie von der klinischen Erfahrung der Prophylaxefachkräfte festzulegen.

Ergibt sich aus der neuen PAR-Richtlinie eine Veränderung des Berufsrechts?

Nein, die Regelungen der PAR-Richtlinie sowie die Leistungsbeschreibungen im BEMA unterliegen hinsichtlich einer möglichen Delegation zahnärztlicher Teiltätigkeiten weiterhin dem allgemeinen Berufsrecht auf Grundlage des Zahnheilkundegesetzes und dem Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer (https://bit.ly/3KmF7JR). An den berufsrechtlichen Grundlagen hat sich also nichts geändert.

Stichwort Aufstiegsfortbildung versus akademische Qualifizierung: Macht es bei der Delegation einen Unterschied, ob sich die DH bei der Kammer fortgebildet oder einen Bachelor als Abschluss hat?

Neben den von den Landeszahnärztekammern angebotenen Aufstiegsfortbildungen gibt es ja seit einiger Zeit auch Studiengänge, beispielsweise zum Erwerb des Bachelor of Science (B. Sc.) „Dentalhygiene und Präventionsmanagement“ oder zum Bachelor of Arts (B. A.) „Dentalhygiene“. Diese unterschiedliche Art der Qualifikation hat aber keine Konsequenzen für den Rahmen der Tätigkeit der auf diesem Weg qualifizierten ZFA.

Die Vorgaben des ZHG zur Delegation gelten sowohl für die Absolventinnen der Aufstiegsfortbildungen als auch der Studiengänge. Das ZHG zieht hier eine klare Grenze und lässt kein erweitertes Tätigkeitsspektrum für akademisch qualifizierte DH zu. Ein Bachelor in Dentalhygiene ist also nicht mehr und nicht weniger als eine weitere Qualifikationsmöglichkeit. Die beiden Qualifizierungen kammerfortgebildete Aufstiegsqualifizierung und die Bachelor-DH sind „andersartig“, aber „gleichwertig“. Eine kammerfortgebildete DH kann also sicher sein, dass ihre Qualifikation nicht weniger wert ist als die von Bachelor-Absolventinnen, denn nach der Lernergebnisorientierung des Deutschen Qualifikationsrahmens gilt: „Wichtig ist, was jemand kann, und nicht wo es gelernt wurde.“

Das Gespräch führte Claudia Kluckhuhn.

Dr. Sebastian Ziller

Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄK, Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der Bundeszahnärztekammer, Chausseestr. 13, 10115 Berlin

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