Weltzahnärzteverband FDI zur Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin

„Die Branche soll umweltfreundlicher werden”

Die Zahnmedizin-Branche soll weltweit zu einem umweltfreundlicheren Verhalten bewegt werden und damit zur Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks beitragen. Das hat der Weltzahnärzteverband FDI gefordert – und dazu eine Erklärung zur nachhaltigen Zahnmedizin erarbeitet. Wichtig für den Verband: Die ganze Branche sollte an einem Strang ziehen.

Wie die FDI in ihrer Erklärung betont, trägt die Zahnmedizin durch die Freisetzung von CO2 zur Luftverschmutzung bei. Sie nennt als Beispiele etwa den Zusammenhang mit Reisen und Transport, die Verbrennung von Abfällen, nicht recycelbare Verpackungen, die Treibhausgaswirkung von Anästhesiegasen wie Lachgas oder einen hohen Wasserverbrauch. „Es wird viele überraschen, dass der Gesundheitssektor für etwa fünf Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, wozu auch die Zahnmedizin erheblich beiträgt”, unterstrich Prof. Ihsane Ben Yahya, FDI-Präsidentin und Dekanin der Fakultät für Zahnmedizin, Universität für Gesundheitswissenschaften Mohammed VI, Casablanca, Marokko.

Die gemeinsame Erklärung, unterzeichnet von Branchenvertretern, Angehörigen der Gesundheitsberufe, Experten aus der Forschung, gesetzgebenden Behörden und Zahnärzteverbänden, empfiehlt Abhilfestrategien auf Basis der sogenannten „4 R”: Reduce, Recycle, Reuse, Rethink – reduzieren, recyceln, wiederverwenden und neu denken.

FDI-Projekt Nachhaltigkeit

Das FDI-Projekt „Nachhaltigkeit in der Zahnheilkunde” wurde ins Leben gerufen, um weltweit das Engagement zur Reduzierung des kollektiven CO2-Fußabdrucks in der Zahnmedizin zu fördern. Es richtet sich an Zahnärzte, Patienten und die Lieferkette selbst. Die gemeinsame Erklärung soll zu einem Verhaltenskodex führen, der Richtlinien und Ziele für ein nachhaltiges Beschaffungs- und Lieferverfahren enthält. Das Projekt wird von verschiedenen Gründungspartnern unterstützt: Colgate, GSK Consumer Healthcare, Dentsply Sirona, Procter & Gamble und TePe.

Das FDI-Papier benennt dringende Handlungsfelder für die Branche: Zu den größten Hindernissen für die Umsetzung von Nachhaltigkeit zählten etwa festgefahrene Verhaltensweisen und Einstellungen. Um diese abzubauen, spielten Kommunikation und Zusammenarbeit eine Rolle, genauso wie die Möglichkeit, Änderungen bei Lieferketten der Industrie einzuführen oder Wege hin zu einer Kreislaufwirtschaft einzuleiten.

Präventive Zahnmedizin ist nachhaltiger

Zudem empfehlen die Autoren des Papiers, „vermeidbare” zahnmedizinische Maßnahmen zu reduzieren. Mundgesundheit werde am besten durch eine gute zahnmedizinische Versorgung erreicht, und zwar mit dem Fokus auf Prävention. Wichtig seien dabei eine gute Mundhygiene, eine gesunde zuckerarme Ernährung und der Verzicht auf Tabak.

Eine Verantwortung der gesamten Branche 

Die FDI-Erklärung wird durch ein Gasteditorial eines Autorenteams um Nicolas Martin mit dem Titel „Sustainable Oral Healthcare – A Joint Stakeholder Approach“ begleitet. Der Text ist kürzlich im International Dental Journal veröffentlicht worden. Die gesamte Branche rund um die Zahnmedizin sei sich der Verantwortung immer mehr bewusst, ihre Versorgung und Produkte an den Zielen der Vereinten Nationen (UN) zur Nachhaltigkeit auszurichten, heißt es dort. Dazu bestehe ein breiter Konsens zwischen führenden Persönlichkeiten aus Gesundheitsberufen, Zahnärztekammern, der Wissenschaft, Gesetzgebern und der Industrie.

Von den „4R“ in der FDI-Erklärung (reduce, recycle, reuse and rethink) heben die Wissenschaftler die Elemente „reduce“ und „recycle“ als die wichtigsten hervor. Bei der Reduktion („reduce“) gehe es vor allem um den Fokus auf gute Mundgesundheit. Das geschehe durch die Vermeidung von Eingriffen durch mehr Prävention. Das geschehe aber auch durch die Verwendung von hochwertigen Produkten, die länger halten sollen.

Recycling sei eine weitere Herausforderung für die Patienten und die Verbraucher. Genauso seien aber auch die Hersteller gefordert, sagen die Wissenschaftler. Dabei nennen sie Aspekte wie die Wiederaufbereitung von Kunststoffen, die Abfallentsorgung oder -trennung. Unerlässlich für sie auch: Eine adäquate Gesetzgebung, die die Sicherheit und Zweckdienlichkeit von Produkten gewährleistet, um eine nachhaltige Zahnarztpraxis auch voranzutreiben.

Mehr unter: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0020653922000338?via%3Dihub

„Vorbeugen ist besser als heilen, und es ist die wirksamste und praktischste Methode, um die Notwendigkeit klinischer Eingriffe und die damit verbundenen Umweltauswirkungen zu reduzieren“, erklärte Prof. Nicolas Martin, Vorsitzender des FDI-Taskteams „Nachhaltigkeit in der Zahnheilkunde” und klinischer Professor für restaurative Zahnheilkunde an der School of Clinical Dentistry der Universität Sheffield in Großbritannien. Martin weiter: „Wenn eine Behandlung erforderlich ist, sollte sich die Zahnmedizin auf die Bereitstellung dauerhafter Füllungen konzentrieren, wobei hochwertige Produkte und Materialien verwendet werden sollten, die länger halten und/oder weniger Ersatz erfordern.”

Die Dentalbranche stehe vor der kollektiven Verantwortung, diese Umweltauswirkungen zu reduzieren, ergänzte die FDI-Präsidentin Ben Yaya. Die gemeinsame Erklärung verstehe sich als der erste große Schritt, um dies zu erreichen. 

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Artikel zur Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin:

Dass Nachhaltigkeit mehr ist als Bambuszahnbürsten für die Patientinnen und ein Zuschuss zum Nahverkehrsticket für die Mitarbeiter beschreibt der Artikel „Der Becher aus Pappe ist nur der Anfang“ (zm 1-2/2022, S. 52).

In derselben Ausgabe stellt PD Dr. Daniel Hellmann, Direktor der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung in Karlsruhe, unmissverständlich klar: „Nachhaltigkeit ist kein Modethema!“ (zm 1-2/2022, S. 58).

Und auf der Karlsruher Konferenz 2022 erklärten Klima-Experten, wie man bei dieser Riesenaufgabe den Elefanten portionieren muss: „So wird Ihre Praxis klimaneutral!“ (zm 7/2022, S. 32).

pr/pm

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