Finanzgericht Rheinland-Pfalz

Ein Zahnarzt als Manager macht BAG zum Gewerbebetrieb

In einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sollten alle Gesellschafter sich in nennenswertem Umfang an der zahnärztlichen Tätigkeit beteiligen. Beschränkt sich einer weitgehend auf Organisationsaufgaben, wird die gesamte BAG zum gewerbesteuerpflichtigen Gewerbebetrieb, wie das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschied. Allerdings ist eine Revision möglich.

Klägerin ist eine als Partnerschaftsgesellschaft organisierte BAG in Rheinhessen, in der sich sieben approbierte Gesellschafter-Zahnärzte zusammengeschlossen haben. Im Streitjahr 2010 waren fünf weitere Zahnärztinnen und Zahnärzte angestellt, zudem 30 weitere Mitarbeiterinnen.

Einer der Gesellschafter-Zahnärzte galt als „Seniorpartner“ und war überwiegend für das Praxismanagement zuständig. Von den Umsätzen der BAG im Streitjahr 2010 in Höhe von 3,5 Millionen Euro entfielen nur 980 Euro und damit gerade mal 0,028 Prozent auf ihn. Statt mit zahnärztlicher Tätigkeit war er mit der Organisation des Sach- und Personalbereichs befasst, etwa Arbeitsplanung und -verteilung, aber auch mit Bauplänen und der technischen Wartung der Geräte. Bezahlt wurde dies mit einem aus den Gesamtumsätzen an ihn ausgeschütteten „Vorabgewinn“.

Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu der Überzeugung, dass dieser Zahnarzt gewerblich tätig ist. Denn bei einer freiberuflichen Partnerschaftsgesellschaft müsse jeder einzelne Gesellschafter die Merkmale selbstständiger Arbeit erfüllen. Sei dies nicht der Fall, werde die gesamte BAG zum Gewerbebetrieb. Daher werde Gewerbesteuer fällig.

Die Merkmale des freien Berufs sind zu erfüllen

Damit war die BAG nicht einverstanden. Der Seniorpartner sei nicht mit gewerblichen Tätigkeiten wie etwa dem Verkauf von Zahnpflegeprodukten beschäftigt gewesen. Keine seiner Tätigkeiten liege außerhalb der Aufgaben eines Zahnarztes. Selbst wenn er gar nichts tun, aber beispielsweise seinen guten Ruf als Wert in die Praxis einbringen würde, sei er doch weiter freiberuflicher Zahnarzt und nicht als berufsfremd zu qualifizieren.

Dem widersprach nun das FG Neustadt. „Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs [...] darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen“, heißt es im auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil. Dass der als Praxismanager tätige Arzt über die berufliche Qualifikation für eine freiberufliche Zahnarzttätigkeit verfügt, reichte dem FG nicht aus. Jeder Gesellschafter müsse „die freiberufliche Tätigkeit tatsächlich auch entfalten“.

Eine Arbeitsleistung am Patienten ist erforderlich

Für Ärzte und Zahnärzte bedeute dies, dass jeder Gesellschafter „eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schuldet und deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen muss“. Diese Tätigkeit könne auch durch eine besonders intensive leitende Tätigkeit nicht ersetzt werden. Grundsätzlich sei in einer BAG zwar eine gewisse Arbeitsteilung zulässig und steuerrechtlich unschädlich. So könne beispielsweise ein Arzt sich der „problematischen Fälle“ annehmen, während andere eher die Routinefälle übernehmen. Erforderlich sei aber, dass sich jeder Arzt und Gesellschafter „kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der ‚Teamarbeit‘ im arzttypischen Heilbereich beteiligt“.

Im verhandelten Fall habe der Seniorpartner fast ausschließlich kaufmännische und organisatorische Managementaufgaben erledigt. Dies entspreche „nicht mehr dem Leitbild der selbstständig ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt“. Daher sei er „nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig“.

Wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft teilweise freiberuflich und teilweise gewerblich tätig seien, so sei laut Gesetz ihre Tätigkeit insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Hier „infiziere“ die Tätigkeit des gewerblich tätigen Arztes die Tätigkeit der freiberuflich tätigen Ärzte. Daher seien die Einnahmen der BAG „in vollem Umfang als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren“. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsform als Partnergesellschaft.

Da die Gewerbesteuer nach bestimmten Regeln auf die Einkommensteuer angerechnet wird, ergibt sich aus der Gewerbesteuerpflicht nicht zwingend eine insgesamt höhere Steuerlast. Sicher ist aber, dass sich durch die zusätzliche Steuerform der Verwaltungsaufwand weiter erhöht. 

Martin Wortmann,Freier Journalist

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Az.: 4 K 1270/19 – Urteil vom 16. September 2021

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