Exponate aus der Sammlung Proskauer/Witt

Ein Goldpolierhammer im Stil der Renaissance

Heftarchiv Gesellschaft
Eine Erfindung aus dem 15. Jahrhundert hat sich bis in unsere Tage in einer Qualität erhalten, die durch kein anderes Material und auch keine andere Technologie zum Füllen defekter Zähne abgelöst werden konnte: die Goldfüllung. Der Hofzahnarzt Wilhelm Sachs in Dresden benutzte im 19. Jahrhundert für das Einbringen diesen einzigartigen Polierhammer aus hochkarätigem Gold.

Schon vor Christi Geburt füllte man den Zahn mit Blei auf, auf dass er unter der Last der Zange nicht zusammenbreche. Die „Plombe“ aus Blei hielt sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und wurde auch als Bleifolie in die Kavität eingehämmert.

Doch im 15. Jahrhundert empfahl Giovanni d‘ Arcoli, kariöse Zähne mit Goldfolie aufzufüllen. Seitdem wurden die zuvor ausgeglühten Goldfolien mit Handinstrumenten durch Druck eingebracht. Diesen Vorgang nennt man Kaltverschweißen. Inwieweit damals auch die Karies entfernt wurde, bleibt ungewiss. Fest steht: Erst im 16. Jahrhundert riet Giovanni da Vigo, die Karies mithilfe von Bohrer und Schaber zu entfernen. Pierre Fauchard beschrieb dann 1728 die ausgetrocknete Kavität.

Die Preziosen aus Zschadraß

Im Dentalhistorischen Museum schlummern im Verborgenen viele Schmuckstücke – der Höllenzahn, der Goldpolierhammer, Dr. Jenkins Materialkasten und viele, viele mehr. Wir stellen sie vor!

1861 nimmt William Henry Atkinson einen kleinen Hammer, der mit Blei aufgefüllt ist, um mit entsprechenden Handinstrumenten die Gold- oder Zinnfolien einzubringen. Ausgehend von der Goldhammerfüllung, man benötigte ein trockenes Arbeitsumfeld, entwickelte 1864 der New Yorker Zahnarzt Sandford Christie Barnum den Kofferdam.

Eine der großen und wegweisenden Entwicklungen war die Tretbohrmaschine im Jahr 1871 durch James Beall Morrison , denn ab diesem Zeitpunkt konnten mechanische Hämmer verwendet werden, die das Einbringen der adhäsiven Goldfolie wesentlich verbesserten und erleichterten.

Dr. Julius Scheff, Professor an der Wiener Universität schreibt in seinem Buch „Handbuch der Zahnheilkunde“ aus dem Jahr 1903: „Die Goldfüllung sollte überall dort benutzt werden, wo ihrer Verwendung keine gewichtigen Gründe entgegenstehen“ – man könnte das heute noch so stehen lassen.

Der auf den Bildern abgebildete Goldpolierhammer ist auf diesem Gebiet der Zahnheilkunde wohl einzigartig. Angefertigt wurde das zahnärztliche Instrument für den Hofzahnarzt Wilhelm Sachs in Dresden um 1870, eine Werkstatt kann leider nicht verifiziert werden. Gefertigt wurde das Instrument im Stil der Renaissance. Das Gehäuse des mit Blei ausgefüllten Hammers ist aus hochkarätigem Gold und mit Monogramm versehen (WS), der Griff aus Elfenbein gefertigt. Die Bleifüllung diente zum Abfedern des Hammerschlags auf das Goldfüllmaterial.

Weltweit zählt dieser Goldhammer zu den bedeutendsten Instrumenten der Zahnheilkunde.

Wann dieser Hammer in die Sammlung Proskauer/Witt gekommen ist, lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht feststellen. An dieser Stelle daher unsere Bitte: Wenn Sie entsprechende Bilder, Schriftstücke oder Dokumente haben, freuen wir uns über Post, denn damit erleichtern Sie uns sehr die Archivierung und Dokumentation! 

Spenden Sie für den Erhalt des Dentalen Erbes!

Dank der Unterstützung und der Hilfsbereitschaft der deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte konnte die Sammlung Proskauer/Witt nach Zschadraß ins Dentalhistorische Museum ziehen. Doch damit ist es nicht getan: Die Stücke der Sammlung müssen zuerst inventarisiert, dann aufgearbeitet und schließlich öffentlicht zugänglich gemacht werden. Fernziel bleibt, einen Teil der Ausstellung in einer deutschen Metropole zu zeigen, um die zahnmedizinische Geschichte einem breiteren Publikum anschaulich zu machen. Das geht nicht ohne Ihre Hilfe!

Sie können direkt auf folgendes Spendenkonto überweisen:

Dentalhistorisches Museum

Sparkasse Muldental 

DE06 8605 0200 1041 0472 46

Bei Angabe von Namen und E-Mail-Adresse wird eine Spendenquittung übersandt.

Interview mit Dr. Thomas Breyer 

„Sind historische Objekte einmal weg, sind sie verloren!“ 

20 Jahre schlummerte die dentalhistorische Sammlung Proskauer/Witt in Containern, bevor sie 2020 ins Dentalhistorische Museum nach Zschadraß kam. Wie ging es seither weiter? 

Dr. Thomas Breyer: Es ist uns gelungen für die Archivierung der Sammlung ein Team zusammenzustellen, das – mit speziellen Kenntnissen ausgestattet – die Sammlung ausgepackt hat, den Zustand dokumentiert, kleine Restaurierungen vornimmt und den Aufbau eines Archivierungssystems vorantreibt. In Persona sind das Andrea Aurig als Museologin, Detlef Rohde als Fotograf und Medienprofi und der Auszubildende Tom Reisewitz, der mit seinen Fähigkeiten eine wichtige Stütze für die Archivierung darstellt. Spiritus rector ist natürlich Andreas Haesler, der Museumsgründer. Er hat mit der Akquise von Fördermitteln diese Personalstruktur erst ermöglicht, allein mit unserem Spendenaufkommen schaffen wir das nicht.

Im Dentalhistorischen Museum gibt es unendlich viele Schätze aus der historischen Dentalwelt, die darauf warten entdeckt zu werden. Wie kann man die Sammlung in der Öffentlichkeit noch bekannter machen? Was ist zu tun?

Die Sammlung Proskauer-Witt stellt sicherlich einen Solitär im dentalhistorischen Bereich dar. Aber erst in der Einbettung in die riesige Sammlung in Zschadraß kann sie ihre Strahlkraft entfalten. Allerdings ist der Standort für einen großen Zustrom an Besuchern suboptimal. Ein „Deutsches Dentalhistorisches Museum“ analog dem Apothekenmuseum im Heidelberger Schloss hätte es da leichter.

Zwischenziel ist es, nationale Ausstellungen mit Leihgaben zu bestücken, zuletzt geschehen bei der Eröffnung des Humboldt Forums in Berlin, und kleine temporäre Präsentationen in großen Städten zu realisieren. Um den Bekanntheitsgrad der Sammlung zu steigern, nutzen wir die zahnmedizinischen Medien, die Publikumspresse und erstellen Videos auf YouTube. All diese Aktivitäten müssen natürlich finanziell untersetzt werden, auch wenn der Enthusiasmus der Beteiligten groß ist.

Möglich wurde der Umzug vor allem durch die Spendenaktion „Dentales Erbe“, bei der mittlerweile fast 135.000 Euro zusammengekommen sind. Sind Sie mit dieser Summe zufrieden?

Die notwendige Summe für das Projekt Archivierung liegt bei 200.000 Euro. Also bin ich noch nicht zufrieden. Corona, das Hochwasser und der Ukrainekrieg lassen natürlich unser Projekt in den Hintergrund treten. Trotzdem hoffe ich auf die Kollegenschaft, denn wenn historische Objekte einmal weg sind, sind sie endgültig verloren. Mein herzlicher Dank gilt allen bisherigen Spendern. Das sind viele Einzelspenden aus der Zahnärzteschaft, aber auch Großspender wie der Verband der deutschen Dentalindustrie (VDDI) und die apoBank. Bei Industrie und Handel werden wir weiterhin mit dem Klingelbeutel herumgehen. Denn viele Firmenarchive werden jetzt in Zschadraß aufbewahrt. Da sollte es schon etwas Unterstützung geben.

Das Gespräch führte Claudia Kluckhuhn.

Andreas Haesler

Leiter des Dentalhistorischen Museums in Zschadraß 

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