Steuertipps zum Jahresende

Kluge Steuergestaltung in schwierigen Zeiten

Bernhard Fuchs
,
Marcel Nehlsen
Pünktlich zum Jahresendspurt möchten wir Ihnen wieder die wichtigsten Ansatzpunkte für eine sinnvolle Steuergestaltung mit auf den Weg geben. Zum Beispiel rund um die Steuerprogression.

Erwarten Sie im kommenden Jahr ein schlechteres Praxisergebnis oder anderweitige steuerlich relevante Einbußen, könnte Ihr Steuersatz 2023 niedriger liegen als 2022. Dann lohnt es sich im Einzelfall, Ausgaben ins laufende Jahr vorzuziehen und/oder Einnahmen ins Folgejahr zu verschieben. So nutzen Sie die unterschiedlichen Steuersätze jahresübergreifend aus.

Im Spitzensteuersatzbereich sind lediglich Zinsvorteile durch Steuerverlagerung zu erzielen. Der gesetzliche Spitzensteuersatz bleibt nach aktueller politischer Lage 2023 unverändert bei 42 Prozent beziehungsweise 45 Prozent im Fall der Reichensteuer. Einkommensteuerverlagerungen führen hier zu keiner echten Steuerersparnis, sondern nur zu Zinsvorteilen. Dieser Zinsvorteil war in den vergangenen Jahren durch die Niedrigzinsphase gering. Es sei denn, Sie waren mit Ihrem Girokonto im Minus. Aktuell beobachten wir einen Anstieg der Zinsen auch im Anlagebereich, sodass dieses Thema wieder an Relevanz gewinnt.

Auf diesen Zinsvorteil zielen steuerverschiebende Maßnahmen ab. Um Steuerverschiebungen handelt es sich, wenn sich Ihr persönlicher (Grenz-) Steuersatz im Jahr 2023 gegenüber 2022 nicht ändert. Das trifft immer dann zu, wenn sich das zu versteuernde Jahreseinkommen in beiden Jahren bei Ledigen in etwa zwischen 60.000 Euro und 275.000 Euro beziehungsweise bei Verheirateten etwa zwischen 120.000 Euro und 550.000 Euro bewegt. Bei zu versteuernden Einkommen unter 60.000/ 120.000 Euro und nahe 275.000/ 550.000 Euro ist immer der Einzelfall zu prüfen. 

Welche Ausgaben sollte man vorziehen?

Die Steuerverschiebung kann bei einem unveränderten (Grenz-)Steuersatz einen Zinsvorteil bringen, weil Sie Ihre Steuer und die Vorauszahlungsanpassung und gegebenenfalls den Versorgungswerksbeitrag jeweils ein Jahr später zahlen müssen. Die Steuerhöhe an sich bleibt aber gleich. Sofern Sie Ausgaben vorziehen beziehungsweise Einnahmen hinausschieben, müssen Sie immer darauf achten, dass der Zinsverlust durch die Finanzierung einer solchen Maßnahme nicht höher ist als der Zinsgewinn durch die vorgezogene Steuerersparnis. 

Sonderausgaben

  • Durch die Zahlung von Sonderbeiträgen zur Altersvorsorge können Sie steuerlich profitieren. Zahlungen von Beiträgen zur Basisaltersversorgung (Versorgungswerk, Rürup-Produkt und gesetzliche Rentenversicherung) von jährlich bis zu insgesamt maximal 51.278 Euro bei Verheirateten beziehungsweise 25.639 Euro bei Ledigen sind steuerlich abzugsfähig. Darüber hinaus geleistete Beiträge gehen steuerlich ins Leere.

Achtung: In 2022 werden von diesen (Höchst)-Beiträgen aber nur maximal 94 Prozent als Sonderausgaben abgezogen werden. Zum Zeitpunkt der Beitragserstellung wird auf Regierungsebene diskutiert, die Beiträge schon ab 2023 zu 100 Prozent steuerlich geltend machen zu können. Diese Entwicklung sollte zum Jahresende beobachtet und eine freiwillige Zusatzzahlung unter Umständen ins Jahr 2023 verlagert werden, aber nur dann, wenn dadurch die steuerlichen Höchstbeiträge für 2023 nicht überschritten werden. 

  • Denken Sie daran, Ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden an gemeinnützige Institutionen und Vereine sowie an politische Parteien im Rahmen der steuerlich zulässigen Höchstsätze anzugeben.

Weitere Maßnahmen

Folgende Maßnahmen sind im Bereich der Einkünfteerzielung im Praxisbereich oder bei der Vermietung von Immobilien zur Steuerverlagerung beziehungsweise Steuerersparnis denkbar:

  • Verlagerung von Einkunftsquellen auf nahe Angehörige, zum Beispiel durch Schenkungen, durch die Bestellung eines Nießbrauchs an vermieteten Immobilien oder durch Anstellung in der Praxis

  • Zeitlich vorgezogene Investitionen in medizinische Geräte, Einrichtungsgegenstände für die Praxis, in einen Pkw und so weiter (zeitanteilige Abschreibung)

  • Anschaffung sogenannter geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG): Das sind Gegenstände, die ohne Umsatzsteuer bis zu 800 Euro pro Stück kosten. Sie können im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben werden. Maßgeblich für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Investitionen ist das Lieferdatum der Wirtschaftsgüter. Der Zahlungszeitpunkt ist hier unerheblich, er kann also auch in 2023 liegen. 

  • Vorgezogene Erneuerungsaufwendungen für Praxisräume und vermietete Objekte mit Zahlung in 2022

  • Anzahlungen beziehungsweise vorgezogene Zahlungen für Hausreparaturen, wenn es sich um Praxisräume oder ein vermietetes Objekt handelt *

  • Hinausschieben der Geltendmachung von Honorarforderungen gegenüber Privatpatienten (Zahlungseingang erst 2023) *

  • Anzahlungen, soweit kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt respektive vorgezogene Zahlungen und vorgezogene Einkäufe für Verbrauchsmaterial, zum Beispiel für Edelmetalle/Laborkosten bei Zahnärzten *

  • Vorauszahlungen auf Dauerschuldverhältnisse wie beispielsweise Praxismietvertrag für maximal fünf Jahre *

  • Der Abschreibungseffekt für bewegliche Wirtschaftsgüter kann auch vor der Anschaffung durch Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7 g EStG erzielt werden. Er darf gebildet werden, wenn Ihre Praxis einen Gewinn von unter 200.000 Euro per anno erzielt.

* Anmerkung: Diese Maßnahmen funktionieren nicht, wenn der Gewinn – ausnahmsweise – durch Vermögensvergleich (Bilanz) ermittelt wird.

Nur wirtschaftlich Sinnvolles machen

Grundsätzlich gilt für jede Maßnahme, dass sie wirtschaftlich sinnvoll sein muss. Insbesondere Investitionen zur Steuereinsparung sollten wohlüberlegt und sorgfältig geprüft werden. Der Steuerspareffekt (ohne Kirchensteuer) beträgt maximal rund 44,3 Prozent (Reichensteuer: rund 47,5 Prozent inklusive Solidaritätszuschlag). Den Rest bezahlen immer Sie.

Wertpapierverluste

Bankkunden, die im ablaufenden Jahr Aktien und dergleichen mit Verlust verkauft haben, merken sich bitte den 15. Dezember vor. Wollen Sie diese Verluste in diesem Jahr mit Gewinnen aus solchen Anlagen bei anderen Geldinstituten über die Steuererklärung verrechnen lassen, müssen Sie bis spätestens dahin eine Verlustbescheinigung bei Ihrer Bank beantragen. Sie stellen den Antrag bei der Bank, bei der die Verluste angefallen sind, und geben die entsprechende Bescheinigung an Ihren Steuerberater. Dieser setzt dann den bescheinigten Verlust in Ihrer Steuererklärung für 2022 an.

Aufbewahrungsfristen

Die nachfolgend genannten Unterlagen und Dokumente können Sie in der Regel mit Ablauf des 31.12.2022 vernichten:

Bitte beachten Sie: Es besteht Aufbewahrungspflicht über den 31.12.2022 hinaus, wenn zu diesem Zeitpunkt

  • eine Außenprüfung für 2012 oder früher noch nicht abgeschlossen ist, 

  • ein Rechtsbehelfsverfahren (Einspruch, Klage) für 2012 oder früher noch läuft oder 

  • die Steuererklärung (2011) verspätet abgegeben wurde.

Bitte bewahren Sie die Unterlagen in diesen Fällen bis zum Abschluss des Verfahrens beziehungsweise bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Abgabe der Steuererklärung auf. 

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