Bitte nicht nur Feierabendforschung!
Ohne Zweifel ist in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Grundlagenforschung auch heute noch notwendig. Dies sind wir unseren Patienten schuldig und auch den Steuerzahlern, die die Forschung finanzieren. Auf der alljährlich im Januar in Mainz stattfindenden Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung (AfG) in der DGZMK war es jahrelang so voll, dass man auf der Hörsaaltreppe gerade noch einen Platz bekam. In den vergangenen Jahren ging die Zahl der Beiträge wie auch der Teilnehmer deutlich zurück, möglicherweise auch deshalb, weil viele neue Arbeitsgemeinschaften innerhalb der DGMZK gegründet wurden, deren Teilnehmer sich vorher im Rahmen der AfG getroffen hatten. 2017 sind die Zahlen endlich wieder gestiegen.
Die Veranstaltung ist attraktiv und wertvoll, stehen doch die Forschungsinhalte aus allen Grundlagenbereichen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde im Vordergrund. Die Diskussionen dienen dem tiefem Verständnis und regen den fachübergreifenden Austausch an, nicht selten entstehen gerade so und ungeplant neue Ideen, Fragestellungen und ungewöhnliche Kooperationen.
Es gibt Preise für Nachwuchswissenschaftler, wobei die Preisträger ihren Vortrag am jeweils nachfolgenden Deutschen Zahnärztetag vorstellen. In der ungezwungenen Atmosphäre fühlen sich Newcomer schnell wohl und fassen Vertrauen in die eigene Arbeit. Und wer möchte, der kann sogar 14 Fortbildungspunkte einreichen.
Freiräume für die Forschung entfallen
Wir müssen aber auch Probleme ansprechen: Zur Analyse der Beitragsanmeldungen über die vergangenen 30 Jahre haben wir für jede Tagung eine Landkarte zusammengestellt (Grafik links), die die Anzahl der Beiträge und die Universitäten, aus denen sie stammen, aufzeigt. So wurde deutlich, dass es Standorte gibt, aus denen über Jahre hinweg regelmäßig zahlreiche Beiträge kommen und es wurden auch Universitätszahnkliniken erkennbar, von denen jahrzehntelang kein Beitrag auf der AfG vorgestellt wurde (Grafik rechts).
Sicher ist die Forschungsaktivität unregelmäßig, aber man sollte nicht davon ausgehen, dass es Standorte gibt, an denen keine Grundlagenforschung stattfindet. Es sollte eher angenommen werden, dass die Kollegen andere Kongresse aufsuchen und der AfG fernbleiben. Auf der Suche nach den Gründen haben wir im vergangenen Jahr recht offensiv das Gespräch mit den wissenschaftlich tätigen Kollegen gesucht. Dabei wurde offenbar, wie sehr sich seit der Gründung der AfG im Jahr 1968 die Bedingungen, unter denen die Forschung stattfinden kann, geändert haben.
Die Trias von „Forschung, Lehre und Krankenversorgung“, die so im Logo und in der Reihenfolge an vielen Standorten das Motto darstellt, wird nicht mehr eingehalten. Oft sind die Belastungen in Lehre und Krankenversorgung so hoch, ohne dass Freiräume für Forschung fest eingerichtet sind. Die aktive Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen wird auf die Abend- und Wochenendzeit verschoben. Viele der Beiträge auf den AfG-Jahrestagungen stammen aus solch einer „Feierabendforschung“.
Nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Forschung haben die Betriebswirte, die in regelmäßig steigender Zahl an den Universitätseinrichtungen anzutreffen sind, einen sehr großen Einfluss gewonnen und dominieren mit dem Versuch, die „Leistung“ auch hier zu quantifizieren.