Rechtliche Bedenken, Papiermangel und keine Lust mehr auf Corona
Der Bundestag wird wohl im April über die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht abstimmen, ohne die sonst üblichen Fraktionsvorgaben. Diese fünf Initiativen liegen auf dem Tisch:
Gesetzesentwurf von Abgeordneten der Ampel zur allgemeinen COVID-Impfpflicht ab 18: Erweiterung der Impfkampagne, Beratungsmöglichkeiten, verpflichtender Impfnachweis ab dem 1. Oktober 2022
Gesetzesentwurf zur verpflichtenden Impfberatung und altersbezogene Impfpflicht ab 50 (Gruppe von Parlamentariern der Ampel um den FDP-Abgeordneten Andrew Ullmann): Verpflichtende Impfberatung für alle Erwachsene, altersbezogene Impfpflicht ab 50 unter Vorbehalt, Bundestag entscheidet, ob die epidemische Lage die Impfpflicht notwendig macht.
Antrag Impfvorsorgegesetz (CDU/CSU-Fraktion): Es soll zunächst ein Impfregister aufgebaut werden. Zudem soll es einen „gestuften Impfmechanismus” geben, der vom Bundestag ausgelöst werden kann, wenn sich die Corona-Lage verschärft. Möglich wäre dann auch eine gestaffelte Impfpflicht für bestimmte Altersgruppen.
Antrag Erhöhung der Impfbereitschaft ohne Impfverpflichtung (Parlamentarier um den FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki und den Linken-Abgeordneten Gregor Gysi): Impfbereitschaft stärken, aber Nein zur Impfpflicht.
Antrag gegen gesetzliche Impfpflicht (AfD): Eigener Antrag der Partei mit Ablehnung der Pflicht.
Verfassungsrechtler haben Bedenken
Das rechtliche Für und Wider stand im Fokus einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 21. März. Experten hatten vor allem praktische und rechtliche Bedenken gegenüber einer allgemeinen Impfpflicht. Sie rieten dazu, eine verpflichtende Impfung überzeugend zu begründen, um eine Niederlage vor Gericht zu verhindern.
Nach Ansicht des Medizinrechtlers Prof. Dr. Josef Franz Lindner, Universität Augsburg, wäre eine zeitnah umgesetzte allgemeine Impfpflicht als „Vorratsimpfpflicht“ verfassungsrechtlich problematisch. Den Gesetzgeber treffe die Pflicht zur Schaffung eines Vorratsgesetzes, nicht die einer Vorratsimpfpflicht „ins Blaue“ hinein. Auch Dr. Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht und Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes Berlin, hält die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren derzeit für verfassungsrechtlich nicht ausreichend begründet. Es gelinge nicht, die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs darzulegen.
Problem ist auch der Papiermangel
Auf ganz andere Schwierigkeiten wies der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme hin: So sei nicht sicher, ob es überhaupt ausreichend Papier für die notwendigen 60 Millionen Anschreiben an die Versicherten gibt, führte der Verband angesichts des coronabedingten Papiermangels in Europa an. Den Krankenkassen würden gegenüber ihren Versicherten umfangreiche Erhebungs-, Prüf- und Meldepflichten auferlegt. Sie seien aber keine Gesundheits- oder Ordnungsbehörden. Informationsanschreiben an die Versicherten bis zum 15. Mai seien organisatorisch im gesetzten Zeitrahmen nicht zu erfüllen. Bis dahin müssten die Kassen 1,8 Millionen Anschreiben pro Woche drucken und versenden. Das könnten Druckereien bis dahin nicht leisten. Gleichzeitig verfügten die Krankenkassen nicht über die erforderlichen Daten, um die Versicherten in der vorgesehenen Weise sicher zu erreichen. Keinesfalls aber wolle man sich gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 sperren, stellte der Verband klar.