Pandemie reduziert Vertrauen der Amerikaner in Ärzte und Kliniken
Zentrales Ergebnis: Vor der Corona-Pandemie hatte die Mehrheit der befragten Personen ab 18 Jahren in allen soziodemographischen Gruppen ein größeres Vertrauen in Ärzte und Kliniken als in der Zeit danach. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass in den Befragungen die Größe des Vertrauens mit der Wahrscheinlichkeit für eine Impfung gegen SARS-CoV-2 korrelierte:
Wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: Odds Ratio (OR) 1.38 (Konfidenzintervall 95 Prozent, Spreizung 1.16 bis 1.65)
Etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2,48 (2.12 bis 2.90)
Viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR, 4,94 (4.21 bis 5.80)
Ein ähnliches Muster wurde auch für die Auffrischungsimpfungen beobachtet:
Wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 1,23 (1.00 bis 1.52)
Etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2.22 (1.84 bis 2.68)
Viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 3.62 (2.99 bis 4.38)
und ebenso für Influenzaimpfungen:
Wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 1.21 (Konfidenzintervall 95 Prozent, Spreizung 0.91 bis 1.61)
Etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2.63 (2.03 bis 3.40)
Viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 5.09 (3.93 bis 6.59)
Die Umfragedaten wurden in 24 Wellen über einen Zeitraum von fast vier Jahren erhoben. Die zentrale Frage der Umfrageversion bis August 2022 lautete: „Wie sehr vertrauen Sie den folgenden Menschen und Organisationen, das Richtige zu tun, um den aktuellen COVID-19-Ausbruch in den Griff zu bekommen?“
Ab August 2022 folgte dann die Frage: „Wie sehr vertrauen Sie den folgenden Menschen und Organisationen zu tun, was richtig ist?“ Um die Korrelation zu untersuchen, sollten im Juni und Juli 2023 rund 4.000 zufällig ausgewählte Teilnehmenden beide Schlüsselfragen beantworten. Sekundäre Fragen ermittelten das individuelle Vertrauen zur Wissenschaft sowie zu anderen Personen außerhalb des Gesundheitswesens.
Das Vertrauen hatte 2021 seinen Peak und nahm dann ab
Im April 2020 gaben 71,5 Prozent der Befragten an, „viel Vertrauen“ in Ärzte und Krankenhäuser zu haben, im Januar 2024 waren es nur noch 40,1 Prozent. Nach den Gründen befragt, gab eine Teilgruppe (n=200) an, dass
ihrer Wahrnehmung nach „finanzielle Motive wichtiger als Patientenversorgung“ seien (35,0 Prozent).
sie „schlechte Versorgungsqualität und Vernachlässigung“ empfanden (27,5 Prozent).
sie „Einfluss externer Einrichtungen und Agenden“ vermuteten (13,5 Prozent).
sie „Diskriminierung und Vorurteile“ wahrnahmen (4,5 Prozent).
Die Größe des Vertrauens korrelierte auch mit der Wahrscheinlichkeit, gegen das Coronavirus oder gegen Grippe geimpft worden zu sein. Das wurde bei Umfragerunden ab Januar 2021 deutlich: Hier war hohes Vertrauen zu Ärzten und Krankenhäusern durchgehend mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Corona-Impfung assoziiert und stieg von Januar 2021 (OR 1,94, Spreizung 1.56 bis 2.44) bis August 2022 (auf einen Höchststand (OR 4.36 (3.30 bis 5.81).
Forschende befürchten Auswirkungen für die Zukunft
In ihrem Fazit betonten die Autoren, dass das gesunkene Vertrauen in Ärzte und Kliniken Auswirkungen auf die Versorgung haben könnte. Sie empfehlen darum, öffentliche Maßnahmen zu ergreifen, um die entstandene Verunsicherung offen zu thematisieren. Dies sei wichtig, um auch in Zukunft das Erreichen der Impfziele in den USA sicherzustellen.
Nach Ansicht der Autorinnen und Autoren ist anzunehmen, dass der beobachtete Vertrauensverlust langfristige Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben wird. Mangelndes Vertrauen könnte die Art und Weise beeinflussen, wie die US-Amerikaner auf die nächste Pandemie reagieren, schreiben sie – aber auch andere Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit im Land haben. Dementsprechend könnten Maßnahmen zur Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens sich nicht nur positiv auf die Impfbereitschaft auswirken, sondern perspektivisch auch für die Gesundheit der Amerikaner im Allgemeinen von Vorteil sein.
Künstliche Intelligenz half bei der Auswertung der Umfrage
Die Forschenden befragen vom April 2020 bis Februar 2024 in 24 Wellen rund 443.000 Personen ab 18 Jahren. Es handelt sich um eine nicht-probabilistische Stichprobe, allerdings wurden je Bundesstaat über Auswahlquoten hinsichtlich der Herkunft, Ethnie, Alter und Geschlecht jeweils repräsentative Stichproben sichergestellt, heißt es. Insgesamt gingen 582.00 Antwortbögen ein. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag bei 43,3 Jahren, 65 Prozent der Befragten waren weiblich und 71,7 Prozent weiß. Offen gestellte Fragen ermittelten die Gründe für ein hohes oder geringes Vertrauen in Ärzte und Klinken. Bei der Auswertung nutzten die Forschenden ein KI-Tool von OpenAI.
Perlis RH, Ognyanova K, Uslu A, et al. Trust in Physicians and Hospitals During the COVID-19 Pandemic in a 50-State Survey of US Adults. JAMA Netw Open. 2024;7(7):e2424984. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.24984