Studie

Das orale Mikrobiom und die Evolution des Menschen

mg/pm
Gesellschaft
Das orale Mikrobiom von Schimpansen, Brüllaffen, Eiszeitmenschen und Neandertalern ist sich erstaunlich ähnlich. Doch am Ende der Eiszeit hat sich Entscheidendes geändert, zeigt eine Studie.

Um die Evolutionsgeschichte des oralen Mikrobioms der Hominiden zu untersuchen, haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte 124 zahnärztliche Biofilm-Metagenome von Menschen - vom Neandertaler bis zum modernen Menschen -, Schimpansen, Gorillas und Brüllaffen miteinander verglichen. Die Archäogenetikerinnen und Archäogenetiker analysierten mithilfe neuer Werkzeuge und Analysemethoden Milliarden von Erbgut-Fragmenten genetisch, um die Bakterien zu identifizieren, deren Überreste im archäologischem Material erhalten sind.

Aus der versteinerten Plaque identifizierten sie zehn Gruppen von Bakterien, die seit über 40 Millionen Jahren Teil des oralen Mikrobioms sind und die die heutigen Menschen mit unseren engsten Primaten-Verwandten gemeinsam haben. Am ähnlichsten ist das orale Mikrobiom des modernen Menschen dem der Neandertaler. 

Welche Rolle spielten stärkehaltige Nahrungsmittel?

Am überraschendsten war die Erkenntnis, dass eine Gruppe von Bakterien, die sowohl bei modernen Menschen als auch bei Neandertalern vorkommt, spezifisch an die Aufnahme von Stärke angepasst ist. Dies deutet darauf hin, dass stärkehaltige Nahrungsmittel in der menschlichen Ernährung lange vor der Einführung des Ackerbaus und sogar noch vor der Evolution des modernen Menschen eine Rolle spielten. Stärkehaltige Nahrungsmittel, wie etwa Wurzeln, Knollen und Samen, sind reichhaltige Energiequellen. Einige Forscherinnen und Forscher vermuten, dass der Übergang unserer Vorfahren zum Verzehr stärkehaltiger Nahrungsmittel dazu geführt haben könnte, dass die Menschen so große Gehirne entwickelt haben wie es für unsere Spezies typisch ist.

Es sei eine große Herausforderung zu ergründen, was bei den ältesten Vorfahren des Menschen auf dem Speiseplan stand, schreiben die Autoren, aber das orale Mikrobiom könne wichtige Hinweise für das Verständnis der frühen Ernährungsumstellungen liefern, die zur Entwicklung des Menschen entscheidend beigetragen haben. „Jener Zahnbelag, den wir Tag für Tag sorgfältig wegputzen, enthält überraschende Hinweise auf unsere Evolution und wertvolle Informationen über unsere Gesundheit”.

James A. Fellows Yates et al., „The evolution and changing ecology of the African hominid oral microbiome”, PNAS May 18, 2021 118 (20) e2021655118;https://doi.org/10.1073/pnas.2021655118

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