Der Arzt im römischen Köln

Kay Lutze
Gesellschaft
Chirurgen, Urologen und Gynäkologen, Zahnärzte, Augen-, Ohren- und Hautärzte, Schönheitschirurgen, aber auch Diagnostiker und Pharmazeuten: Diese Dichte der medizinischen Versorgung in den Städten des Römischen Imperiums erreichte Deutschland erst wieder im 20. Jahrhundert. Eine Kölner Ausstellung mit Grabinventaren wie ärztlichen Instrumenten, Arzneikästchen und Arztstempeln zeigt die Arbeit der Medici.

Eine Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum in Köln beleuchtet den hohen Entwicklungsstand der Medizin in den urbanen Regionen des Römischen Reichs zur Kaiserzeit. In keiner anderen ehemals römischen Stadt wurden so viele Ärzte-Gräber gefunden wie in Köln. Die ersten Ärzte kamen mit dem Militär in der Ära von Kaiser Augustus nach Köln. Jedes römische Lager hatte eine gute Ausstattung mit Medizinern und besaß zudem ein Hospital an einer ruhig gelegenen Stelle.

Das Vertrauen in die ärztliche Kunst ging stets einher mit dem Vertrauen auf die Hilfe der Götter. So ging die römische Berufsmedizin zurück auf Aeskulap, den göttlichen Arzt aus Griechenland. Der Legende nach hatte der Heilgott im Jahr 291 vor Christus in Gestalt einer Schlange sein neues Heiligtum auf der Tiberinsel in Rom in Besitz genommen. Kultpartnerin des Aeskulap war oft Salus, die Göttin des öffentlichen Wohlergehens von Staat und Kaiser.

10 Prozent der Mediziner in der Antike waren weiblich

In den vergangenen Jahrhunderten wurden in Köln 16 Gräber von Ärzten entdeckt. Ärztegräber sind dem Museum zufolge in römischer Zeit ein besonderes Phänomen. Keine andere Berufsgruppe sei so gut an ihren Grabbeigaben erkennbar wie Ärzte.

Warum man Medizinern ihre Instrumente mit ins Grab gab, ist nicht überliefert. Unter den nachgewiesenen Gräbern in Köln befinden sich die von Allgemeinmedizinern, Chirurgen, Augenärzten und Pharmazeuten. Daneben gab es ganz sicher auch noch andere Fachärzte wie zum Beispiel Zahnärzte. Zwei der Gräber konnten übrigens eindeutig Frauen zugeordnet werden. Etwa 10 Prozent der Mediziner in der Antike waren weiblich.

Betritt der Besucher die Ausstellung, fällt sein Blick zuerst auf die Statue des Asklepios. Gleich daneben steht das berühmte Relief aus den 1. Jahrhundert nach Christus, das nahe der Kölner Philharmonie ausgegraben wurde und die einzige erhaltene Darstellung eines Arztes bei der Behandlung eines Patienten zeigt: Der am Oberkörper verletzte Krieger ist nackt und hat an seiner Seite Waffen und Schild, die ihn als Griechen ausweisen. Die Szene verweist auf eine heute unbekannte Geschichte aus der römisch-griechen Mythologie. Das Relief gehörte ursprünglich zu einem großen Grabmal. Vielleicht zu einem Grabmonument eines Arztes. Dann wäre es das 17. in Köln gefundene Grab eines Medicus.

Arzt - damals kein feiner Beruf

Einer der ältesten Funde ist das Grabmonument des Medicus Marcus Rubrius Leonta, der nur 30 Jahre alt wurde und zu den ersten zivilen Ärzten in Köln gehörte. Seine Abstammung ist typisch für Mediziner der damaligen Zeit. Sie waren meist keine Römer. Leonta war Grieche und ein Freigelassener. Lange Zeit galt es im Römischen Reich als unfein, sein Geld als Arzt zu verdienen.

Erst der Leibarzt von Kaiser Augustus, Antonius Musa, wertete durch sein Können das Ansehen der Ärzteschaft deutlich auf (Kaiser Augustus und der Kneip der Antike). Leider ist der Grabstein des Leonta heute verschollen.

In die Zeit des 17. Jahrhunderts gehört der Fund des Grabmals eines Tierarztes. Das gut erhaltene Grabmal mit dem Konterfei des Arztes und Inschrift ist hier durch eine Abbildung vertreten, weil es sich seit den napoleonischen Raubzügen im Musée Gallo-Romain in St. Germain-en-Laye befindet.

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Ein Zahnärztinnengrab mit Instrumenten

Die zwei Brandgräber aus dem keltisch-römischen Gräberfeld von Wederath-Belginum in der ehemaligen römischen Provinz Belgica sind zwar nicht kölnischen Ursprungs, aber sehr bedeutend. Bei der Analyse des Leichenbrandes konnte zweifelfrei nachgewiesen werden, dass es sich bei dem einem Grab um das einer Zahnärztin handelt. Auch die sekundären Grabbeigaben bestätigen dies.

Der Zahnärztin, wahrscheinlich eine Keltin, wurden eine Kasserolle aus blauem Glas und ein schwarzer Rippenbecher aus Ton, sowie einige zahnärztliche Instrumente mit ins Grab gelegt. Eine Zahnzange, ein Ringgriffmesser und eine Spatel- und Löffelsonde waren in einem nicht mehr erhaltenen Behälter aus Leder oder Stoff aufbewahrt. Der männliche Kollege hatte nur eine Zahnzange und den Rest eines Rasiermessers mit in seinem Grab. Das Messer wurde wohl als Brenneisen zum Kauterisieren verwendet.

Die benachbarte Vitrine zeigt dem Besucher einen Schädel einer Frau aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert mit klar erkennbaren Zahnleiden. Zum Thema Zahnheilkunde zeigt die Ausstellung auch zwei Exponate zur Heiligen Apollonia, die im 3. Jahrhundert nach Christus in Alexandria lebte.

Bei den Grabfunden von Augenärzten konnte auch erstmals das Grab einer Augenärztin in Köln nachgewiesen werden. Spezifisch bei den Augenärzten ist, dass man meist ihre Namen kennt, weil sie ihre Arzneien in halbtrockenem Zustand in kleinen Formen stempelten, die dann getrocknet wurden.

Das reichhaltig mit Instrumenten gefüllte Grab einer Chirurgin wurde von Archäologen an der Luxemburger Straße in Köln entdeckt. Ein Armreif und eine Haarnadel belegen, dass es das Grab einer Medica ist. Das Instrumentarium fällt vor allem durch seine besonders schöne Formgebung und Verzierungen auf.  

Zaubersprüche - früher Teil der Therapie

Außerordentlich prunkvoll sind die Grabbeigaben bei einem Chirurg, Internist und Pharmazeuten ausgefallen. Exemplarisch seien nur der sehr wertvolle Schlangenfadenpokal, die Medikamentenbox aus Elfenbein und der Messschöpflöffel zum Portionieren und Wiegen erwähnt. Interessant ist bei seinem Grab auch die Leichenbrandanalyse. Denn sie offenbarte, dass der Medicus selbst an Anämie, Halswirbelarthose und Zahnproblemen litt. Die mit im Grab gefundenen Amulette mit Bleitäfelchen, auf denen Zaubersprüche stehen, verweisen darauf, dass die Medizin in der Antike auch auf den Beistand transzendenter Kräfte zählte.

Die Besonderheit beim Grabmal eines Pharmazeuten, das aus dem 3. Jahrhundert nach Christus stammt, sind neben vielen sehr kostbaren Grabbeigaben Glasbehälter mit noch original befüllten Salben der damaligen Zeit. Der Besucher kann den kolossalen Sarkophag des Pharmazeuten an der äußeren Nordwand des Museums bewundern.

Bei dem letzten 2013 entdeckten Grab eines Chirurgen wurden unter anderen Grabbeigaben bisher einmalig in einem Medicusgrab ein Instrumentenset aus Flachzange, Pfriem und Schere gefunden.

Die Ausstellung stellt auch einen Bezug zum Thema Schönheit und Kosmetik her. Präsentiert werden Artefakte aus dem Grab eines Frisörs. Den Besuchern wird zudem die Möglichkeit gegeben, das ärztliche Instrumentarium aus der Antike mit ähnlichen Objekten aus späteren Jahrhunderten zu vergleichen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. November 2015 im Römisch-Germanischen Museum Köln.

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