Neue Basis für Coronaforschung

Deutsche Universitätskliniken forschen ab sofort im Netzwerk

mg/pm
Gesellschaft
Das Nationale Pandemie Kohorten Netz (NAPKON) schafft eine neue Arbeitsgrundlage für die Coronaforschung. So sollen die Daten von 8.000 Erkrankten einheitlich erhoben und zentral ausgewertet werden können.

Die Pandemie hat wieder an Dynamik gewonnen, gleichzeitig sind in der Forschung noch viele Fragen offen. Wer erkrankt schwer und warum? Wer ist von Folgeerkrankungen betroffen und welche sind das? Welche Therapiestrategien können abgeleitet werden? Antworten finden sich in den individuellen Krankengeschichten der vielen tausend Infizierten.

Darum wollen die deutschen Universitätskliniken und zahlreiche weitere Partner rund 8.000 Infizierte und Erkrankte über den gesamten Krankheitsverlauf hin intensiv beobachten, spezielle Blutuntersuchungen ermöglichen und jede Besonderheit erfassen. Sie engagieren sich dafür im sogenannten Nationalen Pandemie Kohorten Netz (NAPKON), einem der zentralen Projekte des von der Bundesregierung mit 150 Millionen Euro geförderten Netzwerks Universitätsmedizin. Die übergreifende Dateninfrastruktur für das Projekt stellt das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) zur Verfügung.

Jedes Detail kann wichtig sein

„Wir betrachten die Erkrankten wie unter einem Mikroskop, jede Kleinigkeit kann wichtig sein“, erklärt der Infektiologe Prof. Janne Vehreschild, Sprecher von NAPKON und Leiter einer standortübergreifenden Arbeitsgruppe an den Universitätskliniken Frankfurt und Köln sowie dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in einer Mitteilung .

Mit der Unterstützung zahlreicher Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen wurden hierfür einheitliche elektronische Fragebögen und Prozeduren zur Datenerhebung sowie Abnahme von Bioproben entwickelt.

Bei einem Teil der Patienten erfolgt zusätzlich eine umfassende Untersuchung der allgemeinen Gesundheit und der potenziell betroffenen Organe, zum Beispiel mit Ultraschall und Magnetresonanztomografie.

„Unsere Untersuchungen werden uns erlauben, endlich auch Antworten auf drängende Fragen zur Gesundheit nach einer überstandenen Erkrankung zu finden“, erklärt Prof. Martin Witzenrath, stellvertretender Direktor der Klinik für Infektiologie und Pneumologie an der Charité, der mit der sogenannten Hochauflösenden Kohortenplattform das detailreichste Untersuchungsprogramm innerhalb von NAPKON koordiniert.

Informationen werden in deutschlandweiter Datenbank gebündelt

Daten und Proben werden nur erfasst, wenn die Betroffenen vorher ausführlich informiert wurden und eingewilligt haben, heißt es. Das Studienpersonal erhebt sorgfältig klassische klinische Untersuchungsparameter, Daten von bildgebenden Verfahren sowie Arzt- und Pflegeberichte und gibt alle Informationen in eine deutschlandweite Datenbank ein.

Viele weitere Parameter kommen hinzu, beispielsweise Angaben zur Lebensqualität, wie schnell sich die Erkrankten erholen, ob sie psychische Probleme haben, wann sie wieder arbeitsfähig sind oder ob sie Folgeerkrankungen entwickeln. Ein zentraler Bestandteil von NAPKON ist ein einheitliches Bioprobenset, das von allen Teilnehmern hochstandardisiert erhoben wird und – verknüpft mit den anderen Daten – wichtige Erkenntnisse für die Biomarker-, Impfstoff- und Medikamentenforschung liefern soll.

Künstliche Intelligenz soll bei der Auswertung helfen

Etwa 2.000 Merkmale wird das Studienpersonal bei den teilnehmenden Patientinnen und Patienten in mehreren Visiten wiederholt erheben, ein personeller und datentechnischer Kraftakt. Fünf Universitätskliniken – neben Frankfurt und der Charité auch Hannover, Kiel und Würzburg – koordinieren NAPKON, an dem sich alle Universitätskliniken und bis zu 200 weitere Einrichtungen beteiligen sollen, darunter auch Arztpraxen und Gesundheitsämter.

Fast 400 Wissenschaftler engagieren sich bereits in fach- und organspezifischen Arbeitsgruppen und gestalten die Studie und die Fragestellungen. Bei der Analyse der Daten sollen Methoden der modernen Datenwissenschaften und Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen.

Um zügig starten zu können, greift NAPKON in der Anfangsphase auf eine Forschungsinfrastruktur zurück, die sich in der Praxis bereits bewährt hat: Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung führt seit Jahren klinische Studien mit einem Zentren übergreifenden Ansatz durch und hat seine Systeme für COVID-19 erweitert. Das System arbeitet unter strengstem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Patienten.

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