Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD)

Gesundheitsämter nicht ausreichend für zweite Welle gerüstet

LL
Gesellschaft
Für eine zweite Infektionswelle in der Pandemie sehen Experten die Gesundheitsämter nicht ausreichend vorbereitet. Auch die Vorgehensweise könnte effizienter sein und so Ressourcen sparen, mahnen sie.

Die Infektionszahlen steigen wieder und sollte sich eine neue Infektionswelle entwickeln, sehen mehrere Gesundheitsexperten, darunter auch die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesund­heitsdienstes (BVÖGD), Dr. Ute Teichert, die Gesundheitsämter nicht ausreichend vorbereitet sieht. Es fehle vor allem an ausreichend Personal im ÖGD. Auch sei die Vorgehensweise der Ämter "verbesserungswürdig". Der Vorschlag: Durch eine Fokussierung auf Superspreader sowie auf die Verfolgung von Infektionsketten könnte strategisch effizienter gearbeitet werden.

„Mit den steigenden Infektionszahlen rollt ein riesiges Problem auf uns zu“, warnt Teichert gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe und plädiert für kurzfristige, gezielte Lösungen. Die Gesundheitsämter könnten nicht warten, bis die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes umgesetzt werden, sondern sollten umgehend Verstärkung erhalten, wenn es das lokale Infektionsgeschehen verlange.

"Hygiene, Infektionsschutz, zahnärztlicher Dienst – alles wurde heruntergespart!"

Gegenüber den zm verdeutlicht Teichert das Personalproblem: „Es geht ja nicht nur darum Stellen zu schaffen. Wenn sich herausstellt, dass diese Stellen unattraktiv sind, dann werden wir – wie jetzt auch schon – weiterhin Probleme haben.“ Und sie ergänzt: „Wir weisen schon seit Jahren darauf hin, dass dieser Zweig völlig unterbesetzt ist, zum Beispiel auch im zahnärztlichen Bereich. Es gibt jede Menge Aufgaben, die über Jahre hinweg abgebaut und liegen geblieben sind. Hygiene, Infektionsschutz, zahnärztlicher Dienst – alles heruntergespart!“

Dabei könnte auch ein bundesweites, freiwilliges Stellenregister helfen, über das Mitarbeiter vermittelt werden. Diese könnten Studierende sein, die bereits während der ersten Pandemie-Welle in den Gesundheitsämtern als Helfer geschult worden sind sowie auch Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen. Voraussetzung sei hier natürlich deren Themenkenntnis und Einarbeitung. Bereits im Mai wurden finanzielle Mittel, zum Beispiel für eine bessere digitale Ausstattung sowie Personalaufstockungen seitens der Bundesregierung beschlossen.

„Wir brauchen dringend ein Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit“, sagt Teichert, für die eine Unterstützung durch die Bundesebene elementar ist. „Wir brauchen zentrale Zuständigkeiten für all diese Themen, wir müssen Kompetenzen und Ressourcen bündeln.“

Auch Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) sprach sich gegenüber dem Magazin der Spiegel nachdrücklich für eine effizientere Vorgehensweise aus, die Ressourcen schonen kann. Hierbei sollten vor allem die sogenannten Superspreader, also hoch ansteckende Infizierte, die besonders viele andere Personen anstecken, identifiziert werden. Bei den Tests sollte zudem abgefragt werden, ob die Testpersonen an größeren Events teilgenommen haben. Wenn der Test dann positiv ausfällt, müssten alle Veranstaltungsteilnehmer in Quarantäne, bis auch sie einen Test gemacht haben.

Das Robert Koch-Institut stuft die steigende Zahl der Neuinfektionen als "sehr beunruhigend" ein. Bis zum Morgen des 2. August 2020 haben sich nachweislich 210.402 Personen in Deutschland mit dem Virus infiziert.

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