Frage an die Bundeskanzlerin

"Humanis bekommen Masken und Tests bezahlt, wir nicht - warum?"

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Gesellschaft
Humanis kriegen Tests und Masken bezahlt, Zahnis nicht, erzählt Zahnmedizinstudentin Viktoria Diederich im Bürgerdialog mit Angela Merkel. Warum das? Die Kanzlerin will diese Ungleichbehandlung jetzt prüfen.

Wie verändert Corona den Alltag und die Lebenswelt von Studierenden? Das wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel wissen und unterhielt sich dazu gestern in dem vierten digitalen Bürgerdialog mit zehn Studierenden verschiedenster Disziplinen aus ganz Deutschland. "Meine politische Arbeit hat sich total verändert, jetzt will ich einfach wissen, wie sich Ihre Lebensrealität verändert hat, damit ich weiß, wie es Ihnen geht und was wir tun können", veranschaulichte Merkel ihre Motivation.

"Zahnschmerzen bleiben weiter Realität"

Eingeladen war auch Viktoria Diederich, Zahnmedizinstudentin im 9. Semester an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. "Ich werde jetzt aus einer ganz anderen Sicht berichten", kündigte sie an, als sie nach fast anderthalb Stunden zu Wort kam. Im Unterschied zu vielen anderen Studierenden habe sie kein Problem mit ihrem Nebenjob: "Ich arbeite nebenbei in einer Zahnarztpraxis im Notdienst, der ist weiterhin aktiv." Kommentar von Merkel: "Zahnschmerzen bleiben weiter Realität."

"Unsere Patienten haben zu 100 Prozent der Behandlungen keine Maske auf"

"Ich kann auch für meine Doktorarbeit weiter ins Labor gehen", berichtete Diederich. An der Uni werde halbtags behandelt, die andere Hälfte des Tages finden digital Vorlesungen oder Seminare statt. Ihr Alltag sehe daher so aus: "Ich gehe jeden Tag in die Uni, ich behandle jeden Tag Patienten. Und durch diese täglichen Patientenkontakte haben wir ganz andere Probleme. Unsere Patienten haben im Unterschied zu vielen Fächern der Humanmedizin zu 100 Prozent der Behandlungen keine Maske auf."

Gleichwohl seien die Studierenden eben noch keine "Superprofis": "Wir sind in der Ausbildung, wir brauchen länger für die Behandlung und sind dadurch über einen langen Zeitraum - zum Teil über mehrere Stunden - in einem Abstand von 20 cm über einem Patienten, der uns gegenüber nicht geschützt ist, beziehungsweise wir tragen FFP2-Masken und Visiere und versuchen somit uns und unser Umfeld soweit zu schützen."

"Wir haben 15 Risikobegegnungen und gehen trotzdem jeden Tag in die Uni"

Es sei jedoch zurzeit normal, dass die Hälfte ihres Semesters eine rote App hat, führte Diederich aus. "Wir haben 15 Risikobegegnungen und wir gehen trotzdem jeden Tag weiter in die Uni!"

Sie und alle ihre Kommilitonen müssten ihre Tests - Antigenschnelltests - selber finanzieren, wohingegen alle humanmedizinischen Mitarbeiter der Universitätsklinik sich im Screening kostenlos testen lassen könnten. Inzwischen führten die Zahnmedizinstudierenden die Behandlungen mit FFP2-Masken durch, vorher wurde jedoch teils mit einfachen OP-Masken behandelt, was Infektionsfälle im Semester zur Folge gehabt habe. Auch die FFP2-Masken müssten sich die Zahnmedizinstudierenden auf eigene Kosten besorgen.

"Danke für Ihre Erzählung aus dem Leben!"

"Ich sehe jeden Tag 100 Menschen und meine App ist rot, aber es scheint niemanden zu interessieren", verdeutlichte Diederich. "Man ist ganz außen vor!" Merkel reagierte überrascht darauf, dass bei der Test- und Maskenvergabe Unterschiede zwischen -Human- und Zahnmedizinern gemacht werden. Zudem wunderte sie sich, dass Diederich trotz App-Warnung weiter jeden Tag zur Uni geht: "Mit einer roten App müssten Sie permanent in Quarantäne sein." Diederich entgegnete: "Wir sollen weiter kommen, weil wir FFP2-Masken tragen und dadurch geschützt seien."

"Wir müssen dem nochmal nachgehen", versprach Merkel. Insbesondere, warum Zahnmediziner und Humanmediziner beim Testen ungleich behandelt werden, leuchte ihr nicht ein. "Es gibt schon komische Sachen", so Merkel, "Danke für Ihre Erzählung aus dem Leben!" 

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