Kunst aus der Psychiatrie

ck/pm
Gesellschaft
Selbstbilder aus psychiatrischen Anstalten der Sammlung Prinzhorn zeigt die Ausstellung „Ich. Mein Selbst.“, die vom 19. März an im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg zu sehen ist. Organisiert hat sie der Arbeitskreis Würzburger Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer der Euthanasie.

Viele Künstler waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf der Suche nach Authentizität und Ursprünglichkeit. Kinderzeichnungen, die Kunst der sogenannten primitiven Völker und die Werke psychisch Kranker waren für sie daher interessant. Zugleich fingen Psychiater an, die kreativen Arbeiten ihrer Patienten zu sammeln, mit der Vorstellung, sie für ihre Diagnosen einsetzen zu können.

Die Sammlung Prinzhorn

Hans Prinzhorn (1886-1933) trug  in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg eine umfangreiche Kollektion Für die Psychiatrische Klinik Heidelberg zusammen. Sie umfasst Zeichnungen, Gemälde, Collagen, Textilien, Skulpturen und Texte, die zwischen 1880 und 1920 in psychiatrischen Anstalten im deutschsprachigen Raum entstanden sind. Teile dieser renommierten Sammlung sind nun zum ersten Mal in einer Sonderausstellung in Würzburg zu sehen.

Der Psychiater und Kunsthistoriker Prinzhorn betrachtete die Arbeiten der Patienten bewusst auch nach ihrem künstlerischen Wert. 1922 veröffentlichte er seine Analysen mit Fallbeispielen und zahlreichen Abbildungen in dem Buch „Bildnerei der Geisteskranken“, das sowohl in der medizinischen Fachwelt als auch in der Kunst große Beachtung fand.

Opfer systematischer NS-Krankenmorde

Viele mit Werken in der Sammlung Prinzhorn vertretene Frauen und Männer wurden während des Nationalsozialismus Opfer systematischer Krankenmorde: Man ließ sie wie tausende andere Patienten verhungern oder ermordete sie in „Tötungsanstalten“. Auch die neun in der Ausstellung vertretenen Patienten sind Opfer nationalsozialistischer Krankenmorde. Die Ausstellung „Ich. Mein Selbst.“ zeigt ihre künstlerisch-kreativen Selbstbilder. In ihren Zeichnungen und Collagen setzten sie sich mit der eigenen Person, ihren Nöten und Ängsten sowie dem Anstaltsalltag auseinander. In einigen Arbeiten finden sich deutliche Bezüge auf das Zeitgeschehen.

Die ausgestellten Künstler

Alle neun Männer lebten viele Jahre in psychiatrischen Anstalten, die meisten von ihnen galten als schizophren. Der Architekt und Künstler Paul Goesch (1885-1940), der Zeichenlehrer Ernst Wilhelm Bernhardt (1881-1940) und der erfolgreiche Kunsthandwerker Franz Karl Bühler hatten eine künstlerisch-gestalterische Ausbildung.

Andere, wie der Kaufmann Josef Heinrich Grebing (1879-1940), oder der Bäcker Konstantin Klees (1885-1940) waren Autodidakten. Erstmals in Würzburg im Original zu sehen sind Zeichnungen von Wilhelm Werner (1898-1940), einem Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Werneck. Zwischen 1934 und 1938 thematisiert er in eindrücklichen Bildern seine Zwangssterilisation. Im Oktober 1940 wurde Werner in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein (Sachsen) ermordet.

Die Ausstellung „Ich. Mein Selbst. Selbstbilder aus psychiatrischen Anstalten“ ist vom 19. März bis zum 30. April 2015 im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg im Südflügel der Residenz zu sehen. Öffnungszeiten: Täglich (außer montags) 10 bis 13:30 Uhr; der Eintritt ist frei.

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