Studie der Universität Zürich

Patienten mit Darmentzündungen sollten Titandioxid meiden

mg/pm
Gesellschaft
Nehmen Darmzellen Titandioxid-Partikel auf, führt dies bei Mäusen mit Darmerkrankung zu mehr Entzündungen und Schädigungen der Darmschleimhaut. Forscher der Universität Zürich empfehlen Patienten mit Darmentzündungen daher, auf Nahrungsmittel zu verzichten, die Titandioxid enthalten.

Die Häufigkeit von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nimmt in vielen westlichen Ländern seit einigen Jahrzehnten zu. Nun zeigen Forschungsarbeiten von Gerhard Rogler, Professor für Gastroenterologie und Hepatologie der Universität Zürich, dass Titandioxid-Nanopartikel die Entzündungsreaktionen im Körper von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen verstärken können.

Titandioxid kommt etwa in Zahnpasta und in Zuckerguss vor


Titandioxid ist ein Farbstoff, der in Arzneimitteln, Kosmetika und Zahnpasta sowie zunehmend als Lebensmittelzusatzstoff E171 beispielsweise in Zuckerguss, Kaugummis oder Marshmallows verwendet wird. Bisher existieren keine Einschränkungen für dessen Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie.
Die Wissenschaftler um Rogler konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen auf einen Eiweisskomplex im Innern von Zellen: das NLRP3-Inflammasom. Dieser Proteinkomplex ist Bestandteil des unspezifischen Immunsystems, der Gefahrensignale erkennt und in der Folge eine Entzündung auslöst. Wird das Inflammasom beispielsweise durch Bakterienbestandteile aktiviert, spielt die Entzündungsreaktion eine wichtige Rolle bei der Abwehr der Infektionserreger. Ebenso kann NLRP3 durch kleine anorganische Partikel aktiviert werden.
Zuerst untersuchte das Forscherteam den Effekt von anorganischen Titandioxid-Partikeln in Zellkulturen: Titandioxid dringt in menschliche Darmepithelzellen und Makrophagen (Fresszellen) ein und kann sich dort anreichern. Die Nanopartikel wurden vom Inflammasom als Gefahrensignal erkannt, was die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen auslöste. Zudem wiesen Patienten mit Colitis ulcerosa, deren Darmbarriere gestört ist, erhöhte Konzentrationen von Titandioxid im Blut auf. "Das zeigt, dass diese Partikel unter bestimmten Krankheitsbedingungen aus der Nahrung aufgenommen werden können", sagt Rogler.
In einem weiteren Schritt verabreichten die Wissenschaftler Mäusen, die als Krankheitsmodell für chronisch-entzündliche Darmkrankheiten dienen, Titandioxid-Nanopartikel oral. Auch hier aktivierten die Partikel den NLRP3-Komplex, was bei den Mäusen zu einer stärkeren Darmentzündung und einer größeren Schädigung der Darmschleimhaut führte. Zudem reicherten sich Titandioxid-Kristalle in der Milz der Tiere an.

Patienten mit Darmentzündungen sollten auf diese Nahrungsmittel verzichten!


Ob sich diese Befunde bei Menschen bestätigen lassen, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. "Aufgrund unserer Ergebnisse", folgert Rogler jedoch, "sollten Patienten mit einer Störung der Darmbarriere, wie sie bei Darmentzündungen auftritt, auf Titandioxid-haltige Nahrungsmittel verzichten."

Pedro A Ruiz, Belen Morón, Helen M Becker, Silvia Lang, Kirstin Atrott, Marianne R Spalinger, Michael Scharl, Kacper A Wojtal, Anne Fischbeck-Terhalle, Isabelle Frey-Wagner, Martin Hausmann, Thomas Kraemer, Gerhard Rogler.Titanium dioxide nanoparticles exacerbate DSS-induced colitis: role of the NLRP3 inflammasome.Gut. July 2017. DOI:10.1136/gutjnl-2015-310297

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