Vorwurf der Verbrauchertäuschung

Sind diese Zahnpasten wirklich "klimaneutral"?

mg
Gesellschaft
Vorwurf Greenwashing: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht juristisch gegen acht Unternehmen vor, die irreführend damit werben, ihre Produkte seien „klimaneutral“, darunter sind auch die Zahnpasten zweier großer Drogerieketten.

Handel und Industrie werben zunehmend mit der angeblichen „Klimaneutralität” ihrer Produkte und Dienstleistungen, um deren tatsächlichen Klimabelastungen zu kaschieren und sie dennoch als grün zu verkaufen, teilt die DUH mit . Dabei seien die vermeintlichen Kompensationswirkungen von Projekten und Werbeversprechen „teilweise nicht nachvollziehbar”.

Bei den beklagten Unternehmen handelt es sich um die Beiersdorf AG, BP Europa SE, dm-drogerie markt GmbH + CO. KG, Green Airlines GmbH, The Mother Nature GmbH, Dirk Rossmann GmbH, Shell Deutschland GmbH sowie die TotalEnergies Wärme & Kraftstoff Deutschland GmbH. Diese stellten Produkte wie Flugreisen, Kraftstoffe, Lebensmittel oder Kosmetika als „klimapositiv” oder „klimaneutral” dar.

Informationen sind oft nicht nachvollziehbar

Nach Angaben der DUH verschweigen die Unternehmen aber „entweder ganz oder teilweise, wie sie die angebliche CO2-Kompensation erbringen oder sie verweisen auf Kompensationsprojekte, an die nur ein in der Regel niedriger Geldbetrag fließt. CO2-Emissionen werden dagegen kaum eingespart. Überprüfbare Informationen zu Zahlungen, Projekten und tatsächlicher Klimawirkung sind für Verbraucherinnen und Verbraucher teilweise nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar".

dm reagiert nicht, Rossmann sieht keine Verstöße

Die Drogeriekette dm liefert so ein Beispiel bei seiner Naturkosmetik-Zahnpasta „Pro Climate Zahncreme mit natürlichen Kräuter-Extrakten”. Die „Kompensation von CO2-Emissionen, Eutrophierung, Versauerung, Sommersmog & Ozonabbau” machen es laut Website zu einem „umweltneutralen Produkt”. Auf die Nachfrage, warum diese Pauschalaussagen nicht näher erläutert werden, reagierte dm bislang nicht.

Rossmann teilte den zm mit: "Eine Irreführung des Verbrauchers und insbesondere eine unrichtige Bewerbung unserer klimaneutralen Produkte liegt und lag zu keinem Zeitpunkt vor.” Die DUH habe lediglich formelle Mängel in der Kommunikation und nicht Produkte oder die zertifizierten, internationalen Klimaschutzprojekte kritisiert. Die Auslobung der Klimaneutralität bei den entsprechend beworbenen Produkten stelle dem Unternehmen zufolge grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar, zudem sei die bisherige Kommunikation zu diesem Thema „umfangreich und transparent.”

Wie vertrauenswürdig ist "Carbon Check Private Ltd."?

Tatsächlich können VerbraucherInnen auf der Website von Rossmann lesen, dass die „klimaneutrale” Alterra Naturkosmetik Zahncreme Bio-Minze durch die Münchner Climate Partner GmbH zertifiziert wurde. Folgt man einer Identifikationsnummer auf dem Label, erfährt man, dass durch einen Windpark in Indonesien rund 140.000 Tonnen CO2-Kompensiert werden und die gleiche Menge an Bäumen in einem Aufforstungsprojekt in Deutschland gepflanzt wurden - verifiziert wurden die Projekte durch das indische Unternehmen Carbon Check Private Ltd.

DUH kritisiert "CO2-Ablasshandel"

Anders als von Rossmann dargestellt, bezieht sich die Kritik der DUH aber nicht nur auf die Kommunikation der Unternehmen, sondern generell auf das Werbeversprechen einer Klimaneutralität, die sie vielfach für Verbrauchertäuschung hält. Oftmals handele es sich eher um einen CO2-Ablasshandel, mit dem Unternehmen ihr Image grün waschen, so der Vorwurf. „So wird den Menschen Geld aus der Tasche gezogen, das Klima aber nicht geschützt”, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Die Absurdität vermeintlicher Klimaneutralität werde am Phänomen der „Überkompensation” deutlich, argumentiert Resch. Auch DUH-Anwalt Remo Klinger erklärt das Phänomen an einem Beispiel: Statt mühsam und teuer die Emissionen Deutschlands tatsächlich zu senken, müsste der Bundesfinanzminister lediglich 19 Milliarden Euro im Jahr zahlen, damit Deutschland auf dem Papier ab sofort klimaneutral ist, rechnet er vor.

Die acht genannten Unternehmen sind nun aufgefordert, bestimmte Werbeaussagen zu unterlassen, erklärt Agnes Sauter, Leiterin des Bereichs Ökologische Marktüberwachung. Echter Klimaschutz sei nur möglich, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher eine ehrliche Information über die Klimaschädlichkeit einzelner Produkte oder Dienstleistungen erhalten: „Schönfärberei mit vermeintlicher Klimaneutralität werden wir als klagebefugter Verbraucherschutzverband konsequent einen Riegel vorschieben.”

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