Vier Zahnärztinnen in Tonga

Stefanie Lindner, Christina Gahl, Aurelie Pauly und Lisa Planegger
Gesellschaft
Im August sind wir vier - frischgebackene Zahnärztinnen aus München - ins Königreich Tonga aufgebrochen. Was wir dort im Rahmen unserer Famulatur erlebten, erzählen wir hier.

Nach elf Semestern Studium hatten wir uns dazu entschlossen, eine voluntäre Arbeit in Form einer Auslandsfamulatur in Tonga anzutreten. Nach 24 Flugstunden und ein paar Stunden Aufenthalt in Dubai und Auckland hieß es für uns am 28. Juli 2016 endlich „Malo e lelei“ („Hallo“), schönes Königreich Tonga!

Die Anreise war nicht ganz einfach, da wir neben unserem eigenen Gepäck noch zusätzlich 30 Kilogramm zahnärztliches Spendenmaterial ans andere Ende der Welt mitgebracht hatten. Um die Spendenpakete  transportieren zu können, hatten wir im Voraus die Fluggesellschaften Emirates und Air New Zealand um zusätzliches Freigepäck gebeten. Bei der Ankunft am Flughafen in Nuku´alofa, der Hauptstadt Tongas, wurden wir von tonganischen Musikern herzlich in Empfang genommen. Die Tonganer gelten nicht umsonst als eines der freundlichsten Völker der Welt!

Obwohl das Königreich im Südpazifik aus 170 Inseln besteht, zählt es nur ungefähr 100.000 Einwohner. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind Christen, die meisten von ihnen sind Angehörige der Römisch-Katholischen Kirche und der Free Wesleyan Church. Die Ökonomie des Landes besteht hauptsächlich aus Landwirtschaft, wobei die typischen Anbauprodukte Kokosnüsse, Taro, Yams, Kürbisse, Bananen und Vanille sind. Die Tonganer bevorzugen kohlenhydratreiches Essen in großen Mengen und viele süße Zwischenmahlzeiten. Dies äußert sich in Fettleibigkeit und kariös zerstörten Zähnen.

Das Ministry of Health in Tonga ermöglicht seit 2008 mit Spenden aus Japan und China und voluntärer Arbeit aus der ganzen Welt eine kostenlose zahnmedizinische Versorgung für jeden Einwohner. Bei der oralen Untersuchung unserer Patienten hatten wir leider nicht den Eindruck, dass dieses Angebot bisher in Gänze in Anspruch genommen wird. Oft war es deshalb zu spät, durch konservative Behandlungsmaßnahmen einen Zahn zu retten, und uns blieb nichts anderes übrig, als ihn zu extrahieren.

Oft fallen die goldenen Veneers wieder heraus

Nur manchmal konnten wir Zähne durch eine Füllung oder endodontische Behandlung erhalten. Da in Tonga Veneers aus Gold im Frontzahnbereich zum Schönheitsideal gehören und diese aufgrund einer mangelhaften Befestigung oft nach ein paar Jahren wieder herausfallen, versorgten wir Frontzahnkavitäten recht häufig mit einer Kompositfüllung. Glücklicherweise war die Ausstattung im Vaiola Hospital in Nuku´alofa überraschenderweise relativ modern.

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Jeder Besuch endet mit einem gemeinsam einstudierten Tanz

Für besonders wichtig hielten wir die Prophylaxe vor allem bei unseren jüngeren Patienten. Mehrmals haben wir hierfür am MaliMali Projekt teilgenommen, in dem Kindern in Grundschulen und Kindergärten die Wichtigkeit der oralen Mundhygiene spielerisch beigebracht wird. Dabei geht zahnmedizinisches Fachpersonal täglich an acht ausgewählte Einrichtungen und putzt mit den Kindern zusammen Zähne. Der Besuch endet jeweils mit einem gemeinsam einstudierten Tanz.

Bei der Ankunft in den Schulen wurden wir herzlich von den Kindern empfangen. Mit viel Spaß nahmen sie am gemeinsamen Zahnputzritual teil - einige rannten unmittelbar im Anschluss zu uns, um zu fragen, woher wir kommen.

Da in Tonga alle Englisch sprechen, konnten wir uns gut mit den Kindern unterhalten. Die große Freude und Dankbarkeit der Kinder hat uns sehr berührt! Dr. Amanaki, der leitende Zahnarzt im Vaiola Hospital, bot uns bereits am ersten Tag an, auch andere Zahnkliniken auf den verschiedenen Inseln zu besuchen. Wir entschieden uns für die Inselgruppe Vava´u, die rund 270 Kilometer nördlich von Nuku´alofa liegt.

Die zwei Zahnärztinnen haben auf der kleinen Insel alle Hände voll zu tun!

Zwar ist die Zahnklinik dort etwas kleiner und im Vergleich zur Hauptinsel nicht ganz so modern ausgestattet, dennoch hat uns unser zweiwöchiger Aufenthalt in Vava´u sehr viel Spaß gemacht. Die zahnmedizinische Abteilung im Krankenhaus wird von zwei netten Zahnärztinnen geleitet, die sich sehr über unsere Hilfe gefreut haben. Die beiden haben alle Hände voll zu tun, die Inselbewohner zahnmedizinisch zu versorgen. Neben der Anlaufstelle im Krankenhaus gibt es nämlich auf der gesamten Insel nur eine kleine Privatpraxis.

Sowohl auf der Hauptinsel Tongatapu als auch auf Vava´u haben wir von Montag bis Freitag behandelt. So konnten wir am Wochenende unsere freie Zeit nutzen, um die jeweiligen Inseln zu erkunden. Während die Hauptinsel sehr flach und mit einer relativ modernen Infrastruktur aufwartet, ist Vava´u ländlicher und hat viele Hügel. In unserer Freizeit haben wir kleine Wandertouren unternommen, uns mit dem Taxi zu einem der traumhaften Strände fahren lassen oder benachbarte kleine Inseln mit dem Boot erkundet.

Ein Erlebnis, das wir sicherlich niemals vergessen werden, ist das Schwimmen mit Buckelwalen! Nirgendwo sonst auf der Erde ist es möglich, diese faszinierenden Tiere in ihrer natürlichen Umgebung vom Wasser aus zu beobachten.

Stress? Kennt man hier nicht!

Neben der landschaftlichen Schönheit des einzigen noch existierenden Königreichs in Polynesien hat uns vor allem die Herzlichkeit und Lebensfreude der Tonganer in seinen Bann gezogen. In Tonga grüßt jeder jeden, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Menschen wie Tiere sind in Tonga frei. Überall auf den Straßen laufen Hunde, Katzen, Schweine und Hühner herum.

Die Einwohner sind sehr gemütlich und so etwas wie Stress kennen sie schon gar nicht! Manchmal hatten wir das Gefühl, dass die Zeit, hier am anderen Ende der Welt, viel gemächlicher dahin schleicht als zu Hause. Zusammenfassend haben wir bei unserem Aufenthalt viel gelernt, tolle Menschen kennengelernt - wir möchten diese einzigartige Erfahrung nicht mehr missen.

Wir möchten uns herzlich bei den Firmen Hu-Friedy, Dürr Dental, Dentsply Sirona, Voco, lege artis Pharma GmbH & Co. KG und der prothetischen Abteilung der Zahnklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München für die großzügige Unterstützung in Form von zahnärztlichen Spendenpaketen bedanken! Zudem möchten wir uns bei unseren Eltern bedanken, die uns finanziell unterstützt haben. Ein Dankeschön gilt natürlich auch Herrn Dr. Amanaki, der uns diese Erfahrung ermöglicht hat. Vielen, vielen Dank!

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